Justiz-Affäre um Fifa-Präsident:Strafanzeige gegen Infantino

Gianni Infantino

Fifa-Präsident Gianni Infantino gerät unter Druck.

(Foto: Martin Ruggiero/AP)
  • Fifa-Chef Gianni Infantino wird Untreue vorgeworfen, dadurch gerät auch die Schweizer Bundesanwaltschaft stärker in die Bredouille.
  • Der ehemalige DFB-Präsident Theo Zwanziger hat die Anzeige gegen Infantino gestellt.
  • Er sagt: "Es ist einfach ein Unding, wie hier mit zweierlei Maß gemessen wird. Gegen deutsche Bürger wird selbst bei Handlungen in Deutschland intensiv ermittelt, und bei Repräsentanten der Fifa wird fast alles unter den Teppich gekehrt."

Von Johannes Aumüller und Thomas Kistner, Frankfurt

In dieser Woche sind Vertreter der Schweizer Bundesanwaltschaft (BA) mal wieder nach Deutschland gereist. In Frankfurt vernahmen sie im Zuge ihrer Ermittlungen zur Sommermärchen-Affäre, also den Millionen-Schiebereien um die Fußball-WM 2006, zwei Akteure von damals. Neben deren Aussagen nahmen die BA-Vertreter aber noch ein heikles Thema mit: eine Strafanzeige gegen Gianni Infantino, den Präsidenten des Fußball-Weltverbandes, wegen des Vorwurfes der ungetreuen Geschäftsbesorgung.

Das bringt die BA angesichts der zuletzt aufgeflogenen und merkwürdig engen Verbindungen zwischen ihrem eigenen Amtsleiter Michael Lauber und Fifa-Boss Infantino in die Bredouille: Die Frage ist, ob die BA die Strafanzeige in ihrer jetzigen personellen Aufstellung überhaupt unbefangen beurteilen kann - sprich: darf.

Theo Zwanziger, früher Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) und im WM-2006-Verfahren der Schweizer einer von vier beschuldigten deutschen Ex-Funktionären, stellte am Dienstag die Anzeige im Rahmen seiner Vernehmung. "Es ist einfach ein Unding, wie hier mit zweierlei Maß gemessen wird. Gegen deutsche Bürger wird selbst bei Handlungen in Deutschland intensiv ermittelt, und bei Repräsentanten der Fifa wird fast alles unter den Teppich gekehrt", sagte er der SZ.

Hat Infantino das Vermögen der Fifa geschädigt?

Es ist die zweite Anzeige Zwanzigers gegen Infantino, die bei der BA eingeht. Die erste stellte er im Mai 2018, weil seiner Meinung nach Infantino und die Fifa in der WM-2006-Causa in der Pflicht seien, wegen der ominösen Zehn-Millionen-Franken-Zahlung, an der sich diese Affäre entzündet, beim damaligen Geld-Empfänger Mohammed bin Hammam in Katar nachzufassen. Die BA lehnte die Eröffnung einer Untersuchung im September ab.

Die zweite Anzeige erweitert Zwanziger nun um einen delikaten Punkt: Es geht jetzt um den Vorgang, dass Infantino seinem Jugendfreund Rinaldo Arnold, einem Walliser Oberstaatsanwalt, via Fifa Geschenke im Gegenwert von bis zu 20 000 Euro (etwa Tickets) zukommen ließ, wie kürzlich in anderem Zusammenhang ein Sonderermittler konstatierte.

Dies wurde nicht als Bestechlichkeit ausgelegt, sondern als rein private Geste - aber dies wiederum bringt Infantino in Not. Denn er darf gemäß Fifa-Statuten nicht private Freunde aus Verbands-Mitteln beschenken. Und so ist nun die Frage, ob Infantino das Vermögen der Fifa geschädigt habe. Zuletzt hatte schon der frühere Richter und Fifa-Ethikchef Hans-Joachim Eckert in der SZ erklärt,es brauche eine Voruntersuchung wegen des Verdachts der Untreue. Die Fifa beantwortet eine Anfrage zur Anzeige nicht; die BA wiederum bestätigt nur die Einvernahme Zwanzigers.

Zwei Treffen finden in einem Hotel statt, das Katar gehört

Die aktuelle Situation bringt die Schweizer Behörde in größere Schwierigkeiten als die erste Anzeige. Damals wusste noch niemand um die enge Verbindung zwischen Lauber und Infantino und dass sie mehrfach zu nicht protokollierten Treffen zusammen kamen. In der Zwischenzeit sind drei solcher Treffen bekannt. Die beiden ersten versuchte die BA als Koordinierungstreffen für die umfangreichen Fußball-Ermittlungen zu rechtfertigten. Das dritte verschwieg Lauber zunächst - als es aufflog, konnte sich keiner der Beteiligten daran erinnern.

Mögliche weitere Treffen schließt der Bundesanwalt selbst schon nicht mehr aus. Der Gipfel der Absurdität: Zwei Treffs fanden in einem Berner Luxus-Hotel statt, das einem Staatsfonds Katars gehört und in dem ein Teil der katarischen Botschaft residierte - engste Verbindungen also zu dem Emirat, das in so vielen Punkten der umfangreichen Fußball-Ermittlungen eine zentrale Rolle spielt. Ganz generell ist ja davon auszugehen, dass solche Orte penibel mit modernstem Hightech überwacht werden. Warum die BA das Hotel wählte, sagt sie nicht.

Von mehreren Verfahrensbeteiligten gibt es inzwischen Ausstandsbegehren gegen BA-Vertreter, also die Forderung, sie auszutauschen. Ein erfolgreiches Begehr würde den Fortgang der Ermittlungen stark verzögern und insbesondere in der WM-2006-Causa große Konsequenzen haben. Dort drängt ohnehin die Zeit; sollte bis April 2020 kein erstinstanzliches Urteil vorliegen, wäre die Sache verjährt.

Oft sind Ausstandsbegehren nur der Versuch, das Verfahren zu verzögern. Aber in Laubers turbulenter Behörde sieht das anders aus. Kürzlich gab das Bundesstrafgericht einem Ausstandsbegehr recht. Der Leiter im Karimowa-Fall, einer Korruptionsaffäre um die Tochter des Ex-Präsidenten Usbekistans, musste ausgewechselt werden. Ein Grund war ein seltsames und unzureichend protokolliertes Treffen von BA-Vertretern mit usbekischen Staatsanwälten in Taschkent - zumindest manche Analogie zur Fifa liegt da nahe.

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