Japan nur Remis gegen Griechenland:Fern vom Strand, fern vom Achtelfinale

Fußball-WM, Japan, Griechenland

Wenig Durchblick: Japans Atsuto Uchida (abgetaucht), hier im Duell gegen Georgios Samaras, mühte sich meist vergebens

(Foto: dpa)

Im Duell der Fehlstarter liefern sich Japan und Griechenland ein maues Spiel, die Fans vertreiben sich die Zeit lieber am Kiosk. Das torlose Unentschieden bringt keine der beiden Mannschaften wirklich weiter. Allein Gruppengegner Kolumbien profitiert.

Von Thomas Hummel, Natal

Nach 55 Spielminuten erhob sich die gesamte japanische Ersatzbank. Alle gingen sie zu einem Mann, der eigentlich ein ganz normaler Mitspieler, tatsächlich aber eher eine unerreichbare Ikone für sie ist: Shinji Kagawa machte sich auf, das Feld zu betreten. Die japanischen Zuschauer im Stadion jubelten so laut wie nie zuvor in diesem Spiel. Endlich war er da, der Profi von Manchester United.

Trainer Alberto Zaccheroni hatten Kagawa zu Beginn auf die Bank gesetzt. Es war die Reaktion auf dessen furchtbar schwache Leistung gegen die Elfenbeinküste, und doch war es eine mutige Entscheidung. Für Japan ging es nach der Niederlage gegen die Afrikaner schon um alles.

Ob mit oder ohne Kagawa, Japan hat bei dieser WM große Probleme, Tore zu schießen. Gegen lange Zeit in Unterzahl spielende Griechen kamen die Asiaten nur zu einem 0:0. "Wir haben unsere Chancen einfach nicht nutzen können. Vor dem Tor hat uns die Entschlossenheit gefehlt", sagte Zaccheroni später. Beide Mannschaften weisen nach zwei Partien einen Punkt auf, das Remis bringt keinen von beiden weiter. Auch wenn beide am letzten Spieltag noch den Sprung ins Achtelfinale schaffen können. Gewinner des Tages war Kolumbien, das nach seinem 2:1-Erfolg gegen die Elfenbeinküste und dem Remis der Konkurrenten das Achtelfinale erreicht hat.

Brasiliens nordöstliche Stadt Natal hatte sich gefreut aber auch gewundert über die zahlreich angereisten Gäste aus Japan an diesem Donnerstag. Die Stadt schien ausgebucht zu sein, und Japaner gelten als durchaus spendierfreudig. Allerdings ging die Geschichte um, dass die allermeisten bereits am Freitag wieder abreisten. Und das, obwohl Natal eine nette Stadt mit paradiesischen Stränden sei. Die Reisegewohnheiten der Japaner sind eben gewöhnungsbedürftig.

Im Estadio Das Dunas stellten die blau gewandeten Japaner dennoch nur die zweitgrößte Fangemeinde. Am hellsten strahlte das gelbe Trikot Brasiliens von den Blöcken. Die Heimischen unterstützen immer und überall ihre Seleção, selbst wenn diese gar nicht spielt.

Die Griechen wehren sich nur im Training

Es war ein Spiel der Fehlstarter gewesen, auch die Griechen hatten das erste Spiel verloren, 0:3 gegen Kolumbien. Kurz darauf rumorte es beim Training. Giannis Maniatis und Giorgios Tzavellas hatten sich derart heftig gestritten, dass nur das Einschreiten von Mitspielern ein handfestes Raufen verhinderte. Maniatis wollte abreisen, wieder mussten ihn die Kollegen zur Vernunft bringen.

Maniatis begann gegen Japan dann im Mittelfeld, als Teil einer zunächst sehr schüchternen griechischen Elf. Von wegen Streitlust. Sie schauten den Japanern aus der Ferne beim Passen zu, überließen dem Gegner das Zentrum des Spielfelds und griffen erst am eigenen Sechzehner ernsthaft ein. Manchmal vergaßen sie selbst das. Yuya Osaka, der vom TSV 1860 zum 1. FC Köln wechselnde Stürmer, hatte die beste Chance für Japan nach 21 Minuten, sein Schuss zog am rechten Pfosten vorbei.

Die Fans warten lieber am Kiosk

Für Griechenland begannen nun schicksalhafte Minuten. Zuerst verletzte sich Stoßstürmer Konstantinos Mitroglou an der Hüfte und musste ausgewechselt werden, für ihn kam der frühere Bundesliga-Stürmer Theofanis Gekas, inzwischen 34 Jahre alt. Dann trat einer der letzten EM-Helden von 2004 zweimal gegen ein japanisches Bein, Kapitän Konstantinos Katsouranis flog mit Gelb-Rot vom Platz. Das bewog Trainer Fernando Santos, na klar, den zweiten EM-Helden von 2004, Georgios Karagounis, einzuwechseln.

Die Unannehmlichkeiten lösten bei den Griechen offenbar ein paar Bremsen, plötzlich wagten sie sich nach vorne. Die beste Chance der ersten Halbzeit vereitelte allerdings Japans Torwart Eiji Kawashina, Vasileios Torosidis hatte im Strafraum abgezogen.

Auch der erste Torschuss der zweiten Halbzeit ging auf die Griechen. Es passierte so schnell, dass die meisten Zuschauer in den gelben Trikots noch am Kiosk standen, man wollte wenigstens nicht hungern und dursten bei einem derart langweiligen Kick. Georgios Samaras, inzwischen Kapitän der Griechen, hoffte, dass auch der japanische Torwart noch am Kiosk stand, er schoss direkt vom Anstoß weg einfach drauflos. Der Ball flog am Tor vorbei.

Wo die wackeren Karagounis, Sokratis und Manolas wachen

Es entwickelte sich eine Partie, in dem die Japaner trotz der Überzahl kaum einen Weg in den Strafraum fanden, wo die wackeren Karagounis, Sokratis und Manolas wachten. Die Griechen hofften derweil auf eine Standardsituation, Japans Torwart Kawashima musst aber nur bei einem Kopfball von Gekas eingreifen (60.). Erst mit der Einwechslung Kagawas änderte sich das Geschehen.

Plötzlich war da einer, der den Ball auch in den vorderen Reihen gegen die kantigen Gegenspieler verteidigte, der ein paar Ideen hatte. Zum Beispiel für einen wunderbaren Pass auf Atsuto Ushida, dessen Hereingabe Yoshito Okubo allerdings übers Tor drosch (67.). Kurz darauf hätte der Schalker Ushida fast den Dortmunder (!) Sokratis überrascht, wieder ging der Ball daneben.

Bis zum Ende rannten die fleißigen Japaner an, angefeuert von ihrem nie aufgebenden Anhang. Yasuhito Endo versuchte es noch mit einem braven Freistoß, Torwart Orestis Karnezis hielt (88.). Am Ende ging ein weiterer, für Natal in diesen WM-Tagen so typischer Regen darnieder. Vor allem die Brasilianer machten sich schnell auf zum Kiosk.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: