Ingolstadt im Abstiegskampf:"Alle haben uns für tot gehalten"

FC Augsburg - FC Ingolstadt 04

Schreien ihre Freude raus: Ingolstadts Almog Cohen (rechts) und Pascal Groß.

(Foto: dpa)
  • Der FC Ingolstadt siegt in Augsburg und hat plötzlich wieder Chancen auf den Relegationsplatz.
  • Dabei galt der FCI bereits als abgestiegen.
  • Doppeltorschütze Cohen sagt: "Ich liebe Druck, wir lieben Druck."

Von Johannes Kirchmeier, Augsburg

Den Abstiegskampf annehmen. Das forderte Augsburgs Trainer Manuel Baum, das forderte der Augsburger Stadionsprecher, das forderten die Augsburger Fans, das forderten vermutlich alle Augsburger vor dem Heimspiel am Mittwoch - von den Augsburger Spielern. Doch wie das so ist mit Wünschen und Forderungen: Mitunter treten sie halt nicht genau so ein, wie man sie sich vorstellt. Beziehungsweise, manchmal treten sie zu spät ein.

Am Mittwochabend im bayerischen Derby im Augsburger Stadion waren es lange nicht die Gastgeber, die Tabellen-16., die den Abstiegskampf annahmen, sondern die Gäste auf Rang 17. Und am Ende hatte sich der FC Ingolstadt mit einem 3:2 (2:0)- Sieg - nach lange aussichtsloser Situation - wieder an die Gegner heran gerobbt: Der FCI liegt nur noch vier Punkte hinter dem FCA, empfängt am Sonntag den Letzten Darmstadt und könnte so bald wieder auf einen Punkt am Rest dran sein.

"Diesen Druck, den wir in den letzten drei Monaten gespürt haben, der kommt jetzt nach Augsburg, Mainz, Wolfsburg, Hamburg", frohlockte Ingolstadts Doppeltorschütze Almog Cohen: "Die merken: Ingolstadt kommt. Und wir kommen!" Auch Marvin Matip erklärte: "Alle haben uns für tot gehalten. Aber wir leben wieder, Ingolstadt hat wieder Puls."

Ingolstadt wartet und kontert

Große Erwartungen auf ein Finten-, Trick- und Torfestival durften die 29 528 Zuschauer ja nicht hegen vor diesem bayerischen Derby. "Wir werden Ingolstadt niederkämpfen", verriet Baum vorab. Der Trainer der Gegenseite, Maik Walpurgis, steht dafür, dass er den vielfach als "eklig" titulierten Spielstil aus der vergangenen Saison zurück nach Oberbayern gebracht hat. Hitzig war es dann von Beginn an auch auf den Tribünen, Ingolstadts Anhang entzündete kleinere bengalische Feuer, woraufhin sich der Stadionsprecher direkt beim Anpfiff noch mal einschaltete: "Und jetzt aus mit dem Schmarrn", sagte er.

Der "Schmarrn" ging für ihn als Augsburger jedoch erst los. Denn der FCA war gegen passive Ingolstädter gezwungen, das Spiel aufzuziehen, was nicht klappen wollte. Die Szenen glichen sich: Bis etwa zehn bis 15 Meter in die gegnerische Hälfte kombinierten sich die Augsburger, dann griffen die ekligen Ingolstädter zu und konterten zügig. Manchmal versuchte es der FCA mit langen Bällen, doch der erstmals seit 30. September wieder in der Bundesliga spielende Alfred Finnbogason wusste die nach seiner Schambeinentzündung noch nicht anzunehmen.

Die erste Chance des Spiels hatte Ingolstadt: Markus Suttner zog eine Freistoßflanke an den zweiten Pfosten, wo Roger per Bauchabschluss Augsburgs Marwin Hitz erstmals forderte (14. Minute). Gleich die nächste Chance hatte Dario Lezcano, der jedoch mit seinem linken Fuß vor Hitz nicht abschließen wollte, Suttner flankte im Anschluss zum in der englischen Woche in die Mannschaft rotierten Sonny Kittel, der jedoch daneben köpfelte (23.).

"Keiner will 2. Liga spielen"

Eine Minute danach zielte er genauer: Nach einer Flanke von Pascal Groß hatten sich Hitz und Vordermann Kevin Danso wie ein in die Jahre gekommenes Ehepaar nichts zu sagen und behinderten sich gegenseitig: Hitz rauschte in Danso, der köpfte an den Elfmeterpunkt, von wo Kittel volley ins leere Tor traf. Minuten später waren die Augsburger schon wieder unsortiert: Nach einem Freistoß von Groß ließen sie den 1,70-Meter-Mann Almog Cohen völlig frei durch den Strafraum wandeln und das 2:0 köpfeln (35.). Zur Pause pfiff danach nicht nur der Schiedsrichter, es pfiffen auch die Augsburger Fans.

Als sich Augsburg langsam zurück ins Spiel kämpfte, zu Mini-Chancen kam, war es wieder Cohen, der den größeren Augsburger Innenverteidigern Martin Hinteregger und Danso die Lufthoheit stibitzte und das 3:0 köpfelte (67.).

Der Plan der Ingolstädter könnte aufgehen

Augsburg mühte sich, kam, nachdem der unbeholfene Roger mit einem Fallrückzieher im Strafraum klären wollte, zum Elfmeter, den Paul Verhaegh verwandelte (76.). Und als Torwart Martin Hansen dann ähnlich unbeholfen wie Roger aus dem Tor kam und sich bei einem langen Ball verschätzte, traf Augsburgs Halil Altintop aus 16 Metern nach Vorlage Verhaegh (82.). Der Anschluss war geschafft - Augsburg schöpfte Mut, die Fans wurden noch einmal laut.

Doch der FCI-Abwehrverbund hielt die letzten zehn Minuten wie einst die Schanz in der oberbayerischen Heimat den folgenden Augsburger Angriffen Stand - und so könnte der verwegene Ingolstädter Plan, mit drei Siegen in der englischen Woche die zehn Punkte Rückstand auf den Rest in der Tabelle nahezu zu eliminieren, gegen Mainz (2:1), Augsburg (3:0) und Darmstadt, tatsächlich Realität werden. "Wir kennen den Abstiegskampf schon die ganze Saison", bekräftigte Cohen: "Ich liebe Druck, wir lieben Druck. Keiner will 2. Liga spielen, keiner will von sich sagen: okay, ich bin mit Ingolstadt abgestiegen."

So ist es mit den Wünschen und Forderungen, manchmal treten sie eben auch ein.

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