Japans 2:1 gegen Spanien:Doan und Ao Tanaka - die Bundesliga-Japaner machen's

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Japans Ao Tanaka feiert seinen 2:1-Siegtreffer im dritten Gruppenspiel gegen Spanien. (Foto: Jewel Samad/AFP)

Die Überraschungself der deutschen Gruppe besiegt tatsächlich Spanien und qualifiziert sich als Erster fürs Achtelfinale. Zwei in Deutschland tätige Profis treffen - nun geht es gegen einen starken Gegner.

Von Javier Cáceres, ar-Rayyan

Letzte Gruppenspieltage bergen immer auch Stoff für Konspirationen. Vor dem Spiel zwischen Spanien und Japan ging eine Theorie so: Spanien würde Gruppenzweiter werden wollen, um in der K.-o.-Runde schweren Gegnern aus dem Weg zu gehen. Nun: Sollten sie es wirklich darauf angelegt haben, so schafften sie eine grandiose Aufführung. Sie gaben eine Führung aus der Hand und rannten nach einem 1:2-Rückstand hilflos gegen das Tor der Japaner an. Und ergebnislos. Sie beendeten das Spiel bleich vor Angst. Aber: Die Spanier wurden am Ende Gruppenzweiter - und treffen zu Wochenbeginn im Achtelfinale auf Marokko. Die Japaner müssen sich hingegen mit dem WM-Zweiten von 2018 messen: Kroatien.

Spaniens Trainer Luis Enrique hatte sich für fünf Wechsel in der Startelf gegenüber dem Spiel gegen Deutschland entschieden. Doch dass er derart intensiv rotierte, bot a priori keinen Anlass für Verschwörungstheorien. Unter den fünf neuen war lediglich ein Spieler, der bei der WM bislang noch nicht zum Einsatz gekommen war: Innenverteidiger Pau Torres, dem FC Bayern noch bestens aus der letztjährigen Champions League bekannt.

Dani Carvajal musste für seine Patzer aus dem Spiel gegen Deutschland büßen und César Azpilicueta weichen; vorn rückten Álvaro Morata und Nico Williams für Marco Asensio und Ferran in die Mannschaft; Luis Enriques Fetischspieler blieben im Team: Die Mittelfeldspieler Gavi, Busquets und Pedro. Links bekam Balde (FC Barcelona) den Vorzug vor Jordi Alba - so wie zuletzt oft beim FC Barcelona. Luis Enrique schickte, mit anderen Worten, eine Menge jugendlichen Hunger und Geschwindigkeit aufs Feld.

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Die Partie war für die Spanier zunächst süß wie eine Adventskalenderpraline. Trainer Hajime Moriyasu muss ein großer Aikido-Freund sein, denn die Ausrichtung seines Teams war eine einzige Hommage an die defensive japanische Kampfkunst - getragen von der Hoffnung darauf, die Angriffe des Gegners so zu leiten, dass es unmöglich wird, Attacken fortzuführen. Nur: Das ging rasch und gehörig schief. Álvaro Morata erzielte in der 11. Minute die 1:0-Führung, nach einer Flanke von Azpilicueta traf er per Kopf.

Je länger die erste Halbzeit dauerte, wirkte es so, dass die Japaner ihren Stiefel auch nach dem Rückstand weiterspielten - obwohl sie wissen mussten, dass das Ergebnis vom Spiel der Deutschen sie auf den dritten Platz verwies. Sie schienen sich damit zu begnügen, dass sie von den Spaniern nicht so vermöbelt wurden wie die Costaricaner am Auftaktspieltag der Gruppe E. Die Mittelamerikaner hatten gegen Spanien mit 0:7 verloren. Große Chancen ergaben sich nicht. Doch das Spiel änderte sich radikal, nachdem die Japaner sich in der Halbzeit in der Kabine besprochen hatten. Und sich herausstellte, dass die Praline mit Gift gefüllt war.

Spaniens Torwart Unai Simón spielte wie schon in der ersten Halbzeit bei Rückpässen mit dem Feuer. Und verbrannte sich in der 48. Minute. Er spielte Balde einen unmöglichen Ball zu; der Linksverteidiger verlor einen Zweikampf in Nähe des Strafraums, und Freiburgs Ritsu Doan zog aus 17 Metern mit brachialer Gewalt zum Ausgleich ab (48.). Nur drei Minuten später brach dann ein technologischer Wahnsinn aus. Der Ball war wieder im Netz der Spanier: Ao Tanaka, Profi beim deutschen Zweitligisten Fortuna Düsseldorf, hatte ihn über die Linie gedrückt. Dem Augenschein nach hatte der Ball vor dem Pass von Kaoru Mitoma die Grundlinie überschritten. Doch nach minutenlanger Prüfung signalisierte die im Ball eingebaute Technik, dass das Tor legal war.

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Spaniens Trainer Luis Enrique schäumte - weniger wegen des Treffers denn wegen der Bräsigkeit des eigenen Teams. Die Japaner bissen; Luis Enrique wechselte Offensivkräfte ein. Dann, die Panik und Achterbahn. Denn im Stadion verbreitete sich die Kunde, dass Costa Rica gegen Deutschland führte. Auch Spanien war damit 20 Minuten vor Schluss draußen. Kurz danach, der deutsche Ausgleich. Spanien war fünfzehn Minuten vor Schluss wieder drin.

Die Japaner kaprizierten sich wieder auf ihr Aikido. Und schauten dabei zu, wie die Spanier keinen Raum für auch nur einen einzigen ansatzweise vertikalen Pass, einen Distanzschuss, ein Dribbling fanden. Und dann war da noch die latente Gefahr der Konter: Einen davon unterband Rodri an der Mittellinie mit einem Foul. In der 84. Minute wurde dann die neuerliche deutsche Führung bekannt. Ferran versuchte es aus 18 Metern, Olmo kam im Strafraum zum Abschluss, Japans Torwart Shuishi Gonda hielt. Doch spannender war fast das deutsche 4:2. Denn das bedeutete, dass Japan und Spanien mit dem Wissen in die siebenminütige Nachspielzeit gingen, beide weiter im Wettbewerb zu bleiben. Auf Kosten des DFB-Teams.

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