Internationale Pressestimmen:"Die ganze Welt schaut Dortmund-Schalke"

Sport

Die spanische Zeitung "Sport" bringt die Bundesliga auf den Titel.

(Foto: OH)

Die Bundesliga startet als erste große Liga wieder den Spielbetrieb - und bekommt in Zeitungen rund um den Globus die volle Aufmerksamkeit.

Von Javier Cáceres

Falls der deutsche Profifußball je unter einem Aufmerksamkeitsdefizit gelitten haben sollte, so darf er wohl seit diesem Wochenende als kompensiert gelten. Mit nachgerade erschlagenden Umfängen weisen Medien weltweit auf das erste Bundesligawochenende der Pandemiezeit hin. Und selbst der noch so flüchtigste Blick in die Presse ist ein Indiz dafür, dass weltweit kaum ein Sportblatt ohne Bundesligafußball auf der Titelseite auskam.

"Das deutsche Wunder", titelte im fernen Argentinien die Zeitung Olé. Sie beschränkte sich nicht nur auf die Begutachtung der wenigen argentinischen Legionäre wie Lucas Alario, Exequiel Palacios (beide Leverkusen) oder Santi Ascacibar (Hertha BSC). Sondern brach auch über den Einkaufssünder Heiko Herrlich den Stab: Der Coach des FC Augsburg, der sei "nicht aus Trainerpaste" gemacht. Und in den USA widmete sich sogar das Wall Street Journal auf Seite zwölf der Bundesliga. "Deutscher Fußball findet einen Weg zurück", schrieb das Wirtschaftsblatt nur vier Seiten hinter dem Artikel über den Abstieg Deutschlands in die Rezession.

In Spanien waren die Zeitungen in fast schon impertinenter Weise mit Bundesligafußball gefüllt. Sowohl die Sport wie auch El Mundo Deportivo vollbrachten es erstmals in ihrer Geschichte, mehr Seiten über die Bundesliga zu veröffentlichen als über den FC Barcelona. "Endlich Fußball", jauchzte Sport. In Madrid sah die Lage nicht ganz so ausufernd, aber ähnlich aus. "Ruhe! Es wird gespielt", titelte die Zeitung As, "Willkommen, fútbol", schrieb die Zeitung Marca, die Bundesliga sei nicht mehr und nicht weniger als "die Liga aller". In der Zeitung As bedauerte man allerdings, dass der Neustart fanbefreit vonstattengehe, das sei ähnlich inspirierend "wie ein warmes Bier". Insbesondere die Derby-Fans wurden bemitleidet. "Kein Videoanruf, keine Textnachricht kann den Moment ersetzen, wenn du nach einem Derby-Tor deiner Mannschaft einen Blick auf die gegnerische Kurve lenkst."

Auch das Generalistenblatt El País widmete sich dem ersten Bundesligawochenende der neuen Normalität, mit einem Blick auf die Verzerrung des Althergebrachten, auf das Verbot des Jubels und auf andere Umstände: "Kein Fußballer ist durch den brennenden Wunsch Profi geworden, seine Emotionen zu unterdrücken. Niemand hat in diesem Sport herausgeragt, der nicht eine höhere Fähigkeit gezeigt hätte, um in einer Mannschaft zu kooperieren, und Assoziationen gediehen nur, wenn eine Sprache gefunden wurde, die man durch Nähe entwickeln kann." Alles (vorerst) perdu, es geht um die Gesundheit des Geschäfts, nicht des Sports.

Nachzulesen, zum Beispiel, in der britischen Financial Times. Sie hob ab auf die 300 Millionen Euro an Fernsehgeldern ab, die der Deutschen Fußball Liga DFL sicher seien. Die US-Basketball-Liga NBA blickte nach Deutschland, natürlich auch die englische Premier League. "Wir müssen auf unsere eigenen Umstände schauen und da durchkommen, aber natürlich wird uns das, was wir in Deutschland sehen, helfen", sagte Paul Barber, der CEO des englischen Premier-League-Klubs Brighton & Hove Albion.

Ganz analog dazu reiben sie sich auch in Italien die Augen: "Es ist wirklich wahr, es wird gespielt", titelte die Gazzetta dello Sport, "die ganze Welt schaut Dortmund-Schalke". Eine Handlungsanleitung für den Fußball der Germanen findet man in der römischen Corriere dello Sport-Stadio ("Ecco la Bundes!") ebenso wie in der brasilianischen Folha de Sao Paulo: "Alles was sie wissen müssen, um zuzuschauen". Auch der Sportaufmacher der Zeitung O Estado de Sao Paulo (Brasilien) gehört den Bundesligisten sowie seinem Neustart: "Unter strengen Regeln und den Blicken aller."

Dazu zählen auch die Augen der Portugiesen, die allerdings nicht nur visuelle, sondern auch abdominale Bedürfnisse verspüren. "Die Bundesliga killt den Hunger der Fans." Womöglich auch in Frankreich, wo die Meisterschaft abgebrochen ist. Die dortige Sportzeitung L'Équipe versorgte ihre Leser auf sechs Seiten mit allen erdenklichen Details, darunter auch mit einem Artikel, der auf den Meisterschaftskampf gemünzt war, aber letztlich auch dem großen Ganzen, sprich: den Unwägbarkeiten der Restsaison gelten könnte: "Ein unvorhersehbarer Epilog".

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