Sportverbände und Nordkorea:Wieder kein Friedensnobelpreis

190216 LAUSANNE Feb 16 2019 International Olympic Committee IOC president Thomas Bach; Bach

IOC-Präsident Thomas Bach, mit Nordkoreas Sportminister Kim Il-guk (rechts) und seinem südkoreanischen Kollegen Do Jong-hwan im Februar 2019.

(Foto: imago/Xinhua)

IOC und Fifa sehen sich als Friedensstifter zwischen Nord- und Südkorea. Doch sobald es politisch ernst wird, entlarven sich die melodramatischen Inszenierungen.

Kommentar von Thomas Kistner

Kaum ist es da, das Olympische Jahr, muss das IOC mal wieder seinen größten Traum einmotten: Nix wird's mit dem Friedensnobelpreis! Was bei den Winterspielen in Pyeongchang 2018 noch melodramatisch inszeniert worden war mit einem gemeinsamen nord-/südkoreanischen Eishockey-Frauenteam, ist wieder dort gelandet, wo es leider hingehört: auf dem Boden der politischen Realität. Während Nordkoreas Herrscher Kim Jong-un der Welt per Silvesterbotschaft die Fortsetzung seines Atomprogrammes sowie die Inbetriebnahme einer neuen "strategischen Waffe" kundtat, teilte Asiens Fußballverband AFC zerknirscht mit, dass sich Nordkorea aus der Endrunde der Kontinentalqualifikation für das Olympische Frauenturnier in Tokio zurückgezogen habe.

Dabei waren die Kickerinnen des "kleinen Raketenmannes", wie US-Präsident Trump seinen On-Off-Lieblingskollegen Kim zu betiteln beliebt, Favoriten aufs Tokio-Ticket. In Gruppe A der Endausscheidung besetzten die Weltranglisten-Elften den Spitzenplatz; Spiele gegen Vietnam, Myanmar und Südkorea hätten sie vor keine große Herausforderung gestellt. Während Südkoreas Frauen noch nie bei Olympia spielten und die Rivalinnen aus dem Norden erst einmal in 19 Partien besiegten, nahmen die Damen aus Pjöngjang 2008 und 2012 am Ringe-Turnier teil.

Der Rückzug zeigt, was passiert, wenn sich der Sport nicht an die eigene oberste Prämisse hält, nach der er niemals mit der Politik vermischt werden dürfe: Er wird als globale Bretterlbühne entlarvt. Als kunterbunter, zunehmend schriller Marktplatz für Potentaten, die es mit der Demokratie nicht so genau nehmen und den Sport als Vehikel für Kampagnen betrachten. Zwar vermag der Große Vorsitzende Kim bei diesen stillen Hinterzimmerdeals die Sportfunktionäre nicht mit Milliarden-Füllhörnern aus dem heimischen Energiesektor zu ködern, wie es Russen, Araber und Chinesen immer stärker tun. Aber das braucht er nicht, denn er verfügt über einen Zugang zum Heiligen Gral - zu diesem Ding, das den Charme allen Geldes schlägt, seinen Besitzer als globalen Heilsbringer adelt und ihn nebenbei vor den Nachstellungen profaner weltlicher Justizapparate absichern kann: zum Friedensnobelpreis!

Um den buhlen die Sport-Weltverbände IOC und Fifa seit Jahrzehnten, sogar PR-Strategen schickten sie schon in die Schlacht um das verflixte Ding. Bis Mitte Dezember hatte der Fußballweltverband die Nase vorn, dann zog, nur Stunden vor Abgabeschluss, Südkorea den Stecker aus der gemeinsamen Bewerbung mit dem Norden um die Frauen-WM 2023: unüberbrückbar seien die Differenzen, hieß es. Und jetzt der olympische Blackout. Geplant waren gemeinsame Korea-Teams 2018 (Eishockey) und 2020 (Fußball) - und danach, ein kühner Traum: Gemeinsame Sommerspiele 2032 in Nord und Süd, Olympia für den Weltfrieden!

Aus der Traum vom Kommerzspektakel als Friedensstifter. Aber das wäre ohnehin ein origineller Spurwechsel in der Nobelpreishistorie: Patrone der globalen Schattenwirtschaft des Sports - Arm in Arm mit Menschenrechtlern, Friedenspolitikern, Atomgegnern. Falls es jemals so weit kommt, bliebe für echte Philantropen und Heilsbringer immerhin noch der Karnevalsorden Wider den tierischen Ernst. Der läge dann ja auf Augenhöhe.

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