Süddeutsche Zeitung

Investor Hasan Ismaik:Munteres Stühleräumen bei 1860 München

Die Personalflucht im Lager von Hasan Ismaik geht weiter: Auch die Juristin Anna Campbell verlässt den Aufsichtsrat von 1860 München - der Investor muss nun rasch drei Positionen mit mindestens zwei neuen Leuten besetzen. Denn auf der nächsten Sitzung im Januar sind elementare Fragen zu klären.

Von Gerald Kleffmann und Philipp Schneider

Es ist ja nicht so, als gäbe es gar keine positiven Schlagzeilen mehr, die das Leben und Wirken des Hasan Ismaik begleiteten. Der Investor des Fußball-Zweitligisten TSV 1860 München ist seit einigen Monaten als "Managing Director" beim Bauunternehmen Arabtec angestellt und als solcher vermutlich bestens beschäftigt. Neulich erst durfte er, sozusagen stellvertretend für seine Hauptfirma, einen Bauauftrag in Höhe von 631 Millionen US-Dollar verkünden.

Arabtec wird demnach auf einem 370 000 Quadratmeter großen Areal in Doha zehn Gebäude hochziehen. "Es ist eine Ehre für uns, an einem solch angesehenen Projekt mitzuarbeiten", ließ Ismaik in einer arabischen Wirtschaftszeitung mitteilen. Den Zustand seiner Zweitfirma im fernen München hat Ismaik hingegen schon länger nicht mehr öffentlich kommentiert, was allein deshalb erstaunlich ist, da dort das freiwillige Stühleräumen seiner Repräsentanten und Statthalter immer munterer wird.

Denn nun verabschiedet sich auch noch Anna Campbell von Ismaiks Sportprojekt - jene Rechtsanwältin aus dem arabischen Raum, die zuvor einen der drei Sitze des Geschäftsmannes und Gesellschafters aus Abu Dhabi im Aufsichtsrat der 1860-KGaA eingenommen hatte. Nachdem vor einigen Wochen bereits sein bisheriger Vertrauter Hamada Iraki als Aufsichts- und Beirat zurücktrat, sitzt Ismaik derzeit - zumindest auf dem Papier - in dem eigentlich sechsköpfigen Gremium den Klubvertretern Dieter Schneider, Siegfried Schneider und Franz Maget ganz alleine gegenüber. Sofern der Rat überhaupt mal wieder tagen würde.

Campbell (die auf der Vereins-Homepage der Löwen mit dem Vornamen Lori-Ann geführt, von den Vereinsvertretern aber schlicht "Ann" genannt wird), legt ihr Amt offenbar nieder, weil sie eine zweite Tochter zur Welt gebracht hat. Vor zwei Monaten hatte die Juristin bereits ihre Anstellung bei HAMG aufgegeben, Ismaiks geheimnisvoller Drittfirma mit Sitz in Dubai. "Es stimmt, sie arbeitet nicht mehr bei uns", ließ eine Mitarbeiterin Ismaiks am Mittwoch der SZ ausrichten.

Cousin als möglicher Kandidat

Der Investor wird nun rasch drei Positionen im Verein mit mindestens zwei neuen Personen zu besetzen haben. Und das am besten bevor am 7. Januar die nächste Sitzung der Gesellschafter tagen soll: Im Beirat der 1860-KGaA - jenem von beiden Gesellschaftern paritätisch besetzten vierköpfigen Gremium, das auch den Geschäftsführer ernennt und entlässt -, muss er einen Ersatz für Iraki finden; und dazu nun eben auch zwei neue Aufsichtsräte benennen. Ob Hasan Ismaik bereits entsprechende Kandidaten im Blick hat, ist nicht bekannt. Sein Bruder Abdel Rahman sagt: "Wer es wird, das erfahren wir am 7. Januar." Als möglicher Repräsentant für Ismaik wird Noor Adnan Hasan Basha gehandelt, ein Cousin des Investors.

Die Personalflucht im Ismaik-Lager geschieht für den Investor zur Unzeit: Auf der Sitzung im Januar müssen die Gesellschafter die elementare Frage klären, ob Ismaik überhaupt weiter in den Verein investieren möchte. Und wenn ja, zu welchen Bedingungen. Robert Schäfer, der Geschäftsführer der KGaA, arbeitet an einem Plan B, der das Überleben des Vereins sichern müsste, falls Ismaik die Zahlungen einstellen oder seine Anteile verkaufen sollte: "Wir haben konservativ geplant und wären darauf vorbereitet. Und den Schuldenstand haben wir gegenüber 2010 von zwölf auf neun Millionen Euro reduziert", sagt Schäfer.

Der Aufsichtsrat der KGaA ist übrigens das einzige Gremium, in dem Ismaik die Mehrheit besitzt. Bei Stimmgleichheit entscheidet er als Vorsitzender. Aber nur, wenn er seine drei Stühle überhaupt mit Vertrauensleuten besetzt hat.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1555466
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 20.12.2012/ebc
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.