Javi Martínez:Der Abräumer geht

Vor Spielbeginn: Javi Javier Martinez FC Bayern München FC Bayern München FCB vs FC Augsburg FCA 08.03.2020 Aktionsspiel; Martinez

Wellenbrecher, Triplesieger, Publikumsliebling: Javi Martinez wird den FC Bayern nach acht Jahren verlassen.

(Foto: Michael Weber/imago images)

Der Geist ist willig, doch die Knochen knirschen: Javi Martínez, einst teuerster Zugang des FC Bayern, wird den Verein nach acht Jahren verlassen - mit ungewissem Ziel.

Von Maik Rosner

Immer, wenn Hansi Flick in den vergangenen Wochen über Javier Martínez sprach, war dem Trainer des FC Bayern die Zwickmühle anzumerken. Einerseits wollte er seine Wertschätzung für den spanischen Weltmeister von 2010 zum Ausdruck zu bringen und diesem das Gefühl vermitteln, weiterhin ein wichtiger Bestandteil der Mannschaft zu sein. Andererseits wollte Flick nicht flunkern und falsche Hoffnungen für die Zukunft wecken, weder bei Martínez noch bei den Fans. Heraus kamen Sätze, die Flicks Gespür für einen empathischen und zugleich ehrlichen Umgang belegten: "Wenn er spielt", sagte Flick, sei Martínez "mit vollem Herzen dabei", man könne sich "zu tausend Prozent auf ihn verlassen" und er tue "der Mannschaft durch seine Erfahrung gut". Doch Martínez, 31, habe halt auch immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen.

Flick wollte es als Kompliment verstanden wissen, dass der Defensivspieler trotz anhaltender "Wehwehchen" auch im Training stets voll dabei sei: "Für mich ist es wichtig, dass er seine Qualität ins Spiel bringen kann", sagte der Trainer, wozu bei 23 Saisoneinsätzen mit 1006 Minuten in allen Wettbewerben aber eher selten Gelegenheit bestand. Vor zweieinhalb Wochen fügte Flick hinzu: "Bei Javi ist es genauso wie bei Jérôme (Boateng): Er hat ein gewisses Alter. Er muss letztendlich entscheiden: Wo geht mein Weg hin? Er weiß natürlich, dass die Konkurrenz hier groß ist."

Nach SZ-Informationen ist die Entscheidung bereits gefallen, anders als beim wiedererstarkten Stammverteidiger Boateng, der seinen Vertrag bis 2021 wohl erfüllen wird. Der einen Tag ältere Javier Martínez Aginaga aus dem Baskenland, den sie Javi nennen, wird die Bayern im Sommer verlassen, kurz vor seinem 32. Geburtstag am 2. September. Nach acht Jahren endet seine Zeit in München, wo er 2012 von Athletic Bilbao angekommen war. Ob es ihn zurückzieht in seine Heimat oder zu einem finalen Karriere-Abenteuer anderswo, ist nicht bekannt. Die Bayern werden, so viel ist sicher, Martínez trotz geringer Ablöse-Aussichten ein Jahr vor Vertragsende die Freigabe erteilen. Sein Haus in Grünwald nahe der Isar wird frei - und könnte von einem neuen Bayern-Spieler bezogen werden. Bisher stehen als Zugänge Leroy Sané (Manchester City), Torwart Alexander Nübel (Schalke), Verteidiger Tanguy Nianzou Kouassi (Paris) und der zuletzt an den HSV ausgeliehene Adrian Fein fest.

Bei Tolisso und Hernández steht der Durchbruch noch aus

Im Idealfall könnte Martínez als einer der erfolgreichsten Bayern-Profis der Klubgeschichte adiós sagen - als einer von fünf Spielern, die nach 2013 in einigen Wochen erneut das Triple gewinnen könnten. Wie seine Kollegen Neuer, Boateng, Alaba und Müller war der Spanier bereits beim Dreifach-Triumph 2013 dabei - damals, anders als jetzt, in sehr tragender Rolle unter Trainer Jupp Heynckes, als Abräumer im Mittelfeld. Diesmal können die Bayern im August, beim Finalturnier der Champions League in Lissabon, das frisch errungene nationale Double 2020 krönen.

Der frühere Bilbao-Coach Heynckes hatte sich nach Bayerns Finalniederlage in der Champions League 2012 gegen Chelsea vehement für die Verpflichtung des seinerzeit in Deutschland kaum bekannten Martínez eingesetzt, für die damalige Liga-Rekordablöse von 40 Millionen Euro, nach äußerst anspruchsvollen Verhandlungen mit Bilbao. Diesen Rekord überboten die Bayern 2017 bei Corentin Tolisso (für 41,5 Millionen von Olympique Lyon) und 2019 bei Verteidiger Lucas Hernández, dessen Kaufpreis, 80 Millionen Euro an Atlético Madrid, aktuell die höchste Transfersumme der Ligageschichte ist. Bei den beiden Teuersten, Tolisso und Hernández, steht der Durchbruch aus. Die Investition in Martínez aber zahlte sich voll aus. Zuletzt jedoch zollte er seinem einsatzfreudigen, kraftraubenden Spielstil immer mehr Tribut.

Auch Martínez selbst hatte seinen Abschied zuletzt angedeutet. Er sei "für alles offen", sagte er kürzlich der Marca, wichtig sei ihm eine neue Aufgabe, die ihn "sportlich und persönlich erfüllt". Und: "Es könnte sein, dass ich in den USA leben und Fußball spielen werde, oder in Australien. Oder, dass ich zurück nach Spanien gehe." Ein bisschen Zeit für aktiven Fußball bleibe ihm noch, glaubt er, obwohl die Knochen immer öfter knirschen. Auch eine Rückkehr zu Bilbao, das sich interessiert zeigt, sei "natürlich möglich", sagte Martínez: "Dort habe ich sechs unglaubliche Jahre erlebt." Es folgten seine acht erfolgreichsten Karrierejahre - in München.

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