Kamerun vor Test gegen DFB-Elf:Löwen im Regen

Cameroon vs Paraguay

Verregnete Vorbereitung: Kameruns Nationaltrainer Volker Finke (re.) diskutiert mit Samuel Eto'o

(Foto: dpa)

Ein verletzter Stürmer und Verhandlungen bis fünf Uhr morgens: Volker Finke, Nationaltrainer der "unzähmbaren Löwen" aus Kamerun, hat vor dem Test gegen Deutschland zwei Probleme, die ihn zur Fußball-WM nach Brasilien begleiten.

Von Kathrin Steinbichler, Kufstein

"Monsieur le président, Monsieur le président!" Immer eindringlicher werden die Rufe, die Joseph Owona an diesem Abend durch den Regen begleiten. Rechtzeitig zum Anpfiff des Testspiels zwischen Kamerun und Paraguay war Owona an diesem Donnerstagabend mit einer schwarzen Limousine an die Kufstein-Arena herangefahren, und jetzt, nach gut 90 Minuten und einem 1:2 seiner Nationalelf, strebt der Interims-Präsident des kamerunischen Fußball-Verbands ins Trockene, zu dem kleinen Bewirtungszelt, wo an einer Bierbank die Pressekonferenz abgehalten werden soll.

Draußen bemühen sich die Spieler noch immer, es nach dem Platzsturm der rund 1000 Zuschauer in Kufstein heil in die Kabine zu schaffen, wie seltene Zootiere werden sie betatscht, angestupst und mit Handys fotografiert. Auch die überforderten Ordner können die Fans nicht zurückhalten, manche zücken jetzt selbst ihre Handys für ein Erinnerungsfoto, bevor sie die Spieler weiter zur Kabine schleusen. Die "unbezähmbaren Löwen", wie Kameruns Nationalspieler heißen, sind ein Ereignis. Eines, das Joseph Owona derzeit nicht nur Freude bereitet.

Seit knapp einem Jahr ist Owona der neue Chef des kamerunischen Fußballverbands, genauer gesagt: Er ist der Präsident des "Comité de Normalisation", das im Auftrag des Weltverbands Fifa in Kameruns Fußball für Normalität sorgen soll, nachdem die Einflussnahme der Politik auf den Fußball zu groß geworden war. Als Übergangschef hat der frühere Sport- und Bildungsminister es nicht eilig, einen neuen Präsidenten zu finden, schließlich steht ja die WM in Brasilien bevor, bei der nun er, Owona, den Verband vertreten wird. Die Frage nach dem neuen Präsidenten ist derzeit ohnehin nicht die drängendste in Kameruns Fußball, sondern die, die Owona jetzt gestellt wird: "Herr Präsident, ist das Problem um die Spielerprämien gelöst?"

Der Mann im Nadelstreifenanzug blickt ernst, als er im nasskalten Kufstein den Kopf zur Antwort dreht. Erst die Niederlage gegen Paraguay, und jetzt diese Fragen. Aber Owona bleibt standhaft: "Ich kann Ihnen versichern: Wir haben keine Probleme, es bedarf nur einiger Klärungen."

Volker Finke würde diesen Satz wohl so unterschreiben, er umreißt die Situation des Nationaltrainers Kameruns ganz gut. Der frühere Trainer des SC Freiburg sagt: "Natürlich gibt es hier und da Blessuren im Team, und wir müssen auch noch manches ausprobieren, aber das ist normal vor einer WM. Bis zum ersten Spiel gegen Mexiko werden wir die Dinge sortiert haben." Noch läuft es nicht rund für Kamerun und Finke, der mit 66 Jahren vor seiner ersten WM steht. Finke aber beschwichtigt: "In Afrika laufen die Dinge anders, das muss man akzeptieren. Natürlich ist es nicht ideal, wenn die Jungs teilweise bis fünf Uhr morgens verhandeln, aber ich mische mich da nicht ein, ich halte mich da raus."

Gerüchte um einen Streik gegen Deutschland

Seit Wochen diskutieren Kameruns Spieler um ihre Beteiligung an den Werbeerlösen rund um die WM. Rund 68 000 Euro pro Spieler hat der Verband als WM-Prämie geboten, rund 182 000 Euro für jeden Einzelnen fordert der Spielerrat um Meinungsführer Samuel Eto'o. Zuletzt drangen aus dem Teamhotel in Walchsee in Tirol Gerüchte, die Spieler hätten im Zuge der Verhandlungen angedroht, Trainingseinheiten und sogar den Test gegen Deutschland am Sonntag (20.30 Uhr/ARD) in Mönchengladbach zu bestreiken.

Finke schmunzelt betont belustigt, als er darauf angesprochen wird, "das sind so typische Fragen, die jetzt gestellt werden", sagt er, "auf die möchte ich eigentlich gar nicht eingehen". Beim Test gegen Paraguay am Donnerstag saßen etliche von Kameruns bekanntesten Profis nur auf der Bank, doch "das war vorher klar, dass heute die mit Blessuren draußen bleiben", erklärt Finke. Außerdem "wollte ich hier auch noch mal jeden zum Einsatz bringen".

Finke hatte sich Paraguay als Gegner gewünscht, weil sie ähnlich wie WM-Gruppengegner Mexiko spielen, "schnell, direkt und mit Härte", wie er sagt. Seine schlecht abgestimmte B-Elf wusste denn auch den beiden Treffern durch Oscar Romero (4.) und den früheren Bayern-Profi Roque Santa Cruz (68.) nur ein Tor durch den eingewechselten Eric Maxim Choupo-Moting entgegenzusetzen (75.). Der Mainzer Stürmer darf sich - anders als Kaiserslauterns Mo Idrissou, der spät einen Foulelfmeter verschoss (87.) - seiner WM-Teilnahme sicher sein, denn Finke braucht einen gesunden, disziplinierten Stürmer.

"Ich nehme ihn mit, wie er ist"

Angreifer Pierre Webó von Fenerbahçe Istanbul hat sich bei seinem Fallrückziehertor beim 2:0 am Dienstag gegen Mazedonien eine Schulterverletzung zugezogen. Und Samuel Eto'o? "Es ist ein Fakt, dass er von Chelsea mit einer Knieverletzung zu uns kam", sagt Finke, und "er hat da Probleme, ganz klar". Der 33-Jährige werde "eine Stunde täglich" behandelt, seine WM-Teilnahme aber steht für Finke außer Frage: "Ich nehme ihn mit, wie er ist."

Nach dem Deutschland-Spiel will Finke seinen WM-Kader benennen. Ob bis dahin auch die Prämien geklärt sind? "Die Mannschaft wird bei der WM einen klaren Kopf haben", sagt Joseph Owona, der ja offiziell vor allem für die Normalisierung zuständig ist. Aber "was ist schon normal?", fragt Volker Finke.

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