Süddeutsche Zeitung

Internationale Verbandskämpfe:"Der Fußball steht nicht zum Verkauf"

Lesezeit: 3 min

Uefa-Präsident Ceferin kritisiert die Geheimpläne von Fifa-Chef Infantino und versichert: Es gibt keine Superleague.

Von Thomas Kistner, Brüssel/München

Die Geheimverhandlungen von Fifa-Boss Gianni Infantino rund um neue Fußballturniere und um das Rechte-Portfolio des Weltverbandes haben jetzt eine scharf Abfuhr von wichtigster Stelle erhalten. Uefa-Präsident Aleksander Ceferin trat am Dienstag gemeinsam mit Andrea Agnelli, dem Chef der europäischen Klubvereinigung ECA, allen Absichten entgegen, neue Formate wie eine reformierte Klub-WM und eine neue Nationen-Liga an ein Investoren-Konsortium zu veräußern. Entsprechende Pläne, die in ein Arbeitspapier zwischen Fifa und interessierten Parteien in Asien geflossen und sogar schon von den Fifa-Hausjustiziaren bewertet worden sind, hatte die Süddeutsche Zeitung am Wochenende publiziert.

Seither ist die Fußballwelt im Alarmzustand. "Wir sind uns einig, dass wir keinen Wettbewerb an eine Wirtschaftsorganisation verkaufen können", sagte der slowenische Chef der Europäischen Fußball-Union am Dienstag in Brüssel. "Wir sind nicht die Besitzer des Fußballs, wir sind nur gewählt als seine Vertreter. Wir sind uns einig, dass der Fußball nicht zum Verkauf steht. Und dass er nicht nur auf Gewinnmaximierung abzielen darf."

Fifa-Boss Infantino versucht seit März, seinen Vorstand, dem auch Ceferin als Fifa-Vize angehört, davon zu überzeugen, zwei neue Turnierformate an internationale Investoren zu verkaufen - die er aber partout geheim hält. Ebenso wie die Tatsache, dass die Investoren - für 25 Milliarden Dollar verteilt auf zwölf Jahre - auch fast alle weiteren Fifa-Rechte erhalten sollten. Ceferin hält jetzt dazu fest, dass die Uefa nach wie vor "keine Informationen über die Hintergründe des Projekts erhalten" habe - "insbesondere keine Informationen, um ein solches Projekt bewilligen zu können".

Auch Agnelli kennt keine Details des 25-Milliarden-Projekts ("Wir haben nichts erfahren dazu"), hielt aber fest: "Es ist nicht unsere Aufgabe, Menschen mit unmoralischen Projekten zu locken."

Ceferin und Agnelli, die das länger anberaumte Treffen in Brüssel mit dem EU-Kommissar für Sport, Tibor Navracsics, zur Festigung ihrer Kooperation nutzten, bekräftigten auch ihre Zuversicht, dass es vorerst keine europäische Superliga geben werde. "Das steht gar nicht zur Debatte", versicherte Ceferin. Im Rahmen der jüngsten "Football Leaks"-Veröffentlichung war zuletzt ein anderer Eindruck entstanden. Dazu streute der Uefa-Chef eine persönliche Beobachtung ein: "Ich finde es interessant, dass im Jahr 2018 niemand mehr das Thema diskutierte - und dann taucht doch ein Dokument auf, das besagt, sie würde kommen!" Das sei merkwürdig, weil die Uefa ständig im Gespräch mit den Klubs sei: "Es gab nirgends eine ernste Diskussion darüber, 99 Prozent der Klubs wussten gar nicht, dass da etwas vorgehen soll." Damit spielte Ceferin auf eine Auffälligkeit dieser jüngsten Debatte an, die auch betroffene Großklubs beschäftigt: Wenn so viel Material zu den ja in der Tat geführten Superleague-Debatten 2015/'16 vorliegt, warum dann keinerlei Hinweis zu einer Fortführung oder Wiederaufnahme des Projekts - obwohl die Sache im November angeblich schon hätte spruchreif sein sollen? Was ist der Hintergrund des wohl einzigen neuen Superliga-Dokuments 2018, das am 22. Oktober bei den Kluboberen von Real Madrid auftauchte, den Feinentwurf für eine Superliga ab 2021 beinhaltete und auf Zustimmung bis Ende November drängte? Ein Papier, das nach Zusicherung aller Klubs und Verbände offenbar nur bei einem Klub, Real Madrid, einging?

In Reals Umfeld heißt es, man habe das Papier weder angefordert noch geprüft oder beantwortet. Und nun stellte Agnelli in Brüssel klar: "Ich kann komplett zurückweisen, aus Sicht von Juventus Turin und als Vorsitzender der ECA, dass es neue Gespräche über eine Superleague gab."

So hatte sich auch der FC Bayern auf SZ-Anfrage geäußert. Man habe "von der angeblichen Existenz des genannten Papieres" überhaupt nur durch eine Medienanfrage im Rahmen der Football Leaks am 29. Oktober erfahren. "Bis heute hat der FC Bayern keine weitere Kenntnis erlangt. Demzufolge hat der FC Bayern auch bis heute keinerlei Kenntnis von den angeblichen Erstellern oder Versendern dieses Dokumentes." Der Klub habe schon 2016 kundgetan, zu den bestehenden Uefa-Bewerben zu stehen - "dies gilt nach wie vor". In Brüssel lieferte Ceferin einen spannenden Hinweis "bezüglich Klub-WM: Sehen Sie einen Unterschied zwischen einer privaten Superleague und einem völlig geheimen Wettbewerb, der zu 49 Prozent an einen unbekannten Privatfonds verkauft wird und mit Geheimgesprächen mit einigen Klubs startet - wo ist der Unterschied zu einer Superliga?", fragte er. Das zielt auf Infantino, der die jüngste Superleague-Aufregung tatsächlich für seine Klub-WM-Pläne zu nutzen versucht hatte: Mit so einer sei man besser dran, weil dann alles unterm Dach des Fußballs bliebe. Ceferin sagte, die Zeit von "Geheimdeals hinter verschlossenen Türen" sei vorbei. Sonst seien die stillen Deals um eine neue Klub-WM ja "so, wie das mit der Superleague ist - oder es ist schon die Superleague selbst!"

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Quelle:
SZ vom 21.11.2018
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