HSV verliert 0:1:Immerhin: keine Relegation!

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Der Hamburger SV verliert ein schwaches Nordderby und freut sich doch über den Klassenerhalt. Auch beim VfL Wolfsburg hellt sich die zuletzt getrübte Stimmung mit dem Sieg auf.

Von Jörg Marwedel

Er habe, sagte Ivica Olic am Samstagabend, "nicht viel Spaß gehabt", seit er Ende Januar 2015 zum HSV zurückgekehrt sei. Zuletzt spielte der 36-jährige Stürmer gar nicht mehr. Seine letzten Minuten im Dress der Hamburger aber waren für ihn "ein schöner Moment". Bevor Klubchef Dietmar Beiersdorfer ihn wie Artjoms Rudnevs mit netten Worten und einem Blumenstrauß verabschiedete, kam er in der 63. Minute noch einmal ins Spiel. Und am Ende durften die Hamburger trotz einer 0:1-Niederlage gegen den VfL Wolfsburg etwas Ungewöhnliches feiern: den Klassenerhalt ohne Relegationsspiele. Das gab es zuletzt vor drei Jahren.

Kurz vor Schluss hatte die Stadionregie das einzige Ergebnis von einem anderen Spiel eingeblendet. Es war das 1:3 der Stuttgarter gegen Mainz. Damit war klar, dass die auf dem vorletzten Platz liegenden Schwaben den HSV nicht mehr erreichen können. Und weil Bremen am letzten Spieltag gegen Frankfurt spielt, kann allenfalls nur noch eins der beiden auf Rang 15 und 16 platzierten Teams die Hanseaten überrunden. Ansonsten aber hätten die 57 000 Zuschauer lieber in den Park oder ins Schwimmbad gehen sollen. Die Partie war insbesondere aus HSV-Sicht so grausam wie auch in dieser Saison sehr viele Heimspiele.

Es ist ein typisches Unentschieden-Spiel, das Wolfsburg in Hamburg gewinnt: Spahic (Mitte) und Vieirinha kämpfen um den Ball. (Foto: Axel Heimken/dpa)

Labbadia sieht einen Fortschritt: eine Saison ohne Abstiegsgefahr

Und als man Sportchef Peter Knäbel später fragte, wie er die vergangenen zwölf Monate werten würde, sagte er: "Ich werde jetzt nicht durch die Stadt laufen und jubeln." Trainer Bruno Labbadia stellte sich wenigstens vor, wie er am Abend in Ruhe bei einem Glas Wein sitzen und sich klarmachen würde, dass man in dieser Spielzeit immerhin "nie in akuter Abstiegsgefahr war". Man könnte das als Fortschritt sehen, wenn dem nicht der große finanzielle Aufwand entgegenstände. Im Verhältnis dazu ist es immer noch ein extrem bescheidener Erfolg.

Immerhin konnten die Wolfsburger, der zuletzt mit sieben sieglosen Spielen tief gestürzte Tabellenzweite des Vorjahres, den Negativtrend aufhalten und wenigstens den inoffiziellen Titel als beste Nord-Mannschaft verteidigen. Mit einem Kurz-Trainingslager in Grassau am Chiemsee wollte der VfL so etwas wie Abstiegskampf-Energie sammeln. Man könne, flachste VfL-Geschäftsführer Klaus Allofs, "darüber philosophieren, ob es an der Alpenluft gelegen hat". Zudem standen fünf neue Profis gegenüber dem 1:5 in Dortmund eine Woche zuvor in der Startelf, darunter der fast arbeitslose Torwart Koen Casteels, der den Kapitän Diego Benaglio verdrängt hatte, und Paul Seguin, ein 21-jähriges Talent aus Magdeburg in seinem dritten Bundesliga-Einsatz.

Hecking gibt ein Versprechen für die letzte Partie aus

Am Tor des Tages für die nach der Pause deutlich besseren Wolfsburger in diesem Sommer-Kick, waren dann aber drei der erfahrensten Spieler beteiligt. Nach einem Eckball von Marcel Schäfer stieg Naldo am höchsten, leitete die Kugel per Kopf Richtung Tor, dort tauchte Luis Gustavo auf und setzte den Ball unter die Latte (73.). Kurz vorher hatte es André Schürrle fertig gebracht, aus wenigen Metern Emir Spahic statt das Tor zu treffen. Kurz danach rettete HSV-Keeper Jaroslav Drobny gegen Daniel Caligiuri gerade noch zur Ecke.

Aufgrund der mageren Saisonleistungen kursieren natürlich Spekulationen um das künftige Personal beider Teams. Beim HSV wird neben Olic und Rudnevs noch mit den Weggängen von Ivo Ilicevic, Gojko Kacar, Drobny und möglicherweise Pierre-Michel Lasogga gerechnet - falls für den Stürmer, der gegen den VfL gefühlt drei Mal am Ball war, ein einigermaßen lukratives Angebot eingeht. Der von Allofs angekündigte Umbau des Wolfsburger Teams könnte durchaus mit Verkäufen teurer Profis wie Schürrle, Max Kruse, Luis Gustavo oder Dante vor sich gehen. Auch für Julian Draxler könnte eine finanziell interessante Offerte eingehen. Erster Zugang ist David Didavi vom vermutlichen Absteiger VfB Stuttgart, dem letzten Gegner in dieser Punktrunde.

Eines aber hat VfL-Trainer Dieter Hecking, der trotz der jüngsten Misserfolge von Allofs geschützt wurde wie einst sein Kollege Thomas Schaaf in Bremen, versprochen: "Wir dürfen uns im Abstiegskampf (der anderen) keine Blöße geben." Er hat den Bremern und Frankfurtern versprochen, dass sie sich beim letzten Heimspiel der Wolfsburger gegen Stuttgart "darauf verlassen können, dass wir es nicht austrudeln lassen".

© SZ vom 08.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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