Interview:Im Revier-Fieber

Joachim Król über Drama, Spekatkel und Bobicisierung.

Interview: Christoph Biermann

SZ: Die Ruhrgebietsmeisterschaft geht in ihre entscheidende Phase, interessiert Sie darüber hinaus eigentlich, wer Deutscher Meister wird? Król: Inzwischen wieder, denn offenbar geht Bremen doch langsam die Puste aus. Das mit diesem Elfmeter in Frankfurt war schon dünn, Hannover wird auch nicht einfach...

Joachim Król

Bekennender BVB-Fan: Schauspieler Joachim Król.

(Foto: Foto: dpa)

SZ: Sie gehen also davon aus, dass der FC Bayern an diesem Samstag bei Borussia Dortmund siegt, dem Klub ihres Herzens? Król: Stimmt, das geht natürlich nicht! Dann werden sie eben eine Woche später aufholen. Ach, im Grunde will ich halt immer das Drama. Wem gefällt es schon, dass die Meisterschaft sechs Spieltage vor Ende entschieden ist? Wir wollen doch am letzten Spieltag im Mai wieder schwitzend auf der Tribüne sitzen und den Verstand verlieren.

SZ: Spricht da der Schauspieler im Fußballfan? Król: Ja, ich liebe das Spektakel. Von daher finde ich es dramaturgisch genial, wie eng es in der Ruhrgebietsmeisterschaft zugeht. Aber lieber noch würde ich unsere Klubs auf Platz eins, zwei und drei sehen.

SZ: Können Sie im Westfalenstadion aus vollem Herzen singen: "Die Nummer Eins im Pott sind wir?" Oder ärgern Sie sich darüber, dass Borussia nicht Tabellenführer ist? Król: So richtig freuen kann ich mich über den Verlauf der Saison nicht. Ich fürchte, wir werden Fünfter. Das klingt paradox, gibt aber die Stimmung vieler Borussenfans wieder. Angesichts der Finanznöte wird an den Kiosken in Dortmund schon das Fan-Abo angeboten: Wenn man kicker und Playboy kauft, gibt's die Wirtschaftswoche gleich dazu. Andererseits habe ich mich neulich dabei ertappt, wie ich vor der Tabelle saß und nachgerechnet habe, ob es noch zum dritten Platz reichen könnte. Offensichtlich färbt es ab, dass ich in Köln lebe, denn hier neigen die Menschen zur Euphorie.

SZ: Aber muss Borussia nicht zunächst einmal an Bochum vorbei? Król: In dem Zusammenhang muss ich mich dagegen verwehren, dass böse Zungen behaupten, wir hätten mit unfairen Mitteln gearbeitet.

SZ: Was meinen Sie damit? Król: Angeblich soll Borussia einen Schläfer in einem benachbarten Verein eingeschleust haben, der erst falsche Hoffnungen geweckt und dann zersetzend gearbeitet hat.

SZ: Sie spielen auf Sunday Oliseh an, der von Dortmund an Bochum ausgeliehen war, und seinem Mannschaftskameraden Vahid Hashemian das Nasenbein gebrochen hat? Król: Genau, bei Hashemian hat er offensichtlich auch noch den Eindruck ausgelöst, zum FC Bayern flüchten zu müssen. Mit diesem Kollateralschaden ist ganze Arbeit geleistet worden, und der VfL Bochum beginnt zu schwächeln.

SZ: Wie schon erwähnt, noch steht er vor Dortmund und Schalke. Król: Ich muss auch gestehen: Bochum begeistert mich. Im Ruhrgebiet lieben wir doch vor allem die Kleinen, die sich gegen die Großen behaupten. Außerdem bin ich Neururer-Fan geworden, weil er so ein unglaubliches Stehaufmännchen ist und einen unverwechselbaren Ton mitbringt. Die Spieler, die jetzt zu anderen Vereinen gehen, sollten ihm ein paar Prozent in seine Rentenkasse überweisen. Denn ohne ihn hätten sie die Chance nicht bekommen.

SZ: Sie klingen ja enthusiastisch. Król: Egal wie das ausgeht. Ob der VfL nun Fünfter, Sechster oder Siebter wird - in diesem Jahr ist er die Nummer eins im Pott. Und Peter Neururer ist der Trainer des Jahres.

SZ: Dürfen Sie als Dortmunder über Schalke sprechen? Król: Komisch, habe ich den Klub noch mit keinem Wort erwähnt?

SZ: Nein. Król: Ich will das mal so erklären: Als Borussia vor ein paar Jahren Meister wurde, weil Schalke die Bayern geschlagen hatte, wurden am Morgen nach der Meisterfeier zwei ordentlich betrunkene BVB-Fans dazu befragt. Sagt der eine: "Wat wir die Schalker verdanken, dat werden wir die nie vergessen." Sagt der andere: "Genau! Aber irgendwann muss auch Schluss sein." Also werden sie diesmal in der Reviermeisterschaft nur Dritter, dafür haben sie durch ihre Einkäufe die Meisterschaft im kommenden Jahr ja schon sicher.

SZ: Wirklich? Król: Natürlich nicht. Ich gehe von Ailtons Bobicisierung aus.

SZ: Was ist das denn? Król: Als Bobic in Stuttgart gespielt hat, war er ein toller Torjäger, in Dortmund war davon nicht mehr viel übrig. In diesem Sinne wünsche ich Schalke nächstes Jahr viel Spaß.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: