Jürgen Klopp beim BVB:Fünf Titel in sieben Jahren

Juergen Klopp

Jürgen Klopp präsentiert den BVB-Fans auf dem Borsigplatz die Meisterschale.

(Foto: Torsten Silz/dpa)

Zwei Meisterschaften, ein Pokalsieg, zwei Supercups - und ein Champions-League-Finale: Trainer Jürgen Klopp prägte bei Borussia Dortmund seit 2008 eine Erfolgsära, die erst am Ende Risse bekam.

Von Martin Schneider und Korbinian Eisenberger

2008: Die Ära Jürgen Klopp beim BVB beginnt eigentlich schon in Mainz. Im April verkündet Klopp, damals Trainer in der zweiten Liga bei Mainz 05: Wenn wir den Aufstieg in die Bundesliga nicht schaffen, wechsele ich den Verein. Mainz verpasst am letzten Spieltag den Aufstieg und wird nur Vierter. Klopp geht nach Dortmund.

2009: Jürgen Klopp übernimmt eine Mannschaft, die in der Vorsaison gerade mal 40 Punkte geholt hat, in der Abschlusstabelle auf Platz 13 kam und deren größter Erfolg es war, das Pokalfinale gegen Bayern München verloren zu haben. Schon in der ersten Saison macht Klopp aus dem BVB einen Europapokal-Anwärter. Weil Dortmund am letzten Spieltag in Gladbach nur 1:1 spielt und der Hamburger SV ein Abseitstor erzielt, wird Dortmund Sechster und verpasst den Einzug in die Europa League.

2010: Den Europapokal-Platz holt Klopp dann in seiner zweiten Saison nach. Der BVB wird am Ende Fünfter. In der Liga setzt Klopp auf eine extrem junge Abwehr. Mats Hummels und Neven Subotić werden vom Boulevard als "Kinder-Riegel" verspottet. Im Mittelfeld spielt Nuri Şahin, der Jahre zuvor der jüngste Bundesliga-Profi der Geschichte wurde. Vorne spielt mit Kevin Großkreutz ein Spieler, der selbst auf der berühmten Dortmunder Südtribüne stand. Dass viele junge Spieler in der Mannschaft sind, ist kein Selbstzweck. Klopp setzt auf laufintensives Pressing, auf Balleroberungen und einen schnellen Abschluss. Nach den Jahren um die Beinahe-Insolvenz herrscht erstmals so etwas wie Euphorie rund um das Westfalenstadion.

2011: Schon der Saisonstart ist außergewöhnlich. Von den ersten 16 Spielen gewinnt der BVB nur zwei nicht. Klopp hat eine Mannschaft gefunden, in der Mats Hummels in der Abwehr, Nuri Sahin auf der Sechserposition und ein kaum bekannter Japaner namens Shinji Kagawa die Bundesliga förmlich überrollen. In der Offensive setzt Klopp auf den fast schon ausgemusterten Polen Jakub Błaszczykowski und auf ein Talent, dem damals manche Experten bescheinigen, das größte in der jüngeren Geschichte des deutschen Fußballs zu sein: Mario Götze. Am zehnten Spieltag übernimmt Borussia Dortmund die Tabellenführung und gibt sie bis zum Ende nicht mehr ab. Klopp steht mit biertrunkener Stimme auf einem Wagen am Borsigplatz und grölt Lieder mit den Fans. Die Meisterschaft - Klopps erster Titel mit dem BVB.

2012: Nachdem der FC Bayern in der Saison zuvor mit sich selbst kämpfte, kündigen die Münchner den Angriff auf Dortmund an - und Jürgen Klopp wehrt sich erfolgreich. Während es zuvor schon andere Mansnchaften (Bremen, Stuttgart, Wolfsburg) schafften, dem FC Bayern eine Saison lang wehzutun, schafft es Klopp, den Erfolg zu konservieren. Für den nach Madrid abgewanderten Nuri Sahin holt Klopp mit Manager Michael Zorc und Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke Ilkay Gündoğan. Im Sturm ersetzt der Trainer Lucas Barrios durch den bis dahin in Dortmund unglücklichen Robert Lewandowski. Durch einen 1:0-Sieg am 30. Spieltag (Tor: Lewandowski) gegen Bayern München sichert sich Dortmund quasi vorzeitig die Meisterschaft. Die größere Demütigung des Rivalen folgt im DFB-Pokal-Finale einige Wochen später. Klopp und der BVB demontieren Bayern München mit 5:2. Klopps Titel Nummer 2 und 3 mit dem BVB.

Die Bayern schlagen zurück

2013: Angestachelt durch den BVB investiert der FC Bayern unter anderem 40 Millionen Euro in den Spanier Javi Martinez. Borussia Dortmund kommt den Bayern bei einer anderen Personalie zuvor und verpflichtet Marco Reus - ein idealer Spieler für Klopps Konzept. Der BVB schlägt die Münchner im Supercup-Finale - Klopps vierter Titel - mit 4:2. Dortmund und Bayern liefern sich schließlich ein saisonübergreifendes Duell, das im Champions-League-Finale von London seinen Höhepunkt findet. Klopp führt den BVB in das Finale, unter anderem durch ein spektakuläres Spiel gegen den FC Malaga (zwei Tore in der Nachspielzeit) und ein 4:1 im Halbfinale gegen Real Madrid. Spätestens jetzt schaut ganz Europa genau hin, wer da beim BVB auf dem Trainerstuhl sitzt, auch wenn Bayern das Finale gewinnt. Beinahe jeder solvente Verein in Europa möchte Klopp verpflichten, doch der verlängert seinen Vertrag im Oktober 2013 kurzerhand bis 2018. "Wir sind glücklich, einen der besten Trainer Europas - und den perfekten für die Borussia - länger an uns gebunden zu haben", sagt Hans-Joachim Watzke.

2014: Kurz vor dem Champions-League-Finale wird bekannt, dass Mario Götze zu Bayern München wechselt. Der BVB reagiert und holt zur neuen Saison unter anderem Pierre-Emerick Aubameyang und Henrikh Mkhitaryan. Beide enttäuschen zwar nicht, integrieren sich aber nicht nahtlos in Klopps Power-Fußball (Frühes Stören, schnell vorgetragene Angriffe über die Außen). Es reicht nicht, um den Guardiola-Bayern nur annähernd gefährlich zu werden. Der BVB wird Zweiter, ohne je eine echte Chance auf die Meisterschaft zu haben. Zum Beginn der Saison 2014/2015 gewinnt Dortmund zwar erneut den Supercup gegen Bayern (2:0 - Klopps fünfter und letzter Titel mit dem BVB), startet aber nur mäßig in die Bundesliga-Saison, die für Dortmund mit zunehmender Dauer immer enttäuschender verläuft. Die Hinrunde beendet der BVB als Vorletzter, punktgleich mit Schlusslicht Freiburg. Lediglich in der Champions League blitzt der Glanz der Vorsaisons in der Hinrunde noch auf. Dortmund zieht als Gruppensieger vor dem FC Arsenal souverän ins Achtelfinale ein. Dennoch werden erste Stimmen laut, die hinterfragen, ob Trainer Klopp seine Mannschaft noch erreicht.

2015: Die zweite Saisonhälfte beginnt so, wie die erste endete: Am 19. Spieltag kommt Dortmund am Tiefpunkt an - nach einer 0:1-Heimniederlage gegen den FC Augsburg stürzt der BVB ans Tabellenende. Klopp übt sich weiter in Duchhalteparolen, lässt keine Zweifel daran, dass er den "Karren aus dem Dreck ziehen" wolle. Eine Woche später gewinnt Dortmund 3:0 in Freiburg und klettert auf den Relegationsrang. Klopps Team lässt gegen Mainz, Stuttgart und im Derby gegen Schalke drei weitere Ligasiege folgen und weckt bei den Fans wieder Hoffnungen auf die Europacup-Ränge. In der Champions League verliert Dortmund zwar Ende Februar das Achtelfinal-Hinspiel bei Juventus Turin, hat aber nach dem 1:2 alle Chancen aufs Weiterkommen. Am 18. März kassiert der BVB im Rückspiel jedoch bereits in der dritten Minute das 0:1 - und präsentiert sich über 90 Minuten desaströs. Nach dem 0:3 gegen Juventus schreibt die internationale Presse bereits vom Ende einer Ära. In der Bundesliga verliert der BVB im April nach Niederlagen gegen den FC Bayern und Gladbach den Anschluss an die Europa-League-Plätze und müsste im Pokal-Halbfinale in München gewinnen, um die Chance aufs internationale Geschäft zu wahren. Am 15. April verkünden Joachim Watzke und Jürgen Klopp schließlich in einer Pressekonferenz, dass der bis 2018 datierte Vertrag mit Klopp zum Saisonende aufgelöst wird.

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