HSV-Sieg in Mainz:Hamburg feiert sein spätes Abenteuer

1. FSV Mainz 05 v Hamburger SV - Bundesliga

Man of the Match: Gojko Kacar bejubelt den Siegtreffer auf Knien.

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Dank eines späten Treffers von Gojko Kacar gewinnt der Hamburger SV in Mainz mit 2:1.
  • Es ist der zweite Sieg nacheinander für den neuen Trainer Bruno Labbadia. Der HSV klettert auf Platz 14 in der Tabelle.
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Christian Heidel, der Manager des FSV Mainz 05, hat an diesem Wochenende einen alten Gedanken neu aufgewärmt. Man könne doch mal wieder drüber nachdenken, so Heidel, die Liga auf 20 Vereine aufzustocken - mehr Heimspiele, mehr Einnahmen, das ganze argumentative Routine-Programm. Was er nicht sagte und wahrscheinlich auch nicht meinte: dass der HSV bei 20 Klubs mehr Chancen hätte, in der Liga zu bleiben. Einstweilen scheint es aber, als könnte der HSV sich selbst helfen: Nach dem glücklichen 2:1 (1:0) in Mainz springen die Hamburger auf Platz 14 - mit einem schmutzigen Sieg, wie ihn jedes Kellerkind liebt. Der Siegtreffer des monateleng in der Versenkung verschwundenen Profis Gojko Kacar fiel kurz vor Schluss, und in einer turbulenten Schlussphase sah der Mainzer Brosinski auch noch die rote Karte. Es war der zweite Sieg unter dem neuen Trainer Bruno Labbadia. "Das war ein Sieg des Willens", sagte Labbadia nach dem Sieg, glücklich und vom Dauerregen völlig durchnässt. "Letzte Woche haben wir den Glauben wieder zurückgeholt, und jetzt haben wir den Glauben noch mehr gestärkt." Das war ja die spannende Frage gewesen in diesem turbulenten Abstiegskampf, der wöchentlich neue Trends kreiert: Welcher HSV würde in Mainz wohl auf dem Feld stehen? Der HSV vom vergangenen Wochenende, der unter Labbadia einen befreienden Sieg gegen Augsburg gelandet hatte? Oder der HSV von den Wochenenden davor, an dem rein gar nichts befreiend war?

Am Anfang war weder der eine noch der andere HSV auf dem Feld. Die Hamburger waren anfangs präsent, aber sie ließen sich von leidenschaftlichen Mainzern auch bald wieder aus dem Spiel vertreiben. Nach acht Minuten hätten die Gastgeber schon in Führung gehen können, Jairos Schrägschuss konnte HSV-Torwart Adler gerade noch entschärfen.

Es war eine Szene, die den Trend markierte: Meistens ging's in Richtung HSV-Tor. Nach zwölf Minuten hatte der Mainzer Mittelfeldspieler Geis mit strammem Distanzschuss erneut die Führung auf dem Fuß, auch Baumgartlinger zwang Adler zu einer Parade (19.). Das Spiel? War munter, temporeich und etwas fehlerhaft. Der HSV? War die passivere Elf in diesem munteren, temporeichen und etwas fehlerhaften Spiel.

Die Hamburger spielten aber körperbetont genug, um die Mainzer nicht zu frech werden zu lassen. Es entwickelte sich ein Kampfspiel von hoher Intensität, es war kein Spiel für feine Füße. Die Mainzer investierten mehr, aber ihnen fehlte im Getümmel die Ruhe, um den HSV dauerhaft unter Druck zu setzen. Mit zunehmender Dauer häuften sich die Zweikämpfe und Zusammenstöße, besonders schlimm traf es den Mainzer Soto, der nach einer Kollision mit Hamburgs van der Vaart mit einer außergewöhnlich schweren Knieverletzung das Feld räumen musste. Bei dem 34-Jährigen wurde später eine "vollständige Ausrenkung des Kniegelenks" diagnostiziert, dabei rissen das vordere Kreuzband und das Innenband; auch der Meniskus wurde in Mitleidenschaft gezogen. Die Karriere des Kolumbianers dürfte mit hoher Wahrscheinlichkeit beendet sein. "Ich bin schon lange dabei, aber so ein Knie habe ich noch nie gesehen. Alles, was danach in dem Spiel passiert ist, war unwichtig", sagte der sichtlich mitgenommene Manager Christian Heidel.

Die Mainzer wirkten nach diesem Vorfall erkennbar getroffen, sie büßten an Zugriff und Zuordnung ein, und das reichte in dieser physischen Begegnung schon, um in Rückstand zu geraten: Rechtsverteidiger Westermann schlug einen Haken und versandte mit dem linken Fuß so etwas Ähnliches wie eine Flanke, deren wahren Adressaten niemand mehr erfahren wird. Der Ball landete am Kopf des Mainzers Baumgartlinger, und von dort flog er ins Mainzer Tor (37.).

Es war: ein herrliches Eigentor.

Es gibt Szenen, die ein Spiel verändern können, in diesem Fall waren es zwei: Sotos dramatische Verletzung und das unglückliche Gegentor machten den Mainzern schwer zu schaffen. Sie versuchten, präsent zu bleiben, aber es blieb zunächst beim Versuch - was dem HSV entgegenkam, der lauern und auf Konter spekulieren konnte.

Der Ausgleich reicht nicht

Selbst der bekennende Ästhet van der Vaart wurde zum Schwerathleten, er schuftete in den Tiefen des Mittelfeldes. Auch in der Folgezeit bestand der Trainereffekt beim HSV vor allem darin, knackige Zweikämpfe zu führen, stabil zu stehen und darauf zu vertrauen, dass die Mainzer den verlorenen Faden nicht mehr finden.

Die Gastgeber bekamen das Spiel anschließend aber wieder unter Kontrolle, hatten viel Ballbesitz, und wenn es schnell ging, war der HSV auch überwindbar: In der 69. Minute sauste Koo an der HSV-Deckung vorbei und traf den Pfosten. Das Selbstbewusstsein der Mainzer war nun zurück, was sieben Minuten später in einem schönen Tor seinen Ausdruck fand. Nach einer Blitzkombination über de Blasis und Jairo traf Malli zum Ausgleich, der verdient war - und am Ende doch nicht für einen Punktgewinn reichte, weil Kacar nach einer Ecke per Distanzschuss doch noch der Siegtreffer gelang. Wenn der Trend täuscht, dann könnten die Hamburger tatsächlich auch ohne Aufstockung der Bundesliga erstklassig bleiben.

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