Das traditionsreiche Stadion am Böllenfalltor in Darmstadt ist ein Schauplatz voller Fußball-Romantik. Doch wem dort ein Traum zu zerplatzen droht, für den kann es sich auch als Hölle entpuppen. Borussia Mönchengladbachs Flügelstürmer Jonas Hofmann, 30, war am Dienstagabend nicht nur zerknirscht, weil sein Erstligateam beim Zweitliga-Spitzenreiter Darmstadt 98 durch eine 1:2-Niederlage aus dem DFB-Pokal ausgeschieden war. Und er war auch nicht nur deshalb voller Sorge, weil er nach einem unglücklichen Sturz bereits zur Pause mit erheblichen Schmerzen in der Schulter ausgewechselt werden musste. Hofmann plagte in der Nacht zum Mittwoch vor allem die Befürchtung, die Weltmeisterschaft zu verpassen, die in einem Monat in Katar beginnt. Es wäre seine erste WM, umso bitterer wäre für ihn ein Ausfall.
Am Mittwochnachmittag sah die Welt für Hofmann schon wieder ein bisschen hoffnungsvoller aus. Die Magnet-Resonanz-Tomographie in Mönchengladbach ergab zwar die befürchtete Schultereckgelenk-Sprengung, allerdings "ohne knöcherne Beteiligung". Ersteres war eine schlechte Nachricht, der Zusatz eine gute. Er bedeutet, dass Hofmann mit ein bisschen Glück in zehn bis zwölf Tagen wieder ins Training einsteigen kann und zur WM-Reise der DFB-Elf dann wohl auch rechtzeitig wieder fit wäre. Ein bisschen Sorgen macht er sich aber natürlich trotzdem. Bis Dienstagabend waren seine Form und seine Laune bestens, jetzt trüben den Ausblick ein paar Fragezeichen.
Trainer Lukas Kwasniok beim SC Paderborn:In der Ruhe entsteht ein Sturm
Paderborn hat sich unter Lukas Kwasniok zu einem Favoriten der zweiten Liga entwickelt und fordert nun im Pokal Werder Bremen. Das Erfolgsrezept: konsequente Offensive und die Chance auf Karrieresprünge - auch für den Trainer selbst.
Noch am vergangenen Samstag hatte Hofmann spätnachts als Gast im ZDF-Sportstudio gesessen und gestrahlt, weil es auch um die WM ging und weil der Gladbacher, der vor zwei Jahren mit 28 spätberufener Nationalelf-Debütant bei Joachim Löw war, sich bisher relativ sicher sein konnte, von Bundestrainer Hansi Flick für Katar nominiert zu werden. Hofmann hat in 13 der jüngsten 15 Länderspiele mitgewirkt und nur im März zwei verpasst, weil er verletzt war. In den vergangenen fünf Länderspielen stand er sogar jedes Mal in der Startelf. Er hat je einen Treffer geschossen beim 1:1 gegen England und beim 1:1 in Ungarn und er hat noch ein Tor vorbereitet, als er beim Heimspiel in Gladbach gegen Italien (5:2) einen Elfmeter erwirkte.
"Nationalspieler zu sein, ist das i-Tüpfelchen auf jeder Karriere", sagte Hofmann im ZDF, "und sein Land bei einer WM vertreten zu können, ist etwas ganz Großes." Er verspüre riesige Vorfreude auf Katar und werde alles dafür geben, "die Fans und das Land stolz zu machen - unser Ziel ist natürlich, als Weltmeister nach Hause zu kommen".
Ein Ausfall des variabel einsetzbaren Hofmann wäre für Bundestrainer Hansi Flick ein Rückschlag
Und dann das: Nach einem Zweikampf am Dienstag mit dem Darmstädter Tobias Kempe stürzte Hofmann in der 25. Minute auf seine Schulter, hielt sich diese schmerzverzerrt und musste länger behandelt werden. Bis zur Pause konnte er noch weiterspielen, doch dann wurde er ausgewechselt und saß in der zweiten Halbzeit mit dem Arm in einer Schlinge auf der Ersatzbank.
Sollte Hofmann wider Erwarten doch nicht mit zur WM fahren können, wäre das nicht nur für ihn bitter, sondern auch für den Bundestrainer, die Nationalelf und ganz Fußball-Deutschland. Denn er ist mit seinen 30 Jahren im besten Fußballeralter und für Hansi Flick ein wertvoller, weil sehr variabler Spieler auf der rechten Außenbahn. Dort wurde Hofmann meistens offensiv eingesetzt, aber auch mal als Rechtsverteidiger - eine Rolle, für die er sich zum Beispiel mit intensivem Videostudium des Liverpooler Rechtsverteidigers Trent Alexander-Arnold fortgebildet hatte.
"Ich bin clever und polyvalent", sagt Hofmann über seine Vielseitigkeit. "Er ist schlau und ein geiler Fußballer", sagt Mönchengladbachs Sportdirektor Roland Virkus über ihn. "Jonas ist sehr flexibel, immer zuverlässig und sehr lauffleißig", sagt Borussias Trainer Daniel Farke. Alle sind voll des Lobes über den gebürtigen Heidelberger, alle wären bitter enttäuscht und traurig, sollte er bei der WM nicht für Deutschland spielen können.
Für die Gladbacher war der Dienstag in Darmstadt alles in allem ein grausiger Abend. Zum Pokal-Ausscheiden und zum Ausfall Hofmanns kam auch noch eine Verletzung des zuletzt bärenstarken Torwarts Yann Sommer hinzu, der bereits in der 4. Minute unbedrängt springend einen hohen Ball aus der Luft pflückte und bei der Landung mit dem linken Fuß umknickte. Unter Einwirkung von Eisspray blieb er noch ein paar Minuten auf dem Platz, dann musste er durch Tobias Sippel ersetzt werden. Sommer fällt mit einer Sprunggelenksverletzung auf unbestimmte Zeit aus. Um ihn bangt nun auch die Schweiz, für deren Nationalmannschaft er als Torwart eine besondere Bedeutung hat, speziell bei der WM.
Die Gladbacher müssen auf alle Fälle erst mal auf beide Spieler verzichten, wenn es am Samstagabend gegen Eintracht Frankfurt und am übernächsten Sonntag bei Union Berlin um den Anschluss an die Bundesliga-Spitzengruppe geht. Ohne Sommer und Hofmann wird es nicht leichter, die Pokal-Enttäuschung abzuschütteln.