Biathletin Julia Tannheimer:Eine wie Magdalena Neuner?

Lesezeit: 3 Min.

Rang sechs im Sprint und Fünfte im Massenstart: Nach Kontiolahti geht Julia Tannheimer aus Ulm nun in Hochfilzen, Tirol, an den Weltcupstart. (Foto: Kalle Parkkinen/Newspix24/Imago)

Der Weg der 19-jährigen Julia Tannheimer lässt Parallelen zur Karriere der Ausnahme-Biathletin erahnen. Warum das deutsche Biathlon-Publikum gespannt sein darf.

Von Korbinian Eisenberger

Mit großen Namen empfiehlt sich, wie eigentlich mit allen Namen, ein sachter Umgang. Und dennoch lassen sich die Parallelen zwischen den Biathletinnen Magdalena Neuner und Julia Tannheimer nicht einfach so wegwischen wie Pulverschnee.

Mit ihren 19 Jahren befindet sich die Ulmerin Julia Tannheimer in jenem Alter, in dem auch Magdalena Neuner vor zwei Jahrzehnten in die Weltspitze aufrückte und fortan das Geschehen im internationalen Frauenbiathlon fast nach Belieben dominierte. Bei der inzwischen 37 Jahre alten Neuner begann es mit zahlreichen Plätzen unter den besten Zehn. So wie es unlängst Tannheimer gegen Ende ihrer ersten Weltcupwoche in diesem Winter erging. Platz sechs im Sprint ließ sie Rang fünf im Massenstart folgen, um Zentimeter verpasste sie im finnischen Kontiolahti das Podest. Und es waren nicht nur ihre Ergebnisse, die einen Verdacht aufkommen ließen. Hat diese 19-Jährige etwa Neunersche Züge?

SZ PlusExklusivBiathlon-Talente
:„Die Sportbegeisterung wird in Norwegen viel früher vermittelt“

Julia Tannheimer wurde in Deutschland ausgebildet, Julia Kink in Norwegen. Warum sind die Wintersportler in Skandinavien so viel schneller? Antworten aus dem jüngsten Doppelzimmer des DSV-Biathlons.

Interview von Korbinian Eisenberger

Wer Tannheimer im hohen Norden ins Gesicht sah, fand dort ein fast eingraviertes Lächeln. „Julia hat so viel Euphorie gehabt“, sagte etwa die elf Jahre ältere Franziska Preuß nach dem Massenstartrennen, in dem sie Tannheimer knapp bezwungen hatte und Dritte wurde. „Das hat mich angesteckt.“ Ähnliche Sätze hörte man die Teamkolleginnen seinerzeit reihenweise über Neuner sagen. Deren (bis heute vorhandenes) Dauerlächeln hat nicht unwesentlich dazu beigetragen, dass die Wallgauerin nicht nur als erfolgreichste, sondern auch schillerndste aller deutschen Biathleten in Erinnerung blieb und über WM-, Olympia- und Weltcupauszeichnungen hinaus dekoriert wurde, allein dreimal wurde sie zu Deutschlands Sportlerin des Jahres gewählt. Neuner strahlte in jeglicher Hinsicht über den Wintersport hinaus. Und auf die Gefahr hin, dass dies als Druck empfunden werden könnte, die Abiturientin Tannheimer wäre vielleicht mal wieder so eine Kandidatin.

Allein schultern muss sie den sogenannten Druck jedenfalls nicht. Tannheimer ist hinter den arrivierten Preuß und Vanessa Voigt bei Weitem nicht die einzige Biathletin, die dem Deutschen Skiverband (DSV) Hoffnung bereiten dürfte. Auch von Selina Grotian, 20, Julia Kink, 20, und Johanna Puff, 22, verspricht sich der DSV – und wohl auch das heimische Biathlonpublikum – einiges. In Hochfilzen startet im Weltcup zudem erstmals Marlene Fichtner, 21. Seine „jungen Wilden“, hatte DSV-Sportdirektor Felix Bitterling unlängst erklärt, seien „absolut ein Versprechen für die Zukunft“. Bei Grotjan ist dies nach Rang vier im WM-Einzel und Bronze mit der Staffel im Februar seit Längerem zu erahnen. In Kontiolahti kam sie nun von einem Infekt geschwächt abgeschlagen als 50. im Einzel und als 48. im Sprint ins Ziel. Kink und Puff leisteten sich dort zu viele Schießfehler für vordere Plätze, können dem Vernehmen nach aber auch schnell laufen – und mit Tannheimer und Neuner um die Wette strahlen, auch wenn man die Kleinkaliberkugeln nicht in die Scheiben lächeln kann.

Tannheimer weiß längst, wie sich Goldmedaillen um den Hals anfühlen

Die Tannheimer-These mag so steil sein wie der Grießenpass bei Hochfilzen in Tirol, wo der Biathlonweltcup bis Sonntag Station macht. Schon allein wegen Neuners Bilanz: 20 Medaillen bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften, davon 14 in goldener Farbe, bleiben ein ewiges Meisterwerk der Skijagdkünstlerin Neuner, die inzwischen drei Kinder hat. Der Weg dorthin ist sehr weit, Tannheimer weiß allerdings auch schon seit Längerem, wie sich Goldmedaillen um den Hals anfühlen: Wie Neuner begann auch ihre internationale Biathlonkarriere im Jugendbereich – wo sie bisher fünf WM-Goldmedaillen gewonnen hat und dreimal WM-Silber, im internationalen Nachwuchsbereich also zuletzt mit die Beste war. Neuner kam einst auf sieben Jugend-WM-Titel und viermal Silber.

Neunersche Züge? „Puh“, erklärt Tannheimer am Mittwoch per Whatsapp aus Hochfilzen, von solchen Vergleichen halte sie nichts, „weil es bis zu den Erfolgen von einer Neuner schon noch ein weiter Weg ist, wo viel noch passieren kann“. Sie sei „deutlich entspannter als vor Kontiolahti, weil ich zum einen jetzt ungefähr weiß, wie alles abläuft“. Wenn bei ihr „alles passt, weiß ich, dass ich vorne reinlaufen kann“. Läuferisch lag sie in Finnland konstant unter den zehn Schnellsten – und hat ja gerade erst angefangen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusExklusivMagdalena Neuner im Interview
:"Ich hab’ manchmal sehr gehadert mit meinem Leben"

Nachdem sie im Biathlon fast alles gewonnen hatte, zog sich Magdalena Neuner 2012 schon nach sechs Jahren wieder zurück. Nun erzählt sie von depressiven Phasen allein im Hotel, aber auch vom Wert des Humors – und dem damals für sie besonderen Wert der Ohrenstöpsel.

Interview von Korbinian Eisenberger

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: