Süddeutsche Zeitung

Joachim Löw:Nichts anders

Joachim Löw hat nach der Jobgarantie durch den DFB den Rücken frei für die EM. Sein Nachfolger soll erst im Sommer präsentiert werden.

Wenn Joachim Löw seinen DFB-Dienstwagen am Mittwoch gen München steuert, ist die peinliche Pleite gegen Nordmazedonien schon wieder ganz weit weg. Nach der neuerlichen Jobgarantie durch den Deutschen Fußball-Bund startet der Bundestrainer befreit seinen EM-Countdown samt Kandidaten-Casting. Nichts und niemand soll ihn auf seiner letzten Mission jetzt noch aufhalten. "Das enttäuschende Spiel ändert nichts an unserem Zeitplan", sagte DFB-Präsident Fritz Keller über die schmerzhafte Niederlage in der WM-Qualifikation am vergangenen Mittwoch. Soll heißen: Der Verband steht bis zum vereinbarten Trennungstermin nach der EM (11. Juni bis 11. Juli) in Treue fest zu seinem Bundestrainer.

"Jogi Löw und sein Team werden alles analysieren und die richtigen Konsequenzen ziehen, um ein gutes EM-Turnier zu spielen", betonte Keller in der Bild-Zeitung. Und DFB-Direktor Oliver Bierhoff sekundierte: "Jogi Löw hat die Kompetenz und Erfahrung, die Mannschaft erfolgreich durch diese EM zu führen." Der 61-Jährige sei "hoch motiviert, sein letztes Turnier als Bundestrainer erfolgreich zu gestalten". Erst danach soll der Weltmeister-Coach seinen Posten nach 15 bewegten Amtsjahren aufgeben. Eine Analyse also - mal wieder. Wie schon nach dem WM-Desaster 2018. Wie nach dem sportlichen Abstieg aus der Nations League wenig später. Oder wie nach dem desaströsen 0:6 im vergangenen November gegen Spanien. Besserung trat in keinem dieser Fälle ein. Und diesmal?

Löw sah sich nicht das Topspiel Leipzig - Bayern im Stadion an - und erntet Kritik

Wie Löws Analyse aussehen könnte, nahmen die Bosse bereits vorweg. Keller sah beim Start ins EM-Jahr mit dem Auftakt in der WM-Quali gegen Island (3:0) und Rumänien (1:0) "viel mehr Licht als Schatten". Bierhoff beobachtete, dass die Spieler Löws Anweisungen "aufnehmen und umsetzen". Und die Pleite gegen Nordmazedonien (1:2) war nach Einschätzung des DFB-Direktors "fehlender Chancenauswertung, Cleverness und Frische" geschuldet - nicht den taktischen Verirrungen von Löw. Fazit: Kein Grund zur Beunruhigung. Eine Notbremsung zu Ostern, so die Überlegung der Verantwortlichen, hätte den EM-Erfolg auch nicht garantieren können. Löw, so das Kalkül, wird sich ein letztes Mal straffen. Doch die Kritik am Bundestrainer reißt nicht ab. Dass sich Löw nach dem abermaligen bitteren Rückschlag zur österlichen Klausur zurückzog, anstatt etwa das Meisterschafts-"Endspiel" der Bayern in Leipzig oder das Champions-League-"Finale" zwischen Dortmund und Frankfurt im Stadion zu verfolgen, nannte der Kicker "ein Armutszeugnis". Löw hatte lapidar verkündet, er sei für das Viertelfinal-Hinspiel der Münchner in der Königsklasse gegen Paris St. Germain am Mittwoch (21.00 Uhr/Sky) "eingeteilt". Ob er dort das Gespräch mit Thomas Müller sucht?

Für viele Experten ist die Frage nach einem EM-Comeback des Münchner Edel-Zehners bei der Kader-Auswahl längst die Schlüsselpersonalie. "Radio" Müller könnte die allzu ruhige Generation Confed Cup auf und neben dem Platz wachrütteln - und wie beim FC Bayern zu Topleistungen treiben. Doch Löw verweist stur auf die Nominierung Mitte Mai. Noch länger will sich der DFB bei der Suche nach einem Erben Zeit lassen. "Mein Plan ist es, dem DFB-Präsidium rund um die EM einen Nachfolger vorzuschlagen", sagte Bierhoff. Er stehe mit verschiedenen Kandidaten in Kontakt, "in den nächsten Wochen" werde es "weitere Gespräche und Treffen" geben.

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