So eindeutig war die Überlegenheit der Mailänder Truppe, so unübersehbar das schüchterne Dilettieren der sonst so erfrischenden Neapolitaner, dass man schon ein Schelm sein muss, um Böses dabei zu denken. Und doch ereilen Berlusconi jetzt nur die Geister, die er selber rief. Denn der Milan-Boss ist nicht nur der Papi aller Verschwörungstheorien ("Kommunistische Schiedsrichter haben uns um zwei Meistertitel betrogen"), er tut auch gerne so, als sei er in Personalunion der eigentliche Milan-Trainer und der wichtigste Spieler.
Zum 25.Thronjubiläum des nach Selbsteinschätzung "erfolgreichsten Fußballpräsidenten der Welt" mussten Pato und Co. beim Auswärtsspiel gegen Chievo Verona ein Trikot mit dem Schriftzug "20.Februar 1986 bis 20.Februar 2011" tragen, verziert mit einem Autogramm ihres Arbeitgebers, der Milan an jenem Tag im Jahre '86 kaufte. Neben Berlusconis Mädchen, über die sich die halbe Welt amüsiert, gibt es eben auch noch Berlusconis Jungs, und über die lacht bitteschön keiner. Die haben gefälligst zu gewinnen (und kommende Woche wenigstens das Viertelfinale der Champions League zu erreichen - trotz der ernüchternden 0:1-Niederlage im Hinspiel zu Hause gegen Tottenham).
Markig gab also der Presidente die Losung aus: "Wir sehen uns heute Abend, wenn Milan den Süden schlägt." Ein echter Berlusconi, ebenso unsinnig wie unbedacht, so etwas zwei Wochen vor dem Nationalfeiertag zu 150 Jahren italienischer Einheit zum Besten zu geben vor artig klatschenden Unternehmern aus der Lombardei. Prompt wurde der Süden geschlagen und ist nun mächtig verschnupft. Gestandene Parteigänger kündigten an, beim Rückspiel gegen Tottenham den Engländern die Daumen zu drücken - das riecht nach offener Meuterei.
"So hätte Berlusconi niemals zu reden gewagt, als er vor drei Jahren auf der Welle der neapolitanischen Müllkrise ritt und Premierminister wurde", klagte IlMattino und hielt dem Regierungschef vor, er habe in Neapel "wie alle Nordlichter nur die Folklore gesehen", die Stadt aber niemals verstanden. An seinem Hofe halte er sich den Barden Mariano Apicella, "vielleicht der einzige Neapolitaner, der nicht singen kann", ansonsten bediene Berlusconi nur die Interessen des Nordens. "Er ist ein Showmann, der einfach nicht wusste, was er sagt", lautet das schneidende Urteil des SSC-Neapel-Präsidenten Aurelio De Laurentiis, der sich als Filmproduzent in der Branche fast so gut auskennt wie sein Gegenspieler. Staatsmännisch fügt der Showmann aus Neapel hinzu: "Es gibt nicht den Norden und den Süden, sondern nur ein Italien." Außer, wenn Milan gegen Napoli spielt.