Ilkay Gündogan bei ManCity:Citizen's Boss

Pep Guardiola wird nach dem Sieg gegen Barcelona in der Champions League vom grauen Premier-League-Alltag eingeholt: 1:1 gegen Middlesbrough. Auf seinen Wunschspieler ist dennoch Verlass.

Von Johannes Kirchmeier, Manchester/München

Am ehesten erinnerte am Samstagnachmittag in Manchester noch eine kleine Szene an Ilkay Gündogans Galavorstellung gegen den FC Barcelona vier Tage zuvor. Zweimal traf der 26-Jährige ja beim 3:1 in der Champions League. Was ihn mit einem Dauergrinsen durch den restlichen Abend laufen ließ. "Das war für unsere Entwicklung sehr wichtig. Barcelona ist einer der stärksten Gegner, gegen den du spielen kannst", sagte er danach, natürlich lächelnd. Es war sein Lächeln: Gündogan lächelte auch gegen den FC Middlesbrough - allerdings nur nach knapp 75 Minuten, als er ausgewechselt wurde und sich klatschend von den Anhängern verabschiedete.

Am gleichen Ort, an dem er seine Freude unter der Woche gemeinsam mit den Anhängern noch lauthals herausgeschrien hatte, trabte Gündogan an diesem Premier-League-Nachmittag in wenig stimmungsvoller Atmosphäre über die Wiese. Gündogan wurde zurück in den grauen Alltag katapultiert. Es wollte ihm nicht viel gelingen beim 1:1 gegen den Abstiegskandidaten. "Ich bin traurig für meine Spieler", sagte Manchesters Trainer Pep Guardiola im Anschluss und ergänzte: "Wir werden uns verbessern." Die Tabellenführung hat Guardiolas Team erst einmal an den FC Chelsea verloren, Guardiolas erste kleine Krise beginnt direkt nach dem Höhenflug gegen Barcelona.

City passt den Ball in U-Form um den Strafraum, Guardiola hadert

Während des Spiels dürfte sich der Katalane wie schon in den vergangenen Wochen an seine Zeit beim vormaligen Arbeitgeber FC Bayern München erinnert haben. Ein großer Teil der Spieler von Middlesbrough stellte sich wie nahezu alle Bundesliga-Gegner Guardiolas in den eigenen Strafraum. Allerdings reagierte sein Team darauf nicht wie der Rekordmeister der vergangenen Saison, mit schnell eingestreuten, gefährlichen Pässen, sondern wie der zu Beginn von Guardiolas Wirken: Manchester City, seit Juli sein neuer Arbeitgeber, kickte sich den Ball fast das ganze Spiel über uninspiriert von einer Seite des Strafraums zur anderen wie beim Handball in U-Form zu: Tiki-Taka in Reinform. "Ich hasse das Tiki-Taka", sagte Guardiola einst in München dem Biographen Martí Perarnau, der das Zitat im Buch "Herr Guardiola" niederschrieb. Es war das dritte 1:1 von Manchester in den vergangenen drei Premier-League-Heimspielen gegen unterlegene Teams.

Dementsprechend angefressen schritt der Trainer auch durch seine Coaching-Zone. Sollte doch gerade einer wie Gündogan das Tiki-Taka mit geistreichen Pässen und Tempowechseln durchschneiden. Der ehemalige Dortmunder mit dem Victor-Emanuel-Bart ist schnell zu einem zentralen Spieler unter dem neuen Coach geworden. Sein Trainer hat ja eine Vorliebe für Mittelfeldspieler, und eine besondere für etwas kleinere Mittelfeldspieler mit hoher Spielintelligenz. Und Gündogan, 1,80 Meter groß und damit auf den Zentimeter so groß wie Guardiola selbst, besitzt diese Spielintelligenz. Ihm wird in den nächsten Jahren die Aufgabe des zehn Zentimeter kleineren Philipp Lahm zukommen, aus dem Guardiola einst einen Mittelfeldspieler erschuf.

Und in den vergangenen Wochen wirkte es tatsächlich so, als könnte Gündogan direkt an Lahm anknüpfen, mit dem Unterschied, dass Gündogan etwas offensiver wirkt und Tore erzielt. Vor den zwei Toren gegen Barcelona traf er zweimal bei West Bromwich: "Das ist echt der Wahnsinn. Momentan stehe ich einfach immer richtig, obwohl ich nie der große Torjäger war", sagte er. Und vor dem Spiel am Samstag schwärmte er im Gespräch mit der Sun vom Spielstil unter seinem neuen Trainer: "Ich genieße es, hier zu sein. Ich liebe es, den Ball zu haben, ihn zu meinen Mitspielern zu passen und ihn zurückzubekommen. Die Art, wie wir hier Fußball spielen, passt perfekt zu mir, ich fühle mich damit sehr wohl."

Gündogan leitet den Führungstreffer ein

Gegen Middlesbrough allerdings, da stand er tatsächlich auch mal falsch, als er etwa zum Seitfallzieher ansetzte, völlig verzog und mit ungläubigem Blick wieder aufstand. Oder als er aus 16 Metern den Ball volley neben das Tor drosch, sich anschließend kräftig auf die Lippen biss und mit dem Kopf wackelte.

Einmal schaffte es Gündogan allerdings erneut, sich in Szene zu setzen. Kurz vor der Halbzeit durchbrach er mit einer Aktion das ewige Tiki-Taka. Durch einen überlegten Pass nach rechts außen zu Kevin de Bruyne leitete er den Führungstreffer ein. Der Belgier flankte dann nach innen in den Strafraum zum ehemaligen Schwiegersohn von Diego Maradona, Sergio Aguero, der kurz vor der Halbzeit freistehend sein 150. Tor für Manchester City erzielen durfte. Die Antwort gelang dann Marten de Roon, in der Nachspielzeit der zweiten Halbzeit per Kopf.

Ilkay Gündogan stand da ja schon lange unter der Dusche, Guardiola schonte ihn für die kommenden Wochen. Womit der Trainer verrät: Die wichtigen Partien kommen noch für seinen neuen Mittelfeldchef.

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