Juventus Turin:Tätscheltätschel! Schluchzschluchz!

Champions League: FC Valencia vs Juventus Turin 0:2

Rot gegen Valencia, gesperrt gegen Manchester - also volle Konzentration auf Frosinone? Noch ist Cristiano Ronaldo zu traurig.

(Foto: Action Plus Sports Images)

Bankkaufmann Marco Fritz aus Breuningsweiler lässt Weltfußballer Cristiano Ronaldo vom Platz stellen. Manchmal ist der Fußball zum Heulen.

Von Birgit Schönau

Auch die Reichen weinen, lautet eine italienische Volksweisheit, die fern von Sozialneid nichts weiter besagt, als dass das Leben nirgends nur Geschenke macht. Und so weint eben auch der reichste und berühmteste Fußballer der Welt. Ein Mann, den wahrscheinlich weltweit mehr Menschen kennen als Papst Franziskus, und der dieses verdammte Stadion von Valencia mitsamt der dort auftretenden Truppe kaufen könnte, wenn er wollte. Will er natürlich nicht. Cristiano Ronaldo will nur immer weiter nach oben, weiter Trophäen und Triumphe sammeln. Sein Talent sucht nach ständig neuer Bestätigung, sein Ehrgeiz kennt keine Grenzen.

Und dann kommt in der 29. Minute der Begegnung Valencia gegen Juventus der amico Fritz und sagt: Abmarsch, vom Platz. Er sagt es dem großen Portugiesen nicht selber, denn Fritz ist bei diesem Champions-League-Match nur Torrichter, Assistent des Schiedsrichters Felix Brych. Torrichter Marco Fritz hat also gesehen, wie Valencias Abwehrspieler Jeison Murillo im eigenen Strafraum zu Boden gegangen war, als CR7 versuchte, ihn zu umkurven. Ronaldo sah den Verteidiger fallen, kehrte zu Murillo zurück und tätschelte ihm den Kopf. Ironisch, ein wenig höhnisch, von oben herab.

Murillo brauste wütend auf. In Sekundenschnelle versammelten sich andere Spieler um das Paar. Dreimal soll Brych den Assistenten Fritz gefragt haben: "War es tatsächlich Rot?" Dreimal soll Fritz geantwortet haben: "Ja, es ist Rot." Wie in Grimms Märchen. Brych zog die rote Karte, es war die erste in 154 Champions-League-Einsätzen des fünffachen Königspokal-Gewinners Cristiano Ronaldo. Der sank zu Boden und heulte wie ein Kind: Auch die Reichen weinen. Das erste internationale Spiel für Juventus, und dann das. Un disastro.

In Italien ist die Empörung groß. "Liebe Leser, wir berichten hier aus dem Mittelalter", stand am Donnerstag in La Repubblica. Statt des Videoschiedsrichters seien in der Champions League noch "bizarre Spielfiguren" am Werk. Die Gazzetta dello Sport schäumte, die Spielleitung habe sich vollkommen absurd verhalten. Der Freund Fritz, muss man dazu wissen, ist südlich der Alpen eine legendäre Figur. Fritz ist hier der Sammelname für alle Deutschen und Österreicher, Feinde in zwei Weltkriegen. Übrigens ist Fritz auch ein beliebter Hundename. Jawohl, Italiens Hunde heißen Fritz. Aber immerhin nicht mit Vornamen Marco.

Fritz konnte das alles nicht ahnen, als er dem Kollegen Brych den Platzverweis empfahl. Für den Bankkaufmann Fritz, seit Kindertagen Vereinsmitglied beim SV Breuningsweiler, sind korrekterweise alle, aber auch wirklich alle Spieler gleich. Egal, ob sie für Breuningsweiler in Baden-Württemberg kicken oder für Juventus. "Natürlich schaue ich gern hoch talentierten Spielern beim Fußballspielen zu", gesteht Fritz in einem DFB-Video, das am Tag danach in Italien rauf und runter geklickt wurde. "Aber letztlich ist es ein Stück Miteinander und es ist ja auch normal, dass die mit mir auf dem Platz stehen." Oder halt vom Platz gehen. Marco Fritz sagt in dem Video außerdem: "Jeder Schiedsrichter muss ein bisschen bekloppt sein." Er erklärt aber nicht, wieso.

Jetzt muss Herr Fritz unter anderem mit den Verwünschungen von Katia Aveiro leben, Ronaldos Schwester. "Die wollen meinen Bruder fertigmachen", ließ sich Senhora Aveiro über Instagram vernehmen: "Aber Gott schläft nicht!" Der arme Cristiano konnte in der Nacht zum Donnerstag vermutlich auch nicht schlafen. Ohne ihn fertigte Juve Valencia mit zwei Elfmetertoren von Miralem Pjanic ab. Pjanic war zuletzt in seiner neuen Rolle als Ronaldo-Assistent immer wieder für zu leicht befunden worden. Nicht auf der Höhe mit dem Weltstar. Jetzt machte er die Tore, die Juve brauchte. Beim Heimspiel gegen die Schweizer Young Boys aus Bern und auswärts gegen Manchester United hat er seinen Stammplatz sicher.

Ronaldo aber wird gesperrt sein. Dass er am 23. Oktober gegen United ausfällt, jenen Klub, bei dem er zum Weltstar reifte, tut besonders weh. Dass sein anderer Ex-Verein Real Madrid am Mittwoch ohne ihn die Roma 3:0 abwatschte, bedeutet einen weiteren Stich. Und Messi hat gegen Eindhoven drei Buden gemacht. Auch die Reichen weinen, wenn ihnen dämmert, dass sie im Ernstfall gar nicht gebraucht werden. Fünf Spieltage brauchte Weltfußballer CR7 für seine ersten Ligatore für Juventus. Es war ein Doppelpack - gegen US Sassuolo.

"Cristiano ist sauer. Aber er muss darüber hinwegkommen und sich jetzt auf Frosinone konzentrieren", mahnte in Valencia Juve-Trainer Massimiliano Allegri. Frosinone!

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