Süddeutsche Zeitung

Julia Görges:"Ich habe quasi von null neu angefangen"

Die beste deutsche Tennisspielerin? Ist neuerdings die 29 Jahre alte Julia Görges. Sie erklärt, wie sie sich neu erfunden hat.

Von Gerald Kleffmann

Julia Görges hat 2017 etwas Erstaunliches geschafft: Sie hat Angelique Kerber, um die 2016 ein nationaler Hype entstanden war, als beste deutsche Tennisspielerin abgelöst. Die 29-Jährige aus Bad Oldesloe, die inzwischen in Regensburg lebt, erreichte fünf Finals, gewann das bedeutsame WTA-Turnier in Moskau sowie zum Abschluss sogar die stark besetzte B-WM in Zhuhai, China.

Im Interview mit der Süddeutschen Zeitung erklärt Görges, wie sie sich neu erfunden hat. "Ich hatte das Gefühl auf dem Platz, dass alle zwei, drei Monate etwas Neues dazu kam, das funktionierte. Die Automatismen griffen auf einmal. Ich merkte richtig: Huch! Das ist jetzt schon normal!" Der Lohn: Görges ist 14. in der Weltrangliste. So hoch stand sie noch nie.

Görges kann als Musterbeispiel dafür gelten, wie sehr sich ein konstantes und vertrauensvolles Arbeiten mit Teammitgliedern auszahlt. Ende 2015 hatte sie einen radikalen Schnitt vollzogen, war nach Regensburg gezogen und hatte Michael Geserer als Trainer sowie Florian Zitzelsberger als Fitness- und Athletiktrainer angeheuert.

"Meine Einstellung auf dem Platz ist anders geworden"

"Ich wollte einfach eine neue Stimme hören", schildert Görges diesen einschneidenden Prozess, der ihrer Karriere eine Wende gab. "Ich habe quasi von Null neu angefangen." Mit gravierenden Folgen. "Meine Einstellung auf dem Platz ist anders geworden. Ich bin ein komplett anderer Mensch als vor ein paar Jahren. Wenn man frisch auf die Tour kommt, denkt man: Wow! Man möchte alles gewinnen. Man macht sich Druck." Heute hat sie ein anderes Verhältnis zu ihrem Beruf. "Es geht einerseits darum, die Erfahrung auszuschöpfen. Gleichzeitig aber auch ums Genießen."

Ausdrücklich nimmt Görges ihre Fed-Cup-Kollegin Kerber in Schutz, die nach einem schlechten Jahr aus den Top 20 gefallen ist. "Ich finde, man sollte die Kirche im Dorf lassen. Angie hat zwei Grand Slams gewonnen und ist immer noch Nummer 21 der Welt. Vor Jahren wäre man dafür gefeiert worden in Deutschland. Man muss das relativieren."

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