Süddeutsche Zeitung

Kaiserslautern gegen Dresden:Stimmung: super, Spiel: na ja

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Die Atmosphäre auf dem ausverkauften Betzenberg erfüllt alle Erwartungen, das Niveau der Relegationspartie kann da nicht mithalten. Vor allem Dynamo Dresden interpretiert das 0:0 im Hinspiel aber als kleinen Erfolg.

Von Christoph Ruf, Kaiserslautern

Lauterns neuer Trainer Dirk Schuster hatte ein Spiel prophezeit, das von der Taktik geprägt sein würde. Und er sollte Recht behalten. Beim 0:0 im Relegationsspiel zwischen dem 1. FC Kaiserslautern und Dynamo Dresden war die Kulisse erstklassig, die Partie kam jedoch weitgehend ohne Torchancen aus. Dass so ein Befund für den neutralen Zuschauer beklagenswerter sein mag als für die Spieler selbst, gab Dresdens Michael Sollbauer aber auch bereitwillig zu: "Keiner wollte hier ein zu hohes Risiko eingehen, das erklärt dann auch die Chancenarmut. Von der Kulisse war das heute attraktiv, sonst vielleicht nicht so." Auch Lauterns Angreifer Terence Boyd sah eine gewisse Diskrepanz zwischen den Rängen und dem Geschehen auf dem Rasen: "Das war geisteskrank, was die Fans abgeliefert haben. Wir haben gut gespielt, das macht Lust auf mehr. Natürlich haben wir uns mehr vorgenommen, gerade mit so einem Support willst du ja gewinnen."

Immerhin: Im ersten Durchgang war der Drittligist nicht nur das aktivere, sondern auch das bessere Team. Während Dresden offensiv jedes Risiko scheute und sich auf die Torsicherung beschränkte, agierte Lautern zunächst mutiger als das viele erwartet hatten. In der 13. Minute verpassten Daniel Hanslik und Terence Boyd eine scharfe Hereingabe von Marlon Ritter. Der Mittelfeldmann war es auch, der die zweite Lauterer Halb-Chance durch Kenny Prince Redondo einleitete, der den Ball allerdings deutlich übers Tor schoss. Boyd, 15-facher Torschütze in der abgelaufenen Drittliga-Saison, war es dann vorbehalten, die letzte Chance des ersten Durchgangs zu vergeben (44.).

Dynamo, das von 5000 Anhängern in die Westpfalz begleitet worden war, durfte sich bis dahin in seiner Taktik bestätigt fühlen, aufs Rückspiel vor eigenem Publikum zu hoffen. Die Art und Weise wie die wenigen Offensivaktionen im letzten Spielfeld-Drittel zu Ende gespielt wurden, zeigte aber auch, warum dem Team in der gesamten Zweitliga-Rückrunde nicht ein einziger Sieg gelungen war. Dynamo-Routinier Chris Löwe hatte seine Teamkollegen vor dem Spiel eindringlich gewarnt - vor allem vor dem Stadion des Gegners. Der Verteidiger war selbst dreieinhalb Jahre in Kaiserslautern, ehe er über Huddersfield zu Dynamo kam. Nicht zuletzt aufgrund der Atmosphäre auf dem "Betze" sei der FCK "der schwerste Gegner, den wir bekommen konnten", ließ Löwe wissen.

Tatsächlich war die Freude beider Fanlager auf das Prestigeduell zwischen den beiden Zuschauermagneten mit Händen zu greifen. Schon zweieinhalb Stunden vor Anpfiff war die Stadt zugeparkt und zehntausende warteten bereits vorm Stadion auf Einlass. Dass es eine Stunde vor Anpfiff dann hagelte und blitze, wirkte wie inszeniert von einem Verein, der sein Stadionmagazin "In Teufels Namen" nennt und bei dem eine Ultragruppe "Generation Luzifer" heißt.

Dresden setzt im Rückspiel auf das eigene Publikum

Die FCK-Fans, die sich mit einem Transparent bei dem vor den Relegationsspielen geschassten Trainerteam um Marco Antwerpen ("Danke für Leidenschaft und Einsatz") bedankt hatten, mussten zu Beginn des zweiten Durchgangs eine Schrecksekunde überstehen, als Daferner mit einem platzierten Kopfball FCK-Keeper Raab zu einer tollen Parade zwang (56.). Ansonsten blieben die Offensivbemühungen auf beiden Seiten auch deshalb meist fruchtlos, weil das Spieltempo selbst für eine Partie in der Grauzone zwischen zweiter und dritter Liga meist eher gemächlich blieb und beide Seiten immer wieder den Spielfluss durch taktische Fouls unterbrachen.

Tore musste der Lauterer Stadionsprecher dann allerdings bis zum Schlusspfiff nicht mehr durchsagen, er war allerdings auch genug damit beschäftigte, beide Fanlager mehr als ein Dutzend Mal ebenso eindringlich wie erfolglos zu ermahnen, dass sie keine Pyrotechnik zünden sollen.

Am kommenden Dienstag, beim Rückspiel in Dresden, dürfte der FCK auf eine deutlich offensivere Dynamo-Mannschaft treffen. Dass das Spiel spannender wird als das Hinspiel in Lautern, ist glücklicherweise ebenfalls zu erwarten. "Am Dienstag gibt es ein Feuerwerk", prognostizierte Dresdens Sollbauer dann auch. Mit 90 Prozent eigener Fans im Rücken werde man dann auch der Favoritenrolle gerecht werden: "Wir sind Zweitligist, wir sind Profifußballer." Doch diese Kampfansage gab FCK-Trainer Schuster dankbar zurück: "Es ist überhaupt nix passiert heute, und für Dresden werden wir gut gewappnet sein."

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