Ivica Olic:1860 staunt über das Schlitzohr aus Davor

Ivica Olic 1860 am Ball Fussball 2 BL 28 07 2016 TSV 1860 München Training; Ivica Olic 1860 München Lackovic/Imago

"Die jüngeren Spieler fragen mich jetzt schon: ,Wie kann man mit so vielen Jahren noch so fit sein?'": Ivica Olic, mit 36 durchtrainiert wie eh und je.

(Foto: Lackovic/imago)

Ivica Olic bringt die Löwen-Fans bereits an seinem zweiten Trainingstag zum Jubeln. Und die jungen Spieler fragen: "Wie kann man mit so vielen Jahren noch so fit sein?"

Von Johannes Kirchmeier

Er war einer der stärksten Stürmer der Welt, als er zum TSV 1860 München kam. Jedes Kind kannte seinen Namen. Denn drei Jahre zuvor hatte er die meisten Tore bei der Weltmeisterschaft in Frankreich geschossen. Er spielte bei Real Madrid und beim FC Arsenal. Und dann, kurz vor dem Karriereende, wechselte er zum TSV 1860 München. Die Sechziger-Fans begrüßten ihren kroatischen Zugang euphorisch: Davor Suker wurde im November 2001 ein Löwe. Im Winter seiner Karriere schoss er allerdings nur noch fünf Tore in 25 Spielen.

Inzwischen spielt der Klub aus Giesing nicht mehr in der Bundesliga, sondern eine Liga tiefer. Aber ein kroatischer Stürmer mit Erfahrung auf der Weltbühne kommt immer noch gerne zum TSV 1860. Dieses Mal heißt er zwar nicht Davor, aber er ist im kleinen kroatischen Örtchen namens Davor geboren: Die Rede ist von Ivica Olic, 36 - auch er wechselt nun in seinen späten Jahren als Fußballspieler nach München, wo er von 2009 bis 2012 schon einmal gespielt hatte, damals allerdings beim FC Bayern.

Und er will gleich den Eindruck erwecken, dass er mehr Tore schießen wird als Suker: "Wir wollen gemeinsam mehr erreichen als in den vergangenen Jahren hier. Das war zu viel Stress für den Verein." Nachdem 1860 zwei Jahre lang nur knapp nicht in die dritte Liga abstieg, soll dieses Jahr ein erfreulicheres, mindestens ein ruhigeres für den Klub werden.

Der Angreifer will weiter an seinem Ruf werkeln

Olic vermittelt diese Ruhe schon: Am Donnerstagmittag sitzt er lächelnd im Pressestüberl der Sechziger. Er lehnt sich zurück in den Ledersessel, beide Hände am Rand der Armlehnen, und sagt: "Ich freue mich auf die Zusammenarbeit." Diese Worte erwarten Vereine ja von einem Zugang. Als er dann auf seinen Vorgänger Suker angesprochen wird, sagt er weniger: "Er hat mir per SMS gratuliert." Mehr nicht. Vielleicht, weil Suker inzwischen Verbandspräsident in Kroatien ist und dort nicht unbedingt den besten Ruf genießt. Anders als Ivica Olic.

Der 36-Jährige gilt als Arbeiter auf dem Fußballplatz. Wer als Trainer Olic aufstellen durfte, konnte sich sicher sein, dass er einen lauf- und kampfstarken Spieler auf den Rasen schickt. Der Kroate sammelte in den vergangenen Jahren Spitznamen wie die Jugendlichen derzeit Pokémon: Nähmaschine, Duracell-Hase, Dauerläufer, Kilometerfresser, Pferdelunge oder Kampfschwein sind nur ein paar davon. Alle haben mit Olic' Einsatzbereitschaft zu tun, kaum einer beherzigte in den vergangenen Jahren Oliver Kahns Credo "Immer weiter" auf dem Platz so wie Ivica Olic.

Nun will der Angreifer weiter am Ruf werkeln, obwohl ihm der Rest des Teams viel Vorbereitungszeit voraus hat. Olic hat jedoch mit einem Privattrainer in Kroatien gearbeitet, sagt er. Und: "Die jüngeren Spieler fragen mich jetzt schon: ,Wie kann man mit so vielen Jahren noch so fit sein?'" Er beantwortet die Frage selbst: "An den Genen liegt es nicht, weil keiner in meiner Familie in dem Alter noch so viel gemacht hat. Ich glaube an eines: nur an Arbeit."

Vom Arbeiter aus Davor erwarten sie sich, dass er die junge Mannschaft auf und neben dem Platz führt. Trainer Kosta Runjaic betonte: "Ich habe mich voll für die Verpflichtung eingesetzt, weil wir einen Mix aus jungen Spielern und Typen brauchen. Ivica ist ein toller Typ, der neuen Schwung bringen wird."

Aigner im Blickfeld

Es verändert sich ja gerade viel bei den Löwen. Neben Olic durfte der Trainer bereits acht weitere neue Spieler begrüßen. "Dafür gilt natürlich auch dem Investor mein Dank, der diese Transfers erst möglich gemacht hat", sagte Runjaic. Und möglicherweise wächst der Dank bald ins Unermessliche: Dass der Jordanier Hasan Ismaik weitere Zugänge möglich machen könnte, deutete Runjaic bei der Pressekonferenz zumindest an.

Selbst Stefan Aigner ist wieder ins Blickfeld der Löwen geraten. Für den ehemaligen Jugendspieler des Vereins, der derzeit bei Eintracht Frankfurt in der Bundesliga spielt, müssten die Sechziger allerdings anders als für Olic eine ordentliche Ablösesumme bezahlen. Und sie müssten angesichts von Aigners Verdienst in Frankfurt einen enormen Posten auf der Gehaltsliste hinzufügen.

Sollte dieser Transfer, den sich viele Fans wünschen, wirklich über die Bühne gehen, ließe sich zweierlei daraus ableiten: Erstens, dass nun tatsächlich enorm viel Geld in den TSV 1860 fließt. Und zweitens, dass es in dieser Spielzeit doch um mehr gehen soll als nur um Sorgenfreiheit. Am Donnerstag galten aber erst einmal alle Blicke der etwa 100 Fans auf dem Trainingsgelände der Löwen ihrem aktuellen Zugang Olic.

Ist Olic noch so fit wie vor sieben Jahren?

Und der brachte sie an seinem zweiten Trainingstag bereits zum Jubeln: Beim 2:1-Sieg seines Teams im Abschlussspiel erzielte er ein Tor, legte eines vor - und bewies, dass er auch im höheren Fußballeralter noch ein Schlitzohr ist: Alleine vor Torwart Vitus Eicher bekam er den Ball, blieb cool und überlupfte Eicher, bevor er sich lächelnd wegdrehte. "Er hat seine Qualität angedeutet", freute sich Runjaic.

Kurz darauf hatte Olic die Chance auf ein weiteres Tor, als er den Ball wieder im Strafraum bekam. Er wartete aber zu lange und schoss einen Gegner an. Beobachten konnten die Fans am Donnerstag aber auch, dass sich Olic noch ein paar Auszeiten nehmen musste auf dem Feld: Jeden Sprint ist er noch nicht zu Ende gelaufen, es dauert schon noch ein paar Tage, bis er topfit sein wird.

Dann könnte er jedoch ein sehr wichtiger Spieler für die Sechziger werden, denn gerade in der kampflustigen zweiten Bundesliga braucht ein Verein Typen wie ihn. Und einleben braucht er sich in München ja nicht mehr groß: Er besitzt noch ein Haus in der Stadt, das er zu Bayern-Zeiten gekauft hat.

Die Frage ist nur, ob sein knapp 37-jähriger Körper im blauen Trikot immer noch so kämpfen kann wie sein 30-jähriger Körper im roten. Damals, 2010 unter Louis van Gaal, erlebte Olic ja den Höhepunkt seiner Karriere, als er im Champions-League-Viertelfinale erst in Manchester traf und dann im Halbfinale dreimal in Lyon. In der vergangenen Saison jedoch machte er lediglich zehn Spiele für den Hamburger SV.

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