Investor Ismaik über den TSV 1860:"Die haben zu viel von meinem Geld verloren"

Hasan Ismaik

Hasan Ismaik ist vielbeschäftigt - für seinen Fußballverein, den TSV 1860 hatte er zuletzt nicht immer Zeit.

(Foto: imago sportfotodienst)
  • Der Kontakt zu den Löwen galt als abgerissen, aber in der SZ spricht Hasan Ismaik.
  • Der Investor des TSV 1860 findet deutliche Worte über den Machtkampf mit dem Präsidium - und kündigt große Investitionen an.
  • Ismaik sagt: "Ich will im großen Stil investieren. Wir brauchen einen stärkeren Trainer. Und mehr Spieler."

Von Philipp Schneider

Schon erstaunlich, wie gut Hasan Ismaik auf einmal zu erreichen ist. Am Samstag wurde noch die Meldung als kleine Sensation gefeiert, dass der jordanische Investor erstmals seit Monaten überhaupt wieder mit den Verantwortlichen des Fußball-Zweitligisten TSV 1860 München gesprochen hatte. Und zwei Tage später? Klingelt Ismaiks Mobiltelefon in Abu Dhabi. Dreimal. Ismaik geht dran. Er sagt: "Hello?"

Fast eine Stunde Zeit nimmt sich Ismaik, er spricht sehr sanft. Seine entspannte Gemütslage bildet also einen interessanten Kontrast zur angespannten sportlichen Situation bei 1860 - wo ja seit Wochen bereits ein in der Öffentlichkeit ausgetragener Machtkampf tobt: Das Präsidium um Gerhard Mayrhofer möchte nach der schlimmsten Saison seit elf Jahren Gerhard Poschner entlassen, den Geschäftsführer Sport. Ismaik aber möchte dies verhindern, weil Noor Basha an Poschner hängt, Ismaiks Cousin und sein Statthalter in München. Oder doch nicht?

"Ich kenne Poschner nicht gut", sagt Ismaik. "Ich war zwei Jahre lang nicht täglich involviert im Klub. Sie alle haben mir gesagt: Vertrau' uns, wir werden sportlich einen großen Fortschritt machen. Aber ich habe zu Mr. Gerhard (Präsident Mayrhofer) gesagt: Ich muss zunächst verstehen, was du die letzten zwei Jahre gemacht hast. Warum ist das Team nicht gut? Ich will zuhören, und ich will das verstehen. Ich will nicht, dass mir jemand einfach sagt: ,Ich will Herrn Poschner nicht.' So funktioniert das nicht. Vor ein paar Monaten haben sie mich noch gebeten, ihn zu unterstützen. Ich habe ihnen vertraut und ihnen 15, 16 Millionen Euro gegeben. Und jetzt will ich von ihnen wissen, warum sie damals Poschner haben wollten? Und warum sie ihn jetzt wieder weg haben wollen?"

Wer nun dachte, die vergangene Saison sei Erklärung genug für die Scheidungswünsche der Vereinsverantwortlichen, der irrte. Es gibt offenbar noch ein weiteres Problem. Und bei diesem verliert Ismaik die Contenance. "Wir haben zu viel verloren in den letzen drei Jahren! Wir müssen Poschner bis 2017 bezahlen. Jetzt wollen sie ihn feuern. Wo ist da die Logik? Wir müssen ihm 500 000 Euro bezahlen! Wenn wir jetzt einen neuen Sportdirektor holen, soll er dann nach einem Jahr wieder gefeuert werden? Drei Millionen, vier Millionen! Einstellen, feuern, einstellen, feuern! Die haben zu viel von meinem Geld verloren! Notfalls zahle ich einem Geschäftsführer Sport sogar eine Million Euro jährlich. Aber nur, wenn er erfolgreich ist."

Zwei Grundprinzipien ziehen sich durch die Argumentationsstruktur des Geschäftsmannes, der inzwischen fast 50 Millionen Euro in einen Fußballverein investiert hat. Einen Klub, der eigentlich aufsteigen sollte in die Bundesliga, der zuletzt aber haarscharf an einem Abstieg in die dritte Liga vorbeischrammte. Tiefe Enttäuschung. Und totales Unverständnis über die relative Machtlosigkeit von Finanziers bei den Fußballklubs in Deutschland.

"Ich mag Gerhard, er ist ein guter Mann"

Aus dem Bauch des Löwen drang am Montag die Kunde, das Präsidium des TSV 1860 München werde definitiv und unabänderlich zurücktreten, sollte Ismaik einer Entlassung Poschners nicht zustimmen. Ein Szenario, das der Jordanier vorgeblich allerdings kaum fürchtet. Obwohl es ja ein Unternehmen ins Führungs-Chaos stürzen würde, das vor allem sein eigenes ist.

Ein Szenario, das auch die Deutsche Fußball Liga (DFL) wegen faktischer Untergrabung der 50+1-Regel auf den Plan rufen könnte. "Ich mag Gerhard, er ist ein guter Mann. Ich habe kein Problem mit ihm. Schneider (Vorsitzender des e.V.-Verwaltungsrats) ist auch ein guter Mann. Aber wenn sie den Verein verlassen wollen, kann ich sie nicht aufhalten."

Grundsätzlich, so Ismaik, ließe sich eine Ablösung Poschners verhandeln. Allerdings sei der "nur ein Angestellter, der vorerst weiterarbeiten wird". Sehr bald wolle er eine Sitzung des KGaA-Aufsichtsrats einberufen, um über Poschner und einen grundsätzlichen Business-Plan zu reden. Obwohl der Klub derzeit handlungsunfähig ist, weil Poschner keinerlei Transfers mehr tätigen soll, wird das Meeting wohl allerdings nicht allzu bald stattfinden.

"Ich warte", sagt Ismaik: "Ich kann nicht aus Abu Dhabi weg, denn in zwei Tagen ist Ramadan im Nahen Osten. Ich bin bei meiner Familie und kann nicht weg. Ich habe Mr. Gerhard gesagt: Er ist jederzeit willkommen in Abu Dhabi."

Grundsätzlich werde "es niemals besser werden bei 1860, solange nicht der ursprüngliche Plan geändert wird, der von Robert Schäfer (ehemaliger Geschäftsführer), Dieter Schneider (ehemaliger Vereinspräsident) und Hamada Iraki (ehemaliger Investorenvertreter) gemacht wurde", sagt Ismaik über drei Funktionsträger, an deren Ablösung er jeweils stark beteiligt war: "Die Vereinsvertreter haben zu viel zu sagen und machen zu viel Politik."

Und so könne er leider auch nicht sein Einverständnis zum Vorhaben der Vereinsvertreter geben, dass Felix Magath neuer Geschäftsführer Sport wird. "Sie haben mich nach Felix Magath gefragt. Ich habe gesagt, wir können darüber diskutieren. Aber ich habe ihn abgelehnt. Ein Berater hat mir gesagt: Magath wäre vielleicht der Richtige bei einem anderen Klub. Aber nicht bei 1860." Schon vor sechs Monaten habe er Magath allein deshalb abgelehnt, weil er Anteile an Sechzig erwerben wolle.

Und so wirkte Hasan Ismaik am Montag nicht gerade so, als habe er es sonderlich eilig bei den dringend anstehenden Personalentscheidungen. Er wolle zunächst einmal die am Sonntag anstehende Mitgliederversammlung abwarten, weil dann vielleicht ein neuer Verwaltungsrat gewählt wird. Und warum sollte er sich mit Leuten einigen, die schon bald wieder Geschichte sein könnten? "Ich warte jetzt erst die Wahl ab", sagt Ismaik: "Dann reden wir anschließend über die Mannschaft. Ich will im großen Stil investieren. Wir brauchen einen stärkeren Trainer. Und mehr Spieler."

Oder es findet sich ein Investor, der dem Jordanier ein Angebot für seine Anteile macht, das er nicht ablehnen kann? "Ich kann darüber nicht reden", sagt Hasan Ismaik. Er sagt nicht länger: Ich denke gar nicht daran, zu verkaufen.

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