Süddeutsche Zeitung

Tennis:Die Next Next Generation ist schon da

Was kommt nach Nadal, Djokovic und Federer? Im Männertennis können derzeit ein Dutzend junge Spieler große Turniere gewinnen, wie Taylor Fritz in Indian Wells. Eine gute Nachricht - außer für Spieler wie Alexander Zverev.

Von Jürgen Schmieder, Indian Wells

Nein, nein, nein, sagte Rafael Nadal, 35, nach dem Finale von Indian Wells: "Das ist nicht der Moment, um darüber zu reden." Er war nach dem 3:6, 6:7 (5) gegen Taylor Fritz, seiner ersten Niederlage in diesem Jahr, auf Schmerzen in der Brust angesprochen worden. Es war eine strapaziöse Tenniswoche für ihn gewesen, Nadal hatte auf dem Weg ins Endspiel gegen Sebastian Korda (USA), Nick Kyrgios (Australian) und seinen spanischen Landsmann Carlos Alcaraz je drei Sätze gebraucht und war zudem von dem Briten Daniel Evans und Reilly Opelka aus den USA stark gefordert worden. Er hatte nach eigener Auskunft noch gar keine Zeit gefunden, die Verletzung zu überprüfen. "Nein, nein, nein", sagte er also: "Wir brauchen jetzt nicht über mich reden. Das ist sein Turnier, er hat grandiose Matches gespielt, und ein sehr gutes Finale."

Er, das ist der 24 Jahre alte Taylor Fritz (USA). Auch er hatte mit Schmerzen gespielt. Im Halbfinale gegen Andrej Rublew (Russland) hatte er sich am rechten Knöchel verletzt; das Training am nächsten Morgen musste er abbrechen. "Der schlimmste Schmerz meines Lebens. Ich habe fast geweint, weil ich dachte, dass es das war", sagte Fritz nach dem ersten Masters-Titel seiner Karriere: "Ein paar Leute aus meinem Team wollten, dass ich nicht spiele - damit werde ich sie nun für immer aufziehen."

Oft ist es ja der alte Nadal, der so einen Wettstreit der Versehrten am Ende für sich entscheidet. Nun war es der junge Fritz. Wobei man bei der Erkenntnis wäre, wer gefehlt hat an diesem Finalwochenende in der Wüste von Kalifornien: nämlich die Stars der so genannten Next Gen, der nächsten Generation hinter dem Trio Nadal, Nowak Djokovic und Roger Federer. Der Russe Daniil Medwedew, 26, hatte gegen Gaël Monfils (Frankreich) verloren - und damit auch wieder die Führung in der Weltrangliste. Der Grieche Stefanos Tsitsipas, 23, und der Deutsche Alexander Zverev, 24, unterlagen früh den jungen Amerikanern Jenson Brooksby, 21, und Tommy Paul, 24, der Italiener Matteo Berrettini, 25, verlor im Achtelfinale gegen den 22 Jahre alten Miomir Kecmanovic (Serbien).

Es war nicht die Next Gen, es war die Next Next Gen, die in Indian Wells reüssierte: Auch wenn man anmerken sollte, dass Fritz gerade einmal sechs Monate jünger ist als Zverev - aber, das ist das Entscheidende, eben später dazugestoßen in den Kreis der Sieganwärter. Die Grenzen der Generationen sind verschwommen, fest steht indes: Man braucht mittlerweile mehr als zwei Hände, um all die Spieler zu zählen, die große Turniere gewinnen können. Das führt zu einer überaus interessanten Konstellation im Männertennis.

Vielleicht sollte man sich in Erinnerung rufen, was Zverev vor sechs Monaten bei den US Open über die so genannten Big Three gesagt hatte, Federer, 40, Nadal, 35, und Djokovic, 34: "Wir wünschen uns alle, dass sie für immer spielen werden - aber irgendwann müssen sie mal aufhören." Nun, zumindest Nadal ist immer noch da, er ist demnächst bei den French Open wieder der Favorit. Djokovic war in Indian Wells nur deshalb nicht anwesend, weil er ohne Corona-Impfung nicht in die USA einreisen durfte. Er ist der Jüngste der Big Three und bleibt, wenn er antritt, weiter favorisiert und gefürchtet. Federer hingegen kämpft längst mit Verschleiß und Verletzungen.

Die Frage ist jetzt allerdings, ob Zverevs Schlussfolgerung aus dem letzten Jahr noch stimmt: "Die Rivalität der Jüngeren - also Medwedew, Tsitsipas, Rublew, Berrettini und mir - führt zu großen Duellen. Halbfinals und Finals bei Grand-Slam-Turnieren dürften spannend werden. Ich glaube nicht, dass einer von uns 20 Grand-Slam-Titel holen wird. Es kann sein, dass wir sie unter uns aufteilen werden."

Es kann aber halt auch sein, dass Alexander Zverev in seiner Karriere kein einziges Grand-Slam-Turnier gewinnen wird; nicht nur wegen der Formkrise, in der er sich aktuell befindet, in seinem immerhin achten Jahr auf der Profitour. Es ist nämlich so, dass es nicht mehr nur "die Jüngeren" gibt, sondern auch die Noch-etwas-Jüngeren, also: Casper Ruud (Norwegen, 23), Sinner (Italien, 20), Felix Auger-Aliassime (Kanada, 20), Alcaraz (Spanien, 20) und Fritz - die Next Next Generation.

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SZ/cca/bkl/schm
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