Jugendspiele: Eklat um iranischen Sportler:Silber für die Allzweckreiniger

Ein Iraner sorgt bei den Olympischen Jugendspielen für einen Eklat, weil er nicht gegen einen Israeli antritt - offiziell wegen einer Verletzung. Dass sich daraus ein Schmierenstück entwickelt, ist die Schuld des IOC.

Thomas Kistner

Zufälle gibt's! Da hat sich zum Auftakt der olympischen Jugendspiele doch glatt der iranische Taekwondo-Favorit Mohamad Soleimani am Fuß oder Bein oder sonstwo ganz arg wehgetan, weshalb er um den Genuss eines Finalkampfes gegen Gili Haimovitz aus Israel kam. Das ist jammerschade, weil es der erste Kampf eines Iraners gegen einen Israeli auf olympischer Bühne seit der islamischen Revolution 1979 hätte werden können. Leider ist den Sportlern des Teheraner Regimes seither stets was Blödes dazwischengekommen, wenn es gegen Israel ging.

2008 in Peking verpasste ein iranischer Schwimmer den Vorlaufstart, auch da hatte ein Israeli mitgemacht. 2004 reiste Judo-Weltmeister Miresmaeili aus Athen gleich wieder ab, weil der Israeli Vaks der Erstrunden-Gegner gewesen wäre. Offiziell auch das kein politischer Akt: Miresmaeili hatte zum Wiegen einfach zwei Kilo Übergewicht mitgebracht.

Den Jugendspielen nun den Verlust der politischen Unschuld zu attestieren, wäre zwar ein Kinderspiel - jedoch zu kurz gehüpft. Vielmehr darf denen, die nun wehklagen, zum Verlust der Blauäugigkeit gratuliert werden. Olympische Jugendspiele können nur so fair, sauber und integer sein wie die Erwachsenenspiele.

Denn Korruption, Doping und Politranküne werden ja ursächlich nicht von den Athleten (seien sie über oder unter 18 Jahren) reingetragen - sondern von Funktionären und Managern des Sportmarktes im Hintergrund. Diese Macht- und Geldregie führt bei beiden Events das Internationale Olympische Komitee. Weshalb es nur konsequent ist, dass das IOC auch diesem den schönen Schein bedrohenden Fall mit seinem Allzweckreiniger begegnet: Interne Untersuchung! Die kommt prompt zum kommerziellen Wunschergebnissen, dass formaljuristisch alles sauber ist. Kann man mehr tun? Im Fall des iranischen Spontan-Opfers doziert der IOC-Vize Bach, man gehe "nach jetzigem Kenntnisstand" davon aus, dass der Junge verletzt war.

Ein Witz? Nun, Israels Teamchef wusste "vorher, dass er nicht antritt", der australische IOC-Mann tobt, der Kollege aus Israel bemüht die Kraft der Logik: "Auch wenn er verletzt sein sollte, hat er ja Silber gewonnen - er hätte also auf dem Siegerpodest stehen und Israels Fahne über der iranischen sehen müssen." Klar, dass sie den Jungen da lieber in einen Krankenwagen gesteckt hätten. So dürfte es gewesen sein.

Das IOC aber pocht auf seine unabhängige Prüfung. Doch die ist nicht gegeben, weil das IOC das Attest selbst begutachtet hat - jenes Gremium, das am befangensten ist in dem Schmierenstück. Irans Funktionäre kaschieren ihr politisches Spiel ja nur deshalb ein wenig, um nicht weltweit gesperrt zu werden. Dass dafür ein Taschenspielertrick genügt, ist das Verdienst des IOC. Andererseits: Warum soll das IOC Politikverschwörern das Leben schwerer machen als zum Beispiel seinen Pharmabetrügern? Wenn's eng wird, schafft hier wie dort die hausinterne Untersuchung Abhilfe - am Ende wird nichts Handfestes gefunden.

Hoch lebe der Sport. Und nicht dieser unbekannte Junge aus Iran, der wohl gerade aus Staatsräson eine Medaille sausen lassen musste.

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