Süddeutsche Zeitung

Kanuslalom-WM:Wassermangel im Eiskanal

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Die Trockenheit bedroht die Kanuslalom-WM in Augsburg: Erstmals steht wegen der Hitzewelle ein sportliches Großevent auf der Kippe - die Organisatoren arbeiten daran, irgendwie wieder Wasser fließen zu lassen. Ein Ortsbesuch.

Von Benjamin Zügner, Augsburg

Es könnte herrlich sein in den Augsburger Lechauen. Die Baggerlandschaft während der Sanierung des Olympiaparks ist passé, die grünblühenden Terrassen sind wieder zurück. Und mittendurch fließt der Eiskanal, die Heimstatt der Slalomkanuten - normalerweise. Doch vergangene Woche musste die Olympiastrecke von 1972 wegen Wassermangels gesperrt werden: Der Lech als Zubringerfluss hat Niedrigwasser. Das ist deshalb dramatisch, weil dort von Dienstag an die Weltmeisterschaft stattfinden soll. Athleten aus aller Welt sind bereits angereist. Durch die anhaltende Dürre ist die WM gefährdet.

Die Hitzeperiode des Sommers hat direkten Einfluss auf den Sport. Die Titelkämpfe (26. bis 31. Juli) seien wohl die erste WM, "die wegen der Klimakrise auf der Kippe steht", gab Weltverbandspräsident Thomas Konietzko im Deutschlandfunk zu bedenken. Allerdings sieht er die Lage inzwischen "verhalten optimistisch". Auch Johannes Heiß, WM-Projektleiter der Stadt Augsburg, spricht von einer positiven Tendenz, die Weltspiele ausrichten zu können.

Das Problem erklärt Heiß am Wochenende bei einem Ortsbesuch: 10 000 Liter pro Sekunde braucht der Eiskanal, um befahrbar zu sein, rund 300 Milliarden Liter im Jahr. Das Wasser wird aus dem Lech abgezweigt (und später wieder zurückgeführt), die Strecke ist somit eine der wenigen, die ohne elektrische Pumpe auskommt.

Die Lage hat sich etwas entspannt bei der Kanuslalom-WM

Am Samstag hatte sich die Lage entspannt. Denn: Das Wasser fließt wieder - zumindest vorerst. Die 380 Sportler aus 70 Nationen können nach knapp zwei Tagen Zwangspause ihre offiziellen Trainingseinheiten absolvieren. Auch die Helfer des Organisationsbüros sind wieder zuversichtlich, trotz 26 Grad, Sonnenscheins und ausbleibender Niederschlagsmengen in größerem Umfang.

"Wir waren am vergangenen Montag im Rathaus, um über die Situation zu beratschlagen", sagt Heiß. Eine kurzfristige örtliche Verschiebung der Wettkämpfe, beispielweise nach Sachsen, sei zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich gewesen, "dafür hätten wir ungefähr einen Monat Vorlauf gebraucht", so der Projektleiter. Ein Nachtstau sei im Gespräch gewesen - also eine nächtliche Wasseraufbewahrung, um den Kanal untertags wieder ausreichend fluten zu können. Aus ökologischer Sicht sei dieser aber abgeschmettert worden. Letztlich rückten am Dienstag Mitarbeiter des Augsburger Tiefbauamtes mit schwerem Gerät an.

Sie setzten Betonpfeiler aus dem Straßenbau in die Jugendstrecke ein, die sich direkt neben dem Eiskanal befindet. Darüber wurden Holzbalken gezimmert, mit Kettensägen bearbeitet. Das Ziel der gleichsam kurzfristigen wie aufwändigen Aktion: Wasser zu stauen, um dem Hauptkanal genügend Wasser zur Verfügung stellen zu können.

Nur musste auch ein anderer Aspekt bedacht werden: der Naturschutz. Augsburg wirbt mit dem Nachhaltigkeitsanspruch, der Eiskanal ist als Teil des Augsburger Wassermanagementsystems Unesco-Welterbe. Um eine Austrocknung zu vermeiden und somit der Fischkultur den Lebensraum zu nehmen, müssen behördlich vorgeschriebene Wassermengen sowohl im Lech als auch in allen Kanälen vorhanden sein.

Ist also mit dieser Maßnahme nun alles abgesichert? Wohl nicht ganz. Augsburgs Oberbürgermeisterin Eva Weber gibt sich noch zurückhaltend: "Die symbolische Kuh ist noch nicht aus dem Lech, auf das Wetter haben wir keinen Einfluss." Der WM-Projektleiter hingegen ist optimistisch: "Wir können immer nur Zwei-Tages-Prognosen abgeben, aber es sieht gut aus", sagt Heiß, "wir haben noch einen Speicher im Forggensee, und es hat ja ein bisschen geregnet." Dieser Speicher reiche, um die Wasserversorgung anderthalb bis zwei Tage zu gewährleisten. Sollte man bis Mittwoch durchkommen, könne die WM eine Absage gerade noch einmal umgehen.

Es ist immerhin die erste Weltmeisterschaft der Slalomkanuten in Augsburg seit 19 Jahren. Der Ticketverkauf sei gut gelaufen, Gäste aus Politik und Sport werden erwartet, für das Wochenende hat sich auch Besuch aus dem IOC angekündigt. Der Eiskanal soll bis dahin Wildwasser führen - und nicht nur ein kleines Bächlein.

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