Janckers trauriger Auftritt in Japan:Made in Germany

Von Klaus Hoeltzenbein

Aus China kommt die Kunde, dass Carsten Jancker das Land in Kürze verlassen wird, doch sollten sie sich dort überlegen, ob sie sich den Abschied leisten können. Vielleicht ist gerade Jancker die Lösung eines Problems, das Yao Ming soeben in der Zeitung China Daily ansprach: Seine Landsleute mögen sich für Olympia 2008 ein bessere Benehmen aneignen, ,,ich schlage vor, daran zu arbeiten''. Selbst kann Yao Ming diesen Prozess kaum begleiten, der populärste Sportler des Landes lebt in den USA, er spielt Basketball für die Houston Rockets. Wobei es sich nicht geziemt, den Chinesen Ratschläge zu geben (über die korrekten Manieren, wenn Pudel oder Pinscher auf den Tisch kommen, können sie nur selbst befinden). Es geht darum, Janckers Vorzüge zu preisen, er könnte einspringen als eine Art Benimm-Botschafter, als neuer Knigge von China.

Nun gut, man müsste vielleicht ein klein wenig die Biografie frisieren (,,Ich trage Glatze, weil ich meine Locken nicht leiden kann''), aber mal ehrlich, bei wem ist das nicht so? Und kann es eine bessere Empfehlung als diese geben: Seit 1993 ist Jancker Fußball-Profi, doch die erste rote Karte - hier in Deutschland mag es kaum jemand glauben - hat er sich jüngst bei seinem Gastspiel für Shenhua Shanghai geholt, jenen Klub, den er jetzt überstürzt verlassen will. Gewiss, Stürmer Jancker schießt kaum noch Tore, aber darauf hätten die Chinesen nun wirklich selbst kommen müssen, diese Daten sind leichter zu besorgen als ein paar Made-in-Germany-Blaupausen für Großraumflugzeuge oder den Transrapid. Und dass er einen Trainer einst im Jubelrausch im Stadion bedrängte (,,Vogts, du Arschloch!''), nur weil dieser, als er noch Bundestrainer war, die Talente des Stürmers ignorierte, zeigt doch, dass er Erfahrung hat mit Themen, an denen Yao Ming gelegen ist: ,,In Restaurants sollte leiser geredet werden, um andere Gäste nicht zu stören.''

Also, Chinesen, schaut auf diesen Mann! Die Japanerinnen haben's auch getan. Nachdem Jancker bei der WM2002 das ungemein wichtige 4:0 gegen Saudi-Arabien erzielt hatte, riss er sein Trikot über den Kopf und präsentierte einen makellosen Waschbrettbauch. Fortan stand er dort im Rang von Tom Jones und David Beckham, war also ein Sexsymbol. Womöglich noch ein Grund, weshalb Yao Ming nun bittet, in Peking 2008 die Athleten nicht zu sehr zu bedrängen.

Übrigens: 2002 warteten die Japanerinnen so sehnsüchtig wie vergeblich auf ein zweites Jancker-Tor. Während die Verteidiger erleichtert feststellten, dass einer zwar so respekteinflößend wie furchterregend aussehen mag, aber eigentlich ganz harmlos ist.

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