Istaf in Berlin:Kostümprobe mit Weltbestzeit

Berlin Leichtathletik athletics Track and Field ISTAF Berlin 2019 01 09 2019 Olympia Stadion B

Wie beflügelt: Schneller als Gesa Krause über 2000 Meter Hindernis war noch niemand über diese Strecke, weltweit.

(Foto: Chai v.d. Laage/imago)

Die Leichtathleten stimmen sich beim Istaf auf die WM ein: Gesa Krause läuft Weltbestzeit über 2000 Meter Hindernis.

Von Johannes Knuth, Berlin

Es dauerte nicht lange, ehe die 40 500 Anwesenden am Sonntag im Berliner Olympiastadion begriffen hatten, dass nun etwas Besonderes in der Luft lag. Runde für Runde hatten sich die beiden Läuferinnen an der Spitze einem immer schnelleren Tempo verschrieben, und weil sie einfach nicht langsamer wurden - Winfried Mutile aus Bahrain und die Deutsche Gesa Krause - war spätestens vor den letzten 400 Metern klar, dass jetzt sogar die Weltbestzeit greifbar war. Und tatsächlich: Krause nahm vor dem letzten Wassergraben noch mal Schwung, sie katapultierte sich vom Balken an die Spitze und schaute nicht mehr zurück: Platz eins in 5:52,80 Minuten über 2000 Meter Hindernis, so schnell war noch niemand über diese Strecke gewesen, weltweit. "Ich bin richtig beflügelt, ich konnte gar nicht aufhören zu laufen", sagte Krause später, und das hatte man schon auf der Ehrenrunde gesehen: Da war sie einfach weitergerannt, mit der deutschen Fahne in der Hand.

Diskus-Olympiasieger Christoph Harting scheitert im Vorkampf

Das Internationale Stadionfest in Berlin, kurz: Istaf, ist für die Leichtathleten für gewöhnlich der Jahresabschluss, aber die Weltmeisterschaften wurden diesmal wegen der großen Hitze im Wüstenemirat Katar in den Herbst geschoben (ab 27. September). So umgab das größte deutsche Leichtathletik-Meeting am Sonntag das Flair einer Kostümprobe. Und der Bringer war natürlich Gesa Krause mit ihrer Weltbestzeit über eine selten gelaufene Distanz, auf der auch kein Weltrekord geführt wird, aber das nahm dem Ereignis kaum an Kraft. Die 27-Jährige hatte schon am Donnerstag, beim ersten Final-Meeting der Diamond League in Zürich, ihren deutschen Rekord über 3000 Meter Hindernis auf 9:07,51 Minuten gedrückt, in Berlin deutete sie erneut an, dass sie eines Tages sogar die neun Minuten unterbieten könnte. "Die Form ist auf jeden Fall da, ich will es in Doha der Konkurrenz schwermachen", sagte Krause - bei der WM 2015 hatte sie das schon geschafft, als Dritte. Wie Krause überzeugten am Sonntag vor allem diejenigen, die vor einem Jahr bei der Berliner EM auf einem Teppich an Emotionen zu Erfolgen gesurft waren: Malaika Mihambo gewann im Weitsprung mit 6,99 Metern, Hochspringer Mateusz Przybylko schien sich nach einer schweren Saison mit einem Mal alle Sorgen aus den Knochen zu schütteln: Platz eins mit 2,30 Metern. Auch die 4x100-Meter-Staffel der Frauen hinterlegte eine starke Bewerbung für die vorderen Plätze in Doha - diesmal in 41,67 Sekunden, Weltjahresbestzeit.

Nicht alle Pläne gingen auf, so wie sich das für eine Generalprobe gehört. Johannes Vetter, der Speerwurf-Weltmeister, gewann mit 85,40 Metern und zeigte immerhin, dass er seine Verletzungssorgen abgeschüttelt hat, Gina Lückenkemper, vor einem Jahr in Berlin umjubelte EM-Zweite, wurde über 100 Meter Vierte (11,15 Sekunden). "Solide, aber da geht noch einiges mehr", sagte sie. Christoph Harting wäre derweil wohl schon über einen soliden Wettkampf mit dem Diskus froh - diesmal wurden es 60,06 Meter und das Vorkampf-Aus für den Olympiasieger. Bleibt die Frage, ob er mit dieser Form überhaupt zur Doha-WM reisen wird. Noch hat ihn der deutsche Verband nicht nominiert, trotz erfüllter Norm. Am Sonntag verließ Harting das Stadion laut pfeifend, sagen wollte er zu all dem nichts - und das will er bis zu Olympia in Tokio so halten.

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