Legendäre Bayern-Versammlungen:"Für die Scheißstimmung seid ihr doch zuständig"

Auf Jahreshauptversammlungen des FC Bayern gab es viele legendäre Momente. Ein Rückblick von Hoeneß' Ausraster bis zu Rummenigges Gedicht.

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2002

HV FC BAYERN MÜNCHEN FRANZ BECKENBAUER

Quelle: DPA/DPAWEB

Als Franz Beckenbauer noch Bayern-Präsident war, war er bekannt für seine launig-charmante Art der Versammlungsleitung. Bei der Jahreshauptversammlung 2002 drohte die Stimmung aber kurzzeitig zu kippen. Der Verein wollte den Fußball-Bereich in eine Kapitalgesellschaft ausgliedern. Als in der Olympiahalle Pfiffe und Buhrufe ertönten, entschloss sich Beckenbauer, die Abstimmung zur Vertrauensfrage über die gesamte Führungsmannschaft zu machen. "Diejenigen, die mit Nein stimmen, sind die, die dem Präsidium nicht vertrauen", rief Beckenbauer den Mitgliedern warnend zu. Doch wenig später herrschte schon wieder Harmonie: 92 Prozent folgten dem Weg des Präsidiums.

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2007

Jahreshauptversammlung FC Bayern München

Quelle: dpa

Auf der Jahreshauptversammlung 2007 wurde eigentlich debattiert, ob Ottmar Hitzfeld noch der richtige Trainer für den FC Bayern ist. Als einige Mitglieder dann aber an den Eintrittspreisen und der mäßigen Stimmung in der Arena herummäkelten, in der die Münchner seit dem Umzug 2005 ihre Heimspiele bestreiten, platzte Uli Hoeneß - damals noch Manager, nicht Präsident - der Kragen.

"Für die Scheißstimmung seid ihr doch zuständig und nicht wir", wütete Hoeneß.

Buhrufe im Publikum.

Hoeneß weiter: "Das ist doch unglaublich. Was glaubt ihr eigentlich, was wir das ganze Jahr über machen, damit wir euch für sieben Euro in die Südkurve gehen lassen können?"

Wieder Buhrufe.

"Was glaubt ihr eigentlich, wer euch das alles finanziert? Die Leute in den Logen, denen wir die Gelder aus der Tasche ziehen. Ohne die hätten wir nämlich keine Allianz Arena (...)."

Beckenbauer versucht sich einzuschalten - vergeblich.

Hoeneß: "Was glaubt ihr eigentlich, wer ihr seid?"

Beckenbauer versucht es erneut - vergeblich.

Hoeneß: "Es kann doch nicht sein, dass wir hier kritisiert werden, dafür dass wir uns seit vielen Jahren den Arsch aufreißen. Dass wir dieses Stadion hingestellt haben. Aber das hat 340 Millionen Euro gekostet. Und das ist nun mal mit sieben Euro in der Südkurve nicht zu finanzieren."

Auch zum TSV 1860 hat Hoeneß einen Seitenhieb parat: "Hört auf zu erzählen, bei 1860 ist alles besser. Da ist gar nichts besser, der Verein ist praktisch pleite und wir haben ihn am Leben erhalten."

Und an die eigenen Fans gerichtet: "Ihr wollt Ribéry, ihr wollt den Luca Toni, ihr wollt keinen Champagner in den Logen, ihr wollt nix, ihr wollt gar nix - ihr wollt aber die besten Spieler der Welt."

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2009

Karl-Heinz Rummenigge

Quelle: dpa

Ebenfalls ein legendärer Moment: Das Gedicht, mit dem sich Vorstandsboss Rummenigge auf der Versammlung 2009 bei Ehrenpräsident Franz Beckenbauer bedankte. Lesen und staunen:

"Lieber Franz, ich danke Dir

Ich danke Dir, ich danke Dir sehr

Ich danke Dir, das fällt uns nicht schwer

Ich danke Dir, danke Dir ganz toll. Weiss gar nicht, was ich alles sagen soll

Ich danke Dir, Du bist ein Schatz

Dies sage ich Dir in diesem Satz

Ich danke Dir, das fällt nicht schwer

Danke, danke, danke sehr

Und ein spezielles Dankesehr an 1860 für die Watschn an Dir."

Ebenfalls zur Geschichte gehört: Rummenigge hatte sich beim Verfassen seiner Reime im Internet bedient, die Urheberin verklagte Rummenigge daraufhin - der FC Bayern und die Frau aus Hessen einigten sich außergerichtlich.

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2012

FC Bayern München Uli Hoeneß

Quelle: dpa

Auf der Jahreshauptversammlung 2012 ging es weniger lyrisch zu. Stattdessen fiel Uli Hoeneß mit einer Anekdote über David Alaba auf. Hoeneß erzählte, er habe eines Tages den Gerüchten nachgehen wollen, dass Alaba zusammen mit Franck Ribéry gerne mal nachts in München unterwegs sei.

Als Hoeneß Alaba konfrontierte, habe dieser geantwortet: "Ja woo?"

Hoeneß darauf: "Im H'ugo's und dann später im P1."

Daraufhin Alaba im Wiener Dialekt: "Herr Präsident, darüber muss ich nochdenkn."

Als Hoeneß tags darauf noch einmal nachfragte, habe Alaba gesagt: "Da muss der Ribéry mit einem anderen Schwoazn unterwegs gwesn sein."

Die anwesenden Bayern-Fans fanden das lustig, sehr sogar. Die ganze Halle lachte.

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2013

Jahreshauptversammlung FC Bayern München

Quelle: dpa

Auf der Versammlung 2013, als Hoeneß sich bereits als Steuerhinterzieher selbst angezeigt hatte, brach es aus ihm heraus. Er verdrückte auf der Bühne ein paar Tränen, erklärte schließlich: "Ich habe einen großen Fehler gemacht." Um aber gleich hinterher zu schieben: "Ich habe über all die Jahre zig Millionen an persönlichen Einnahmen versteuert, ich habe über fünf Millionen Euro an soziale Einrichtungen gespendet." Aber er wolle sich damit "nicht reinwaschen" und werde sich "den Konsequenzen stellen".

Sobald das Urteil gesprochen sei, werde er darum bitten, "eine außerordentliche Hauptversammlung einzuberufen, und ich werde Ihnen dann die Vertrauensfrage stellen. Ich möchte in Ihre Hände die Frage legen, ob ich noch der richtige Präsident für diesen Verein bin". Wie das endete, ist bekannt: Hoeneß wurde zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt, saß davon 21 Monate ab. Sein Amt als Bayern-Präsident übergab er an Karl Hopfner.

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2016

Jahreshauptversammlung FC Bayern München

Quelle: dpa

Auf der Hauptversammlung 2016 kehrte Hoeneß zurück. "Dass ich heute hier stehen darf, verdanke ich meinen zwei Familien. Zum einen meiner Frau, meinen Kindern und Enkelkindern. Und dann der Familie des FC Bayern", sagte Hoeneß, der offen über seine Zeit im Gefängnis sprach: "Ich habe geweint wie ein Schlosshund in meinem Bett, weil ich es nicht fassen konnte, dass es so viele Menschen gibt, die trotz dieser schwierigen Zeit hinter mir stehen. Das hat mich davon überzeugt, wieder zurückzukehren und mir die Kraft gegeben, diese schwere Zeit zu überstehen."

Kurz vor seiner erneuten Wahl zum Präsidenten sagte Hoeneß: "Ich respektiere jeden, der mir heute nicht seine Stimme gibt. Aber ich habe meine Strafe abgesessen und alle meine Schulden bis auf den letzten Cent - auch die Kirchensteuer - zurückgezahlt." Gewählt wurde er anschließend mit großer Mehrheit.

© SZ.de/ebc/chge/rus
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