Ironman in Hawaii:Erfolg der deutschen Tüftler

Jan Frodeno

Nach acht Stunden, 14 Minuten und vierzig Sekunden im Ziel: Jan Frodeno

(Foto: AP)

Der zehrende Ironman ist zu einer deutschen Domäne geworden. Weil die Triathlonwelt keine Gemeinschaft der Abenteurer mehr ist, sondern es auf Details ankommt wie in der Formel 1.

Kommentar von Johannes Knuth

Vielleicht liegt es ja an einem gewissen Hang zum Jähzorn. Als Zehnjähriger, hat Sebastian Kienle neulich der Welt erzählt, warf er im Tischtennisverein oft aus Frust den Schläger durch die Gegend. Irgendwann schlossen sie ihn aus, Kienle entdeckte den Triathlon, in dem er zu sich (und zu einigen Erfolgen fand). Auch bei den Frodenos flogen früher einige Mensch-Ärger-Dich-Nicht-Figuren durch die Wohnung. Am Samstag hat Jan Frodeno auf Hawaii nun einen der größten Titel erworben, die der Sport im Sortiment führt; drei weitere Deutsche fanden den Weg unter die besten zehn: Andreas Raelert, Titelverteidiger Kienle und Boris Stein.

Gut, etwas mehr als Jähzorn wird schon dahinterstecken, dass der Ironman, eines der zehrendsten Ressorts der Ausdauerbranche, eine deutsche Domäne ist. Oder besser: geworden ist. Die Welt der Langdistanz war ja lange zerfallen in Amerika und Australien sowie den Rest. Erst in den 90er Jahren leiteten die Thomas Hellriegels, Lothar Leders und Jürgen Zäcks auf dem Podium in Kailua Kona einen Kulturwandel ein, der bis heute anhält. Wie kommt's?

Getüftelt wie in der Formel 1

Die Triathlonwelt hat sich längst gewandelt. Sie ist nicht mehr bloß eine Gemeinschaft der Abenteurer, sondern eine Welt der Tüftler, ein bisschen wie in der Formel 1. Viele Athleten suchen im Windkanal stundenlang nach der richtigen Position auf dem Rad und experimentieren wochenlang mit verschiedenen Reifenbelägen. Das schenkt ihnen ein, zwei Sekunden pro Kilometer, aber aus Sekunden werden im Ironman schnell Minuten.

Es schadet der deutschen Szene bestimmt auch nicht, dass mittlerweile viele Breitensportler in diesem nicht ganz billigen Metier ihr Abenteuer suchen, die an der gleichen Startlinie stehen wie die Profis und sich mit der Spitze austauschen. Aus diesem Pool wurden der Elite zuletzt immer wieder Talente zugeführt. Frodeno ist so etwas wie der perfekte Hybridathlet in dieser Schmerzkultur: Mit seinem leichten Athletenkörper, mit dem Hang zum Tüfteln, mit dem Drang, im monotonen Leiden sein Glück zu suchen.

Man kann nur hoffen, dass die Mehrheit der Szene dabei auch jene Anti-Doping-Haltung verfolgt, die Frodeno für sich beansprucht: "Ich sehe den Sport als Traumjob, als absolutes Privileg. Und dieses Privileg ist, wie ich finde, mit dem Betrug verspielt. Ich bin auch absolut dafür, dass Ersttäter lebenslang gesperrt werden", sagt er.

Sie werden sich auf der Langstrecke wohl fürs Erste an deutsche Erfolge gewöhnen müssen. In Hawaii ist die Altersklasse Ü30 bevorteilt, die das Ringen mit den extremen Bedingungen gewohnt ist. Kienle ist 31, Raelert sogar 39, er will wiederkommen, auf der Jagd nach dem perfekten Tag. Und auch Jan Frodeno ist mit seinen 34 Jahren nach den Maßstäben seines Sports quasi noch ein Talent.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: