Zum Tode von Lakers-Eigentümer Jerry Buss:Er machte den Sport zur Show

File photograph of Laker Girls posing as Los Angeles Lakers owner Jerry Buss receives a star on the Hollywood Walk of Fame in Hollywood

Jerry Buss und die Laker-Girls: Für seine Verdienste um die Unterhaltung erhielt er einen Stern auf dem "Walk of Fame".

(Foto: REUTERS)

Er ließ leicht bekleidete Frauen auf dem Parkett tanzen, er gab Hollywood-Stars Tickets für Plätze direkt am Spielfeldrand - und er verkaufte Logen an die Reichen, damit sich alle anderen auch Eintrittskarten leisten konnten: Jerry Buss war nicht nur Eigentümer der Los Angeles Lakers und Erfinder von "Showtime", sondern auch eine Inspiration für moderne Sportmanager.

Von Jürgen Schmieder

Als Jerry Buss merkte, dass sein Leben nur noch ein paar Tage dauern würde, da hatte der Eigentümer der Los Angeles Lakers noch einen Wunsch: Er wollte, dass ihn Magic Johnson noch einmal besucht - jener Basketballer, der symbolisch für die "Showtime-Ära" im amerikanischen Basketball steht. Fünf Stunden lang saßen sie zusammen und erzählten sich Geschichten. "Es ist ganz einfach", sagte Johnson wenige Stunden nach dem Tod von Buzz in Tränen: "Ohne Dr. Jerry Buss gibt es keinen Magic."

Um das Vermächtnis von Jerry Buss zu verstehen, muss man wissen, zu welcher Zeit er die Los Angeles Lakers gekauft und was er aus diesem Verein gemacht hat: Es war im Jahr 1979, Basketball in den Vereinigten Staaten war in einer gewaltigen Krise. Viele Vereine standen kurz vor der Insolvenz, der Fernsehsender CBS übertrug nicht einmal die Spiele der Finalserie live.

Die Spieler waren bekannt dafür, lieber Drogen in ihre Nasen zu stopfen als Basketbälle in die Körbe. Man musste verrückt sein, einen NBA-Klub samt Halle kaufen zu wollen - und dafür sogar das Chrysler Building in New York einzutauschen.

"Ich habe immer gedacht, dass Gott mich lieben muss", schrieb Buss in seinem Buch Winnin' Times, "was immer wir gemacht haben: Es hat irgendwie funktioniert." Auch die Lakers funktionierten: Eine seiner ersten Amtshandlungen war es, den talentierten Collegespieler Earvin Johnson zu verpflichten und ihn an die Seite von Kareem-Abdul Jabbar zu stellen. Gleich in der ersten Spielzeit gewannen die Lakers den Titel - in den folgenden 33 Jahren sollten neun weitere hinzukommen.

Buss wollte nicht nur einen erfolgreichen Verein haben, sonderneinen, der das Volk begeistert. "Kümmere dich nicht um gesunden Menschenverstand", pflegte er bei seinen Entscheidungen stets zu sagen, "kümmere dich um die Zahlen." Seine einfache Rechnung bei den Lakers war: Die spektakuläre Spielweise führt zu einer ausverkauften Halle und damit zu den Einnahmen, die er braucht, um das Spektakel zu finanzieren. So erfand er "Showtime", sowohl auf als auch abseits des Platzes. "Ich wollte diesem Verein eine Identität geben", sagte er, "ich meine, die Lakers sind verdammt noch mal Hollywood!"

Jerry Buss wurde damit zum Erfinder des modernen Sport-Spektakels - ob man diese Entwicklung nun gutheißen oder verteufeln mag. Für ihn war Sport nicht nur ein athletischer Wettkampf, sondern auch und vor allem Unterhaltung: Er sorgte dafür, dass in den Auszeiten gut aussehende und leicht bekleidete Mädchen über das Parkett hüpften, während Popmusik aus den Boxen dröhnte.

An den Verkaufsständen gab es nicht mehr nur ein fettiges Würstchen in weichem Brötchen, sondern Sachen, die man tatsächlich essen konnte. Er schenkte Hollywood-Stars Tickets für Plätze direkt am Spielfeldrand - Jack Nicholson sitzt auch heute noch auf seinem Stammplatz neben der Ersatzbank des gegnerischen Vereins und beschimpft genüsslich deren Spieler.

Inspiration für Uli Hoeneß

Den Reichen von Los Angeles richtete Buzz Logen mit Polstersesseln, Champagner und persönlicher Bedienung ein - und ließ sich viel Geld dafür bezahlen. Diese Einnahmen ermöglichten es ihm, den Fans billige Eintrittskarten anzubieten. Die Wutrede von Uli Hoeneß aus dem Jahr 2007 ("Das ist mit sieben Euro aus der Südkurve nicht zu finanzieren! Was glaubt ihr, wer euch finanziert? Die Leute aus den Logen, denen wir das Geld aus den Taschen ziehen!") geht also auf Jerry Buss zurück.

File photograph of Jerry Buss and rap artist Snapp Dogg posing on the Hollywood Walk of Fame in Hollywood

Entertainer in Los Angeles: U.a. Jerry Buss, Magic Johnson und Snoop Dogg (v.l.).

(Foto: REUTERS)

In den Vereinigten Staaten, vor allem Los Angeles, wurde er dafür geliebt. Er war ein reicher Sack, der nach den Spielen im Presseraum mondäne Partys mit Sportlern, Schauspielern und Sängern feierte und sich pro Saison mit zahlreichen jungen Frauen an seiner Seite zeigte - aber er sah dabei immer aus, als hätte er sich das billigste Ticket gekauft: Schnauzbart und Haare wie Stroh.

Der oberste Knopf des Hemdes war stets offen, es hing über eine lässige Jeans. Nur auf eines legte er wert: Die Menschen sollten "Doc" zu ihm sagen oder "Doktor Buss", weil er derart stolz darauf war, sich als Unterschichtenkind diesen akademischen Titel erarbeitet zu haben.

Er war ein unprätentiöser Selfmademillionär, sein Geld verdiente er zunächst mit Immobilien. Einen nicht unbeträchtlichen Gewinn auf der Rennbahn investierte er in ein Grundstück, auf dem Öl gefunden wurde. Er kaufte weiter Häuser, ein paar Sportvereine in unbedeutenden Ligen und schließlich die Lakers. Weil er einsah, dass er wenig Ahnung von Basketball hatte, überließ er das tägliche Geschäft seinem General Manager Jerry West, der zunächst die Ära Abdul-Jabbar/Johnson verwaltete und nach einigen Krisenjahren mit den Zukäufen von Shaquille O'Neal und Kobe Bryant wieder ein spektakuläres und erfolgreiches Team zusammenstellte.

Buss kümmerte sich lieber um die Zahlen. Dass er das konnte, zeigt allein die Wertsteigerung der Lakers: Sie kosteten 1979 etwa 16 Millionen Dollar, heute ist der Klub laut Forbes 825 Millionen Dollar wert und gilt als der bekannteste Sportverein der Welt.

Jerry Buss starb am Montag im Alter von 80 Jahren an den Folgen einer Krebserkrankung. Die Lakers werden im Familienbesitz bleiben, das hat er in seinem Testament festgelegt. Und auch seine Vision von "Showtime" und von Sport als Unterhaltung wird wohl noch eine ganze Weile weiterleben.

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