Süddeutsche Zeitung

Interview mit Davor Suker:"Dieser, na, wie heißt er nochmal"

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Der frühere kroatische Nationalstürmer Davor Suker über die Aussichten von Deutschlands EM-Gegner Kroatien. Und einen Spieler namens Wörns.

Davor Suker, 39, galt in seiner aktiven Zeit als einer der besten Stürmer der Welt. Er gewann mit Real Madrid die Champions League und spielte unter anderem auch für den FC Arsenal. Von 2001 bis 2003 ließ er seine Karriere bei 1860 München ausklingen. Heute ist Suker Geschäftsmann und Inhaber einiger Fußballschulen. Suker gehört wie Zvonimir Boban zu jener großen kroatischen Elf, die bei der WM 1998 den dritten Platz belegte. Auf dem Weg dahin besiegten die Kroaten im Viertelfinale auch die Deutschen (3:0) - entscheidend war dabei der Platzverweis für Christian Wörns nach einem Foul an: Davor Suker.

SZ: Herr Suker, was haben Sie gedacht, als die kroatische Nationalelf in die deutsche EM-Gruppe gelost wurde?

Suker: Ich habe gedacht: Zum Glück sind wir Kroatien und nicht Rumänien.

SZ: Was meinen Sie damit?

Suker: Naja, die Rumänen sind in der Gruppe mit Italien, Frankreich und Holland. Da wäre ich nicht gerne dabei.

SZ: Da haben's Ihre Landsleute doch etwas besser erwischt.

Suker: Ja, aber leichte Gruppen gibt es bei so einem Turnier nicht mehr. Vor den Polen muss man sehr viel Respekt haben, und die Deutschen sind für mich einer der Favoriten auf den Titelgewinn.

SZ: Und die Österreicher?

Suker: Die sind auch in der Gruppe, ja.

SZ: Die ersten Reaktionen der kroatischen Spieler klangen erstaunlich offensiv: "Wir können die Deutschen erschrecken wie die Engländer", hat der Dortmunder Mladen Petric gesagt.

Suker: Ich sehe schon einen Unterschied zur deutschen Elf: Die Deutschen können immer noch kämpfen, haben in ihrem Fußball aber eine moderne Dimension hinzugewonnen. Wir dagegen sind seit 2002 zwar bei allen Turnieren gewesen, aber immer in der Vorrunde ausgeschieden. Für Kroatien ist eine Qualifikation wie ein Finale. Die kroatische Mannschaft ist nicht so weit, dass man sagen kann, wir wollen unbedingt ins Halbfinale. Die Elf kann das schaffen - aber es kann nicht ihr Ziel sein. Ich sehe im Moment keine Prosineckis oder Bobans.

SZ: Oder Sukers.

Suker: Ja, aber ich wollte mich jetzt nicht selber loben.

SZ: Erklären Sie uns doch mal dieses kroatische Team. Auffällig sind einerseits die vielen Haudegen wie die Kovac-Brüder, der Mailänder Simic oder der Herthaner Simunic - und andererseits neue Namen wie Eduardo oder Modric.

Suker: Das ist das Interessante an dieser Mannschaft. Sie besteht aus zwei völlig unterschiedlichen Generationen: Die Alten bilden die Selbstvertrauen-Gruppe, das sind die Kovacs und Simics, die die Erfahrung einbringen - und die Jungen bilden die Technik-Gruppe. Sie spielen den modernen schnellen Fußball. Was aber fehlt, sind die stabilen 27-, 28-, oder 29-Jährigen. Der wichtigste Spieler ist ein 22-Jähriger, Luka Modric.

SZ: Ein Spielmacher, der noch in der Heimat spielt, bei Dinamo Zagreb...

Suker: ... und der in der Champions-League-Qualifikation gegen Werder Bremen nicht schlechter war als Diego. Modric wird bald in England oder Spanien spielen, das könnte einer wie Boban werden. Im Mittelfeld liegt die Zukunft dieser Elf, auch Niko Kranjcar ist sehr weit mit seinen 23, und der Schalker Ivan Rakitic ist erst 19. Und im Sturm spielt der eingebürgerte Brasilianer Eduardo vom FC Arsenal. Der schießt 80 Prozent aller kroatischen Tore. Die jungen Spieler sind in dieser Elf die wichtigsten, deshalb ist die Elf auch nicht immer stabil.

SZ: Deutschland gegen Kroatien, das war bei Turnieren oft eine große Treterei. Kann der Schiedsrichter des EM-Spiels schon mal die Karten zurechtlegen?

Suker: Ich weiß, dass wir den Ruf haben, heißblütig zu sein. Aber es waren immer beide Seiten beteiligt, aber 1996 hat das in Deutschland halt niemanden interessiert, weil ja alles gut gegangen ist.

SZ: Da gewann die DFB-Elf im EM-Viertelfinale mit 2:1 in einem Spiel, das Jürgen Klinsmann mit einem Monsterfoul eröffnet hatte...

Suker: ... ja, aber hinterher haben in Deutschland alle nur von Slaven Bilic gesprochen...

SZ: ... dem heutigen kroatischen Nationaltrainer, der damals den am Boden liegenden Christian Ziege aber auch ganz schön getreten hat.

Suker: Ich bin 1998 auch getreten worden, das war dieser deutsche Abwehrspieler, dieser, na, wie heißt er noch mal?

SZ: Herr Suker! In Deutschland ist dieses Foul sehr berühmt, und Sie wissen nicht mal mehr, wie ihr berühmter Peiniger von damals hieß?

Suker: Nein, wirklich, ich seh ihn noch vor mir, aber wie heißt der denn? Helfen Sie mir doch!

SZ: Wörns!

Suker: Wörns, ja genau.

SZ: Nach der Auslosung wurden am Sonntag noch mal ein paar Szenen dieses WM-Viertelfinales von 1998 gezeigt. Mal ehrlich: Wäre das Wörns-Foul, das die deutsche 0:3-Niederlage einleitete, heute immer noch eine Rote Karte wert?

Suker: Hey, er hat voll mein Knie erwischt! Ich hatte nach der WM noch ziemlich lange Probleme mit diesem Knie.

SZ: Unterstellen Sie ihm Absicht?

Suker: Nein, das war keine Absicht von Wörns, er wollte den Ball haben. Nur: Ich war schneller. Er kam einen Schritt zu spät, der Ball war weg, und er hat mich voll erwischt. Sowas ist eine Rote Karte, gestern, heute und morgen.

SZ: In Deutschland galt Wörns lange als Sündenbock, weil die Rote Karte das Spiel entschieden hat.

Suker: Eine einzige Aktion entscheidet so ein Spiel nicht. Die Deutschen hatten beim Stand von 0:0 so viele Chancen, da hätten sie auch ein Tor schießen können. Und vor dem Foul von Wörns gab's ja auch einen deutschen Fehlpass, für den Wörns nichts konnte.

SZ: Wissen Sie wenigstens noch, von wem der Fehlpass kam?

Suker: Den kenn ich. Das war Lothar Matthäus.

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Quelle:
SZ vom 04.12.2007
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