Jan Ullrich und Doping:Gefangener auf Lebenszeit

Jan Ullrich gesteht Fuentes-Behandlung

Jan Ullrich ist längst kein Radprofi mehr, seine Dopingvergangenheit verfolgt ihn noch immer (Archivfoto aus dem Jahr 2006)

(Foto: dpa)

Jan Ullrichs Dopingsperre läuft ab. Im Grunde hatte sie nur symbolischen Wert, da der Radprofi längst im Ruhestand ist. Trotzdem ist es wichtig, dass es diese Sperre gegeben hat. Denn Ullrich versucht noch immer, dass so wenig Schatten wie möglich auf seine Vergangenheit fällt.

Ein Kommentar von Thomas Hahn

An diesem Donnerstag läuft die Dopingsperre von Jan Ullrich ab, und es kann durchaus sein, dass sich der eine oder andere von dieser Nachricht überrumpelt fühlt. Jan Ullrich war gesperrt? Ist der Tour-de-France-Gewinner von 1997 nicht sowieso längst raus gewesen aus dem Radsport? Denn es stimmt, Ullrich hat schon 2007 sein Karriere-Ende erklärt, nachdem ihn sein Team T-Mobile im Sommer zuvor wegen Dopingverdachts infolge der Ermittlungen spanischer Behörden suspendiert hatte.

Die Zwei-Jahres-Sperre, welche der Sportgerichtshof Cas im vergangenen Jahr wegen Ullrichs Verbindung zum Doping-Arzt Eufemiano Fuentes rückwirkend aussprach, traf das frühere Idol mitten im Ruhestand. Sie hatte im Grunde nur symbolischen Wert.

Es ist trotzdem nicht ganz unwichtig, dass es 2012 diese Sperre gegeben hat und dem ehemals gefeierten Ullrich diverse Ergebnisse rückwirkend wegen Dopings aberkannt wurden. Genauso wenig war es unwichtig, dass der französische Senat kürzlich die Nachuntersuchungen der Tour de France 1998 präsentierte und dabei auch Ullrich als Doper offenbarte. Alles, was den Verdacht offiziell bestätigt, ist wichtig, weil nur so eine Chance besteht, dass selbst eingefleischte Radsport-Liebhaber verstehen, welchen Kern auch die Wahrheit der schillernden Ullrich-Karriere hatte. Und das wiederum ist wichtig, damit die geschichtlichen Tatsachen des Sports nicht in einem Nebel aus beliebigen Deutungen und Dementis verschwinden.

Hinter dem Unwissen der Leute kann sich ein früherer Doper ganz gut verstecken, und Jan Ullrich will ganz offensichtlich, dass so wenig Schatten wie möglich auf seine Vergangenheit fällt. Er ist mittlerweile als Profi-Hobbyradler unterwegs. Amateure können Touren mit ihm buchen, er hat Auftritte bei Volksrennen, auf Trikot und Homepage hat er seine Sponsoren gut sichtbar platziert.

Die Sportkarriere geht also irgendwie doch weiter, und da passt es natürlich nicht so gut, wenn den Lebenslauf alle möglichen Doping-Vergehen belasten. Das ist wohl auch der Grund dafür, dass Jan Ullrich sich bisher nur sehr oberflächlich am Reigen der heilsamen, wenn auch teilweise verspäteten Sportler-Geständnisse beteiligt hat.

Auch Jan Ullrich muss weitermachen dürfen in seinem Leben, das ist so klar, dass man darauf gar nicht erst hinweisen muss. Und wenn er wirklich glaubt, dass seine Art der Rückschau seinem beruflichen Fortkommen zuträglich ist - bitteschön. Aber Jan Ullrich kann nicht die Anerkennung in Anspruch nehmen, die ihm ein vernünftiges Geständnis zur rechten Zeit gebracht hätte. Ob er nun gesperrt ist oder nicht: Jan Ullrich bleibt ein Gefangener seiner Geschichte.

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