Gianni Infantino bei der Fifa:Besuche von der Grinsekatze

Trump und Infantino

Freunde des "soccer": Gianni Infantino und Donald Trump.

(Foto: dpa)

Warum spielt Gianni Infantino, der Chef des Fußball-Weltverbands, den globalen Überpräsidenten, statt sich ums Kicker-Gewerbe zu kümmern? Der Eilbefund fällt alarmierend aus.

Kommentar von Thomas Kistner

Immer häufiger gibt es nun befremdliche Bilder von Gianni Infantino. Sie zeigen ihn in der Vorwoche, als er an Wladimir Putins Seite Narendra Modi empfing: Indiens Premier war nach Wladiwostok gereist, um Militärkooperationen mit dem Kremlchef zu besiegeln. Doch kaum war er der Limousine entstiegen, musste der arme Modi erst mal diesen Kerl begrüßen, der ihn wie eine Grinsekatze fixierte, als ihn Putin vorstellte.

Tage später, auf dem Rasen des Weißen Hauses: Donald Trump schlenderte der Hauptstadtpresse entgegen, an seiner Seite der Mann, der gerade das sensible Geschäftstreffen der Oberhäupter Russlands und Indiens garniert hatte. Mit Grinsekatze-Miene lauschte Infantino den Worten des größten US-Präsidenten aller Zeiten, der ihn naturgemäß als "größten Mann des Fußballs" vorstellte.

Was ist da los? Offizielle Sporttermine, irgendetwas Sportaffines gab es weder in Wladiwostok noch in Washington. Was treibt den Boss eines Weltsportverbandes dazu, wie ein Kaugummi an Potentaten wie Trump und Putin zu kleben? Was Vernünftiges kann es kaum sein. Die WM in Russland fand 2018 statt, die WM 2026 in den USA ist noch in weiter Ferne. So wurden entlarvende Begründungen für die Fifa-Staatsvisiten gereicht: In Russlands tiefen Osten soll irgendeine Fußballschule hin, und im Oval Office tauschten sich die Experten zu einem Thema aus, das ihnen offenbar enorm unter den Nägeln brennt. "Wir sprachen über Frauenfußball", sagte Trump, "was man da verbessern kann, etcetera etcetera!"

Frauenfußball? Ist das nicht dieses merkwürdige Spiel, in dem die US-Auswahl gerade den WM-Titel gewann - dabei aber die Welt leider schon vorab durch ihre Leitfigur Megan Rapinoe hatte wissen lassen, man werde Einladungen ins Weiße Haus ablehnen? Trumps Gesprächspartner Infantino hatte die Frauen-WM im Sommer gar als so spannend empfunden, dass er sich während des Turniers zu einer Nahost-Konferenz im Golfstaat Bahrain absetzte. Eingeladen hatte ihn der Initiator: Trumps Schwiegersohn Jared Kushner.

Die Konferenz wurde der erwartete Fehlschlag, die betroffenen Palästinenser hatten Kushners Pläne schon vorher glatt abgelehnt. Unklar nur, inwieweit die Sache die Immobilienträume des Präsidentenschwiegersohnes in der Region befördert haben. Frauen also, etcetera. Oder hatten Trump und Infantino andere Themen? Berichtete der Fußballboss dem US-Präsidenten, den er erst Wochen zuvor in dessen Urlaubsdomizil Bedminster heimgesucht hatte, gar von vertraulichen Gesprächen mit Putin? Oder hat ihm Agent Null-Null-Gianni eine Botschaft überbracht?

Mit seiner wichtigtuerischen Besuchspolitik öffnet der Fußballboss Spekulationen Tür und Tor. Warum spielt er den globalen Überpräsidenten, statt sich um die Kickerei zu kümmern? Der Schnellbefund fällt alarmierend aus. Wie ein Mantra verweist Infantino auf seinen Auftritt beim G-20-Gipfel 2018 in Argentinien, wo er die abgerockten Moralpredigten der Fußballindustrie zum Vortrage bringen durfte. Und wie ein Weberschiffchen saust er zwischen Putin, der ihm jüngst einen Freundschaftsorden ansteckte, und der US-Herrscherfamilie hin und her.

Zu hoffen ist, dass die Peinlichkeit nur ist, nach was es aussieht: Die galoppierende Selbstüberhöhung eines undurchsichtigen Sportfunktionärs, der die Bodenhaftung verloren hat. Und dass er nicht aus ganz anderen Gründen versucht, ein Terrain zu bespielen, auf dem er nichts verloren hat. Etwa aus persönlichen Motiven.

Bis zur Klärung gilt, was Trump nur Stunden nach der Präsentation Infantinos vorm Weißen Haus bei einem Wahlkampfauftritt in North Carolina kundtat. Da witzelte er, wegen der WM müsse er ja nun bis 2026 im Amte bleiben - das habe er gerade mit diesem Fußballboss besprochen - äh, dingens, wie hieß der Bursche gleich? "Gianni Infante! Ein toller Kerl!"

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