Sabrina Mockenhaupt:"Frauen kommen mit der Belastung Marathon besser klar"

Sabrina Mockenhaupt: Sabrina Mockenhaupt ist schon lange dabei: Hier läuft sie beim Marathon der Leichtathletik-Weltmeisterschaften im Jahr 2009 in Berlin.

Sabrina Mockenhaupt ist schon lange dabei: Hier läuft sie beim Marathon der Leichtathletik-Weltmeisterschaften im Jahr 2009 in Berlin.

(Foto: Michael Sohn/AP)

Vor dem Berlin-Marathon verrät Sabrina Mockenhaupt den größten Fehler, den man beim Laufen machen kann - und erzählt, wie sich die Vermarktung durch Instagram und Co. im Profisport verändert hat.

Interview von Saskia Aleythe

Sabrina Mockenhaupt ist Deutschlands bekannteste Langestreckenläuferin und mehrfache Deutsche Meisterin. Sie hat zwei Mal den Köln-Marathon gewonnen und einmal in Frankfurt, ihre Bestzeit liegt bei 2:26:22 Stunden. Am Berlin-Marathon nimmt die 37-Jährige in diesem Jahr nicht teil, der Körper braucht eine Pause - um im nächsten Jahr wieder die großen Distanzen zu meistern. Ein Gespräch über Anfängerfehler im Marathon und wie sich Frauen im Leistungssport heute vermarkten können - und müssen.

Am Sonntag startet in Berlin der größte Marathon in Deutschland. Wie viel Training nimmt die Vorbereitung auf einen Marathon in Anspruch?

Sabrina Mockenhaupt: Wenn du dich richtig darauf vorbereitest, ist das ein Riesen-Aufwand und ein riesiger Einschnitt ins Privatleben. Wenn du mit einem Beruf nur am Wochenende einen langen Lauf machen kannst - bei mir sind das 30 bis 35 Kilometer - dann ist der ganze Morgen an einem Sonntag schon weg, wenn du dafür als Hobbysportler vier Stunden brauchst. Das dann über acht bis zwölf Wochen. Nach so einem Lauf bist du platt und deine Knochen sind müde, da kannst du dich nur noch in die Ecke legen.

Was ist denn der größte Fehler, den man beim Marathon machen kann?

Zu schnell anlaufen. Ich kenne das von mir selber: Wenn du erstmal die Startnummer anhast, bist du übermotiviert. Da kannst du dich vorher noch so schlecht gefühlt haben. Ich sage immer: Sei lieb zu deinem Körper und gehe nicht zu schnell an. Wenn du mit vier Stunden planst, kannst du lieber mal fünf Minuten am Anfang zu langsam sein als dass du am Ende den Mann mit dem Hammer spürst. Ein Marathon hat 42 Kilometer und nicht nur drei.

Wird der Kopf immer wichtiger, je länger das Rennen dauert?

Ja, ich würde nie zählen: Jetzt sind es noch 40 Kilometer, jetzt noch 30. Man sollte sich eher selber sagen: Super, ich habe schon zehn. Immer stolz darauf sein, was man schon geschafft hat. Das gibt auch Motivation für den Rest.

In den vergangenen zehn Jahren gab es stets zwischen 35 000 und 39 000 Läufer, die ins Ziel gekommen sind in Berlin, jeweils nur knapp ein Drittel Frauen - obwohl Frauen sonst in der Laufszene stark vertreten sind. Woran könnte das liegen?

Ich wusste gar nicht, dass die Zahl so klein ist. Generell kommen Frauen mit der Belastung Marathon besser klar als ein Mann. Weil sie einen besseren Fettstoffwechsel haben. Aber es kann sein, dass sie sich gar nicht trauen, die Tendenz geht ja immer mehr zu reinen Frauenläufen. Da sind Läuferinnen am Start, die sich sonst nicht bei einem Wettkampf mit Männern anmelden würden. Weil es ihnen dann nicht so sehr um Zeiten und Plätze geht. Es kann aber auch einen praktischen Grund haben: Marathon ist ein Training mit ganz viel Verzicht. Oft haben Frauen noch Familien und Kinder. Da können dann eher die Männer Sonntagmorgen mal laufen gehen als eine Mutter. Da sind die Halbmarathons und Zehn Kilometer vielleicht beliebter.

Haben Sie im Leistungssport die Erfahrung gemacht, dass man als Frau mehr Probleme hat als als Mann, wenn es ums Marathonlaufen und vielleicht auch um Unterstützung und Förderung geht?

Nein, eher im Gegenteil. Sportlich hast du es in Deutschland im internationalen Vergleich schon mal leichter als die Männer, weil du weiter vorne mitlaufen kannst. Und von den Vermarktungsmöglichkeiten ist es auch einfacher: Als Profisportlerin hast du es einfacher als Frau - wenn du noch halbwegs gut aussiehst. Wenn du Leistung bringst und gut aussiehst, kommen die Sponsoren von alleine. Das ist leider so. Ich kenne eine deutsche Läuferin, sie hat eine Mega-Entwicklung gemacht und ist so gut - findet aber keinen Ausrüster. Weil sie als langweilig und schüchtern empfunden wird. Das ist schade und tut mir sehr leid. Da spielen aber auch Instagram und Influencer eine Rolle.

Inwiefern?

Man kann schon beobachten, dass es heute nicht mehr nur auf die absolute Leistung ankommt, sondern eher einfach nur aufs Schaffen und Ankommen. Auf der einen Seite ist es eine gute Sache, da sich dadurch auch "normale" Menschen eher an einen Marathon trauen. Die Hemmschwelle, es einem Profisportler nachzumachen, ist da viel größer. Für den Sport ist das gut. Für Profiathleten ist es auch eine zusätzliche Möglichkeit zur Vermarktung. Aber du musst auch mitmachen heute - wenn du es nicht tust, ist es meiner Erfahrung nach schwer, Sponsoren zu finden. Ich habe schon selbst oft Aussagen mitbekommen, wenn die oder der nichts machen, sind die uninteressant. Du musst gut aussehen und polarisieren. Zu meiner Hochphase war das zum Glück noch nicht so.

Weil man sich noch alleine auf den Sport konzentrieren konnte?

Genau. Da wusste auch noch keiner, wann man trainiert oder konnte das anhand der Bilder verfolgen. Wenn ich jetzt mit Sponsoren Verträge aushandle, geht es sehr viel um Followerzahlen - und wenn die nicht hoch genug sind, interessieren sich die Ausrüster auch nicht für dich. Das wird gar nicht mehr an deiner Leistung gemessen. Dadurch entsteht ein riesiger Stress drumherum, der auch viel Zeit in Anspruch nimmt. Ich mache das heute gerne, aber hätte von mir aus nicht mit Social Media in der Form angefangen.

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