Ingolstadt - Dortmund (15.30 Uhr):Kopie fordert Original

1. FSV Mainz 05 - FC Ingolstadt 04

Das Original schlagen? Ingolstadts Stil wird mit jenem des BVB verglichen. Jetzt kann FCI-Trainer Hasenhüttl sich gegen Dortmund beweisen.

(Foto: Fredrik Von Erichsen/dpa)

Der Spielstil der Ingolstädter wird mit dem des BVB verglichen. Nun kommt es zum direkten Duell.

Von Sebastian Fischer, Ingolstadt

Es gab Zeiten, da wäre ein Mann mit Fahrradhelm, Sonnenbrille und Mountainbike am Trainingsgelände des Bundesligaaufsteigers FC Ingolstadt aufgefallen wie ein bunter Hund. Der Übungsplatz in einem Gewerbegebiet war ja lange nicht sonderlich gut besucht. Als der FCI noch Zweitligist war, kamen selten mehr als zehn Zuschauer. In der vergangenen Woche allerdings, nach dem ersten Sieg im ersten Bundesligaspiel beim FSV Mainz 05, wurde länger durchgezählt: Circa 70 Leute waren regelmäßig da. Und im angrenzenden Fanshop waren die Trikots vergriffen. "Man darf nicht zu spät aus der Kabine kommen, sonst schafft man es nicht zum Training, bei all den Händen, die man schütteln muss", sagt Ralph Hasenhüttl: "Hier herrscht einfach eine brutale Euphorie."

Der Ingolstädter Trainer Hasenhüttl, 48, hat sich vor seiner Anstellung in Ingolstadt vor zwei Jahren mit Helm und Brille und auf dem Mountainbike das Training von Borussia Dortmund angesehen - als der BVB noch von Jürgen Klopp trainiert wurde. An diesem Sonntag wird Hasenhüttl den FC Ingolstadt in seinem ersten Heimspiel im ausverkauften Stadion in der ersten Liga coachen - gegen den BVB.

Der Tuchel-Stil baut auf den Klopp-Ideen auf

Hasenhüttls Spielstil, mit dem er Ingolstadt zur Zweitligameisterschaft führte und nun gegen Mainz zu einem verdienten 1:0-Sieg, ist bisweilen mit dem von Klopp verglichen worden. Nach dem Geschmack des Österreichers wohl schon etwas zu oft. Ähnlich aufopferungsvoll jagen die Ingolstädter ja den Ball. Ihr Spiel ist darauf ausgerichtet, den Ball zu gewinnen, bevor ein gegnerischer Angriff entstehen kann. Und dann wird gleich selbst angegriffen. Es ist ein Stil, den Klopps Nachfolger Thomas Tuchel in Dortmund gerade weiterentwickeln will. Tuchel plant eine reifere, eine variablere Form.

"Wir werden vor einige Probleme gestellt werden", sagt Hasenhüttl: "Wir werden geordnete Arbeit gegen den Ball brauchen, eine Mischung aus Kompromisslosigkeit und Kreativität." Gegen Mainz waren einige seiner Spieler selbst überrascht, wie gut der altbewährte Plan gegen einen Bundesligisten funktionierte. Zumal ohne einen der Zugänge in der Startelf. Gegen Dortmund stellt Hasenhüttl womöglich um, drei dem Ball hinterher rasende Angreifer - Lukas Hinterseer, Moritz Hartmann, Mathew Leckie - und hohes Pressing bergen ja auch Risiken gegen einen spielstarken Gegner.

In Norwegen lag die Borussia plötzlich 0:3 zurück

Der BVB ist zwar selbst noch lange nicht da, wo Tuchel ihn haben will, das zeigten auch die ersten 22 Minuten in der Europa-League-Qualifikation gegen den norwegischen Außenseiter Odds BK am Donnerstag. Da lag Dortmund plötzlich 0:3 zurück. Doch was Tuchels Mannschaft schon umzusetzen im Stande ist, zeigten die vier Tore zum 4:3-Endstand. Zudem zeigten es die vier Tore gegen Gladbach am ersten Liga-Spieltag.

Der BVB sei ein Titelkandidat, sagt Hasenhüttl gar. Für ihn könnte es ein weiteres Problem werden, dass der Einsatz von Innenverteidiger und Kapitän Marvin Matip fraglich ist. Zugang Romain Bregerie aus Darmstadt könnte ihn ersetzen.

Trainer Hasenhüttl schwärmt von Regisseur Groß

Spielgestalter Pascal Groß ist dagegen nach Problemen am Außenband wieder einsatzbereit. Wie wichtig das ist, zeigte der Sieg in Mainz, als der beste Torvorbereiter der Vorsaison trotz leichter Schmerzen spielte und in der Offensive die Akzente setzte. Die Entwicklung von Groß, 24, spiegelt anschaulich wieder, welchen Einfluss Hasenhüttl in seinen bald zwei Jahren in Ingolstadt genommen hat. Wie er sich auch selbst weiter entwickelt hat: vom Zaungast mit Helm und Brille zum Trainer mit seinem eigenen, erfolgreichen Stil.

Hasenhüttl hebt eigentlich keine Spieler aus seiner Mannschaft heraus. Doch er schwärmt von Groß. Der galt zwar schon bei seinen Stationen in Hoffenheim und Karlsruhe als talentiert, war deutscher Junioren-Nationalspieler, aber auf dem Rasen und abseits davon streunte er mehr herum, als dass er einem Ziel entgegen strebte. Groß sorge jetzt für die Highlights, sagt sein Trainer - weil er einen Auftrag habe und eine ganz andere Mentalität. Groß selbst spricht lieber von der "brutalen Mentalität" der Mannschaft als Schlüssel zum Erfolg. Aber wo diese Mentalität ihren Ursprung hat, und seit wann es für ihn persönlich in Ingolstadt so gut läuft, das kann er schon sagen: Seit jener Mann da ist, der einst mit Sonnenbrille und Fahrradhelm spionierte. Seit Ralph Hasenhüttl da ist.

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