Italiens Keeper Gianluigi Buffon:Überweisungen von fast 1,6 Millionen Euro

Die italienische Staatsanwaltschaft ermittelt wegen möglicher Wettmanipulationen. Torwart Gianluigi Buffon beschwerte sich heftig über die Razzien, nun fanden die Ermittler auf seinen Konten Geldtransfers in Höhe von fast 1,6 Millionen Euro und vermuten, dass diese Summen für Wetten flossen - die Karriere des Profis könnte dadurch kompromittiert werden.

Birgit Schönau, Rom

Gerade noch hatte Gianluigi Buffon sich im Trainingslager der Squadra Azzurra zur Europameisterschaft über jene Staatsanwälte in Cremona beschwert, die die Ermittlungen im italienischen Wettskandal führen. Der Kapitän der italienischen Nationalmannschaft und Weltmeister von 2006 beklagte sich, dass "die Verdächtigen aus der Zeitung erfahren, dass gegen sie ermittelt wird" und forderte, die Justiz müsse unterscheiden "zwischen unsportlichem Verhalten und Betrügern, hinter denen kriminelle Organisationen stehen".

Italiens Keeper Gianluigi Buffon: "Das ist eine Schande!" Gianluigi Buffon beschwert sich über die Razzien der Staatsanwaltschaft.

"Das ist eine Schande!" Gianluigi Buffon beschwert sich über die Razzien der Staatsanwaltschaft.

(Foto: AP)

Seit Donnerstagabend steht Buffon selbst im Mittelpunkt einer Wettaffäre. Die Staatsanwaltschaft in Cremona teilte mit, sie habe nach dem Hinweis der Finanzpolizei eine Untersuchung gegen den 34-jährigen Nationaltorhüter eingeleitet.

Nach einem Bericht der Finanzpolizei, der an die Staatsanwaltschaft in Turin und dann nach Cremona weitergeleitet wurde, wurden von einem Konto des Juve-Torwarts zwischen Januar und September 2010 Abgänge im Wert von rund 1,5 Millionen Euro verzeichnet. Die Finanzpolizei stellte angeblich fest, dass 14 Schecks zwischen 50.000 und 200.000 Euro auf den Inhaber eines Tabakladens in Parma ausgestellt wurden. Insgesamt soll der Tabakhändler, der auch Sportwetten betreibt, von Buffon 1,58 Millionen Euro erhalten haben.

Die Finanzpolizisten nehmen an, dass der Profi den Betrag für Sportwetten gezahlt hat. Falls sich dieser Verdacht erhärtet, hätte das für Gianluigi Buffon zwar keine strafrechtlichen Konsequenzen - Cremona wird wegen legaler Sportwetten kein Ermittlungsverfahren einleiten. Doch könnte die Karriere des Profis kompromittiert werden: Sportwetten sind italienischen Fußballern laut Verbandsstatut verboten.

Buffons Anwalt erklärte, das Geld sei "zum Schutze des persönlichen Vermögens" des Spielers in Immobiliengeschäfte geflossen. Doch fehlt dazu angeblich noch der Nachweis. Der Kapitän der Squadra Azzurra war schon vor der WM 2006 in Deutschland wegen seiner notorischen Wettleidenschaft ins Visier der Ermittler geraten. Damals konnte Buffon nachweisen, dass die beanstandeten 10 000 Euro von seinem Konto nicht zu Wettzwecken abgegangen waren.

Die Affäre um den Kapitän erreichte die Azzurri am Abend vor dem einzigen EM-Testspiel an diesem Freitag in Zürich gegen Russland. Der geplante Test gegen Luxemburg war am Dienstag wegen des Erdbebens in Norditalien abgesagt worden. Am Pfingstmontag hatte die Polizei in einer spektakulären Razzia Nationalspieler Domenico Criscito (Zenit St. Petersburg) einen Ermittlungsbescheid wegen des Verdachts auf Sportbetrug überbracht.

Criscito war daraufhin von Nationaltrainer Cesare Prandelli aus dem EM-Kader gestrichen worden. Das Gerücht um einen weiteren Ermittlungsbescheid gegen Nationalverteidiger Leonardo Bonucci (Juventus Turin) bestätigte sich bislang nicht.

Auch am Donnerstag blieb Stefano Mauri, Kapitän von Miroslav Kloses Klub Lazio Rom, in Untersuchungshaft. In einem ersten Verhör hatte Mauri die gegen ihn erhobenen Vorwürfe wegen Wettbetrugs zurückgewiesen. Die Indizien gegen ihn scheinen indes erdrückend zu sein. Sollten Mauri die Vergehen nachgewiesen werden können, riskiert Lazio Rom einen drastischen Punktabzug und damit die Teilnahme in der Europa League in der kommenden Saison.

Staatsanwalt Roberto Di Martino, der in Cremona die Untersuchungen führt, erklärte, er habe keineswegs die Absicht, die italienischen EM-Vorbereitungen zu stören. Deshalb habe er eigens den Saisonabschluss der ersten beiden Ligen abgewartet. Ein Ende der Ermittlungen sei nicht abzusehen: "Ich habe das Gefühl, wir müssen ein Meer mit einem Teelöffel leeren." Bereits jetzt verzeichnet die Staatsanwaltschaft eine "verheerende, ethische Verschmutzung des italienischen Fußballs".

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