Juventus - FC Bayern:Wink des Schicksals

Lesezeit: 3 Min.

Krise, war da was? Rechtzeitig vor der Partie gegen Juventus sehen sich der FC Bayern und Trainer Louis van Gaal wieder in der Lage, voller Selbstbewusstsein aufzutreten.

Andreas Burkert

Es ist grau in Turin, die Wolken hängen über der Ebene an den schneebedeckten Alpen. In der Altstadt strömen die Menschen ins Museo Egizio, ägyptische Kunst, bis auf die Via Maria Vittoria reicht die Schlange. Der FC Bayern ist in der Nähe untergebracht, im Principi di Piemonte an der vornehmen Via Roma.

Mark van Bommel glaubt, dass der FC Bayern sich sein Selbstbewusstsein wieder erarbeitet hat. (Foto: Foto: Getty)

Die Schaulustigen auf der Straße und die italienischen Fernsehstationen widmen sich bei der Ankunft der Münchner Delegation ausgiebig dem blonden Mann im Klubanzug. Das sei Hoeneß, raunt einer seinem Kameramann zu. Aber Uli Hoeneß hört das leider nicht, er kommt später mit der Mannschaft an. Sie filmen hier Alfons Schuhbeck, den bayerischen Klubkoch aus dem deutschen Fernsehen.

Übermäßig viel Respekt wird den Bayern in Turin nicht entgegengebracht vor dem Gruppenfinale in der Champions League an diesem Dienstag (ab 20.15 Uhr live: "Wir gucken"). Aus den Zeitungen dröhnen montags forsch die Juve-Profis, "wir werden mit einer großen Leistung weiterkommen", wird etwa Claudio Marchisio in der Gazzetta dello Sport zitiert, der Siegschütze Juves am Sonntag gegen Tabellenführer Inter Mailand (2:1): "Wir gewinnen. Und basta."

Im Video: Im Spiel in Turin geht es für den FC Bayern um den Einzug ins Achtelfinale der Champions League. Stimmen zum Spiel.

Weitere Videos finden Sie hier

Zwei selbstsichere Mannschaften träfen demnach aufeinander, denn auch die Münchner stellen nach drei Erfolgen in Serie gern ihre neue Selbstschätzung zur Schau. "Das Selbstvertrauen ist nicht gespielt, das ist keine Show", versichert Kapitän Mark van Bommel am Montag, er freue sich auf die Partie. "Einen Wink des Schicksals in eine positive Richtung", nennt Vorstand Karl-Heinz Rummenigge die durch Turins 0:2 in Bordeaux doch noch erhaltene Option auf das Achtelfinale, für das ein Sieg im Olympiastadion nötig ist. Da Juve ein Remis genüge, "wäre ich gerne auf der anderen Seite", sagt zwar Stürmer Arjen Robben. "Aber ich denke", ergänzt er, "sie haben auch ein bisschen Angst, denn sie wissen: Wenn sie verlieren, sind sie raus."

Ganz bestimmt nicht ängstlich wird Louis van Gaal, 58, zuschauen; er hat, davon haben sich auch die Bayern in den ersten fünf Monaten seiner Amtszeit überzeugen dürfen, ein dickes Fell nach 22 Trainerjahren. Der Niederländer hat es nun sogar wahrgemacht, Luca Toni die Reise in die Heimat zu streichen, erwartungsgemäß gehört der Italiener nicht zum Kader.

Am Montagnachmittag, in der offiziellen Pressekonferenz, muss zunächst Bastian Schweinsteiger die italienischen Fragen nach dem verstoßenen Landsmann beantworten. Er macht das ganz gut, "er war ja auch ein bisschen verletzt", sagt er diplomatisch, "und natürlich ist ein neuer Trainer da, eine neue Spielphilosophie. Damit muss jeder zurecht kommen", auch Toni.

Kein Wort mehr über Toni

Van Gaal handelt daraufhin entgegen seiner Ankündigung, kein Wort mehr über Toni zu verlieren; den Gastgebern erklärt er natürlich gerne noch einmal das Problem. Wenn ein Profi nicht die Anforderungen seines Klubs erfülle, sagt er, "dann werde ich niemals einen Spieler überreden, dass er bleibt". Toni wird gehen müssen.

Ansonsten sei er ganz zuversichtlich für den Dienstag, sagt der Trainer, trotz der Statistik, laut der Juventus seit 16 Heimspielen in der Champions League unbesiegt ist. "Wir haben es ein bisschen einfacher", findet er, "denn wir müssen gewinnen, das ist sicher - Juve dagegen könnte auch ein Unentschieden im Kopf haben, und das ist schwierig."

Keine Frage, auch van Gaal ist inzwischen wieder sehr von sich überzeugt, sofern daran jemals Zweifel bestanden haben. Auch er wird ahnen, dass er sich in Turin sogar eine Niederlage erlauben darf. Zwar wäre damit das erste Saisonziel verfehlt, doch die Rückkehr einer gewissen Stabilität, nicht nur auf dem Rasen, macht baldige Trennungszenarien derzeit unwahrscheinlich.

Beckenbauer ist einen Schritt weiter

Auf die Art und Weise des Auftritts in Turin kommt es auch Rummenigge in erster Linie an, er sagt: "Wichtig ist, dass die Mannschaft alles tut." Im ersten Duell mit Juventus glänzte der FC Bayern eine Halbzeit (0:0) lang mit schwungvollem Offensivspiel, sie war die beste der Saison - und ist seitdem ein Unikat geblieben. Zwei Monate später sagt van Gaal, gewänne man zumindest in der Liga die beiden abschließenden Partien, "dann bin ich sehr froh".

Einen Schritt weiter ist mal wieder Franz Beckenbauer. "Er bleibt", äußerte der neue Ehrenpräsident im Gazzetta-Interview über den Trainer van Gaal. Seine Arbeit fruchte nun, findet Beckenbauer, "jetzt werden wir ihn nicht wegschicken". Und da er im Zuge des jüngsten Wachwechsels im Klub eng mit dem neuen Präsidenten Hoeneß kooperierte, dürfte er diesmal nicht abgeschnitten gewesen sein vom Informationsfluss im Verein.

© SZ vom 08.12.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

FC Bayern: Einzelkritik
:Nur einer trägt Handschuhe

Van Bommel gibt nun auch den Balljungen Anweisungen, Pranjic fühlt sich wie Netzer mit kurzen Haaren, und Schweinsteiger hilft selbst der neue WM-Ball nicht. Die Bayern in der Einzelkritik.

Johannes Aumüller

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: