Judo-Silbergewinner Ole Bischof:Japaner umgeworfen, Medaille erkämpft

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Ein Deutscher unter starken Asiaten: Judoka Ole Bischof beweist mit seinem Silbergewinn in London, dass auch Europäer die Kampfkunst aus dem Fernen Osten nahezu perfekt beherrschen können. Zwar verliert er das Finale gegen einen Koreaner - doch sein Umgang mit der Niederlage zeugt von Größe.

Jürgen Schmieder, London

Das Finale gilt gemeinhin als wichtigste Partie eines Wettkampfs, das ist bei den Olympischen Spielen nicht anders. Im Finale gibt es die Entscheidung, wer die Goldmedaille bekommt und wer die aus Silber. Es ist demnach schon erwähnenswert, wenn jemand ein Viertelfinale zur bedeutendsten Partie erklärt - vor allem dann, wenn er später den Endkampf erreichen wird.

War bereit für das Gerangel auf der Matte: Judoka Ole Bischof.  (Foto: dpa)

Ole Bischof plauderte ein wenig über diesen intensiven Tag und über den Wettkampf im Mittelgewicht, der Gewichtsklasse bis 81 Kilogramm, an dessen Ende der Judoka die Silbermedaille gewonnen hatte. Als er beim Viertelfinale angelangt war, machte er eine Pause, überlegte kurz, dann sagte er: "Japan ist das Mutterland des Judo, die schicken ihren besten Mann - und ich werfe den um. Darauf bin ich schon stolz." Bischof hatte den sehenswerten Armhebel Juji-gatame präsentiert und vorzeitig gewonnen.

Der Stolz ist nicht unbegründet, denn Deutschland ist im Judo nicht gerade führend. Natürlich gibt es zahlreiche Judoka hierzulande, gerade bei jungen Menschen erfreut sich die Sportart großer Beliebtheit, die breite Öffentlichkeit indes beschäftigt die Disziplin nur alle vier Jahre, wenn bei Olympischen Spielen Athleten wie Ole Bischof um Medaillen kämpfen und Japaner umwerfen.

Natürlich sprach Bischof auch über das Finale und seinen Kampf gegen Kim Jae-Bum. Vor vier Jahren hatte Bischof den Südkoreaner noch besiegt: "Er war kräftiger und schneller als ich, er hat klar und verdient gewonnen", sagte Bischof, "er ist mittlerweile erfahren, er hat viel gelernt, und man darf auch nicht vergessen, dass ich seit den vergangenen Olympischen Spielen vier Jahre älter geworden bin. Damals war ich Olympiasieger, jetzt ist er Olympiasieger - er ist ein Champion." Große Worte eines Geschlagenen.

Kim begann den Finalkampf forsch, er setzte Bischof unter Druck und schaffte bereits nach wenigen Sekunden eine kleine Wertung. Bischof wartete ab, er parierte die wilden Angriffe seines Gegners und befreite sich geschickt aus manch brenzliger Situation. Doch der Koreaner machte einfach weiter, punktete erneut und erlaubte Bischof keine Möglichkeit, selbst aktiv zu werden oder gar zu Punkten zu kommen. Die beiden Wertungen reichten dem Südkoreaner am Ende, um Olympiasieger zu werden.

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"Er hat anders gekämpft als im Finale 2008", sagte Bischof. "Ich habe immer etwas Neues versucht, aber mein Gegner hat immer eine Antwort darauf gefunden." Bum sei ein würdiger Olympiasieger: "Ich kann mir vorstellen, wie es ist, wenn man nur mit Silber nach Hause fährt. Ich kann ihm jetzt mit einem Lächeln gratulieren, weil ich meine Goldmedaille schon habe. Ich glaube aber, dass er froh war, ein solch einfaches Finale gehabt zu haben."

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Bischof wirkte im Finale müde, er hatte einen anstrengenden Tag hinter sich. Besonders intensiv war das Halbfinale gegen den Amerikaner Travis Stevens: Schon nach wenigen Sekunden standen sie sich ein wenig zu aggressiv Nase an Nase gegenüber. "Wir haben beide das Regelwerk sehr kreativ interpretiert, aber warum es zu den Szenen gekommen ist, das müssen Sie Stevens fragen", sagte Bischof über das Duell. Die Vereinigten Staaten sind zwar eine Kampfsportnation, aber offensichtlich keine Judonation, denn: Im Judo geht man respektvoll miteinander um.

Bischof hat an diesem Dienstag mit den Asiaten mitgehalten, er hat einen Japaner ausgehebelt und am Ende gegen einen Koreaner verloren. Seine Leistung könnte ein Signal sein für die Kollegen. Bislang waren die deutschen Judoka früh gescheitert, nun soll vor allem Andreas Tölzer noch eine Medaille gewinnen. Der tritt zum dritten Mal bei Olympischen Spielen an. Gegen seinen Rivalen, den Franzosen Teddy Riner, konnte er bei wichtigen Turnieren noch nicht gewinnen.

"Ich habe im Vergleich zu 2008 noch einmal 13 Kilo draufgepackt, aber mein Körperfettanteil ist dabei gesunken. Dadurch bin ich kräftiger und schneller geworden und bin schwieriger zu werfen", sagt Tölzer. "Ich habe im Vorfeld alles getan, um so gut vorbereitet wie möglich zu sein." Sein Wettkampf findet am Freitag statt - und womöglich ist bei ihm dann tatsächlich das Finale die wichtigste Partie.

Ole Bischof kann sich jetzt die Kämpfe seiner Kameraden in aller Ruhe ansehen. Nur auf eine Sache kann er wirklich nicht stolz sein: Vor vier Jahren hat er einmal Stefan Raab zum Mehrkampf herausgefordert. Er gewann die ersten beiden Spiele locker, danach kein einziges mehr. Bis heute gilt die Episode als kürzeste in der Geschichte von "Schlag den Raab". Nun kann ihm das egal sein: Er hat bei den Olympischen Spielen eine Gold- und eine Silbermedaille gewonnen.

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