Süddeutsche Zeitung

HSV-Sieg im Pokal:Viel Applaus für Jatta

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Von Peter Burghardt

Vielleicht ist im Rahmen der Verwirrung um den HSV-Profi Bakery Jatta grundsätzlich dies festzuhalten: Hat nicht fast jeder ein irgendwie geteiltes Ich, Dr. Jekyll und Mr. Hide, gerne auch am Ball? Guido Buchwald spielte eines Tages wie Maradona, danach hieß er Diego Buchwald, niemand fragte nach seinem Pass. Jürgen Wegmann war plötzlich Kobra Wegmann, Willi Lippens verwandelte sich in Ente Lippens. Ganz zu schweigen von Kaká, Pelé oder Zico, die bürgerlich alle umständlich anders heißen. Und wie alt genau war noch mal Kameruns Roger Milla bei der WM 1990?

Jetzt also der Fall Jatta, dem eine Armee von Rechercheuren und Hobbydetektiven auf der Spur ist. Zunächst hatte die Sport-Bild anhand von Fotos und zweier Aussagen den Verdacht geäußert, Bakery Jatta sei eigentlich Bakary Daffeh und nicht 21, sondern 23 Jahre alt und 2015 nicht minderjährig nach Deutschland gekommen. Auch habe er anders als behauptet bei mehreren afrikanischen Vereinen und für die gambische U 20-Auswahl gespielt. Bild am Sonntag wiederum will in seiner Geburtsstadt Gunjur in Gambia nun Jattas Adoptivmutter ausfindig gemacht haben, von einem Daffeh habe sie nie gehört.

Zum Pokalspiel des Hamburger SV am Sonntagabend beim Drittligisten Chemnitz, das der HSV erst glücklich im Elfmeterschießen (6:5) gewann, fuhr Bakery Jatta mit. Als sein Name bei der Aufstellung verlesen wurde, gab es großen Applaus aus dem Block der HSV-Fans, ein Plakat mit einer aufmunternden Botschaft wurde entrollt. Offiziell sind seine Papiere korrekt. Die Bremer Innenbehörde bestätigt, dass er 2015 ohne Pass angekommen sei, aber 2016 in der Heimat einen Pass beantragt und geschickt bekommen habe. Danach erhielt Jatta, sofort von Beratern begleitet, einen Vertrag beim HSV und seine Aufenthaltsgenehmigung. Auch wenn sie beim HSV das Gerücht kannten, Jatta sei Daffeh.

Jatta selbst sagt öffentlich nichts dazu. Von einem Daffeh will trotz älterer Archiveinträge niemand mehr etwas wissen, auch nicht Gambias Verbands-Vizepräsident. Dabei hatte Bakary Daffeh, geboren am 6. November 1995, 2014 das 1:0 für Gambias U 20 in Liberia geschossen. Danach wurden Gambias Nationalteams für zwei Jahre gesperrt, weil fünf Spieler älter waren als erlaubt; ein Stürmer soll mehrere Pässe gehabt haben.

Bakary Daffeh wurde in Portalen bis 2015 bei Gambias Erstligisten Brikama United geführt, den Klub gibt die Fifa auch als Jattas ehemaligen Klub an. Ein Facebook-Profil, das Daffeh bis zuletzt als "Professional Footballplayer" ausgab, ist mittlerweile verschwunden. Da war auch eine Meldung der Zeitung The Standard vom Januar 2015 über ein Probetraining von Brikamas Daffeh in Italien, die nicht mehr aufrufbar ist, aber von jemandem gerettet wurde. Was soll's, Namen sind Schall und Rauch. Die Agentur "Gambian Talents Promotion" twitterte nach einem Tor Jattas, das er 2017 für den HSV erzielte, über "Bakery Jatta Daffeh".

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SZ vom 12.08.2019
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