HSV-Sieg gegen BVB:Superman zeigt es Batman

Hamburger SV v Borussia Dortmund - Bundesliga

Jubelt mit Batman-Foto: Pierre-Michel Lasogga nach dem 1:0

(Foto: Stuart Franklin/Getty Images)
  • Pierre-Michel Lasogga und der Hamburger SV zerstören die Hoffnung, dass der Dortmund wieder zu einem echten Rivalen für den übermächtigen FC Bayern heranwachsen könnte.
  • Das schlimmste BVB-Missgeschick passiert dabei Mats Hummels.
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Von Jörg Marwedel, Hamburg

Die von vielen herbeigewünschte "Normalität" begann um 20.49 Uhr. Da endlich pfiff Schiedsrichter Felix Zwayer die erste Bundesliga-Partie nach dem Pariser Terror-Anschlag zwischen dem Hamburger SV und Borussia Dortmund an. 19 Minuten später als angesetzt, weil wegen der vermehrten Kontrollen noch längst nicht alle der 57 000 Zuschauer ihre Plätze im Volksparkstadion eingenommen hatten. Sogar Uwe Seeler wurde abgetastet.

Doch sportlich konnte nach dem Spiel nicht mehr von Normalität gesprochen werden. Denn die Mannschaft des HSV tanzte zusammen mit Maskottchen Hermann, dem Dino, zehn Minuten lang vor der Fantribüne, um ihren 3:1-Sieg gegen Borussia Dortmund zu zelebrieren. Es war, wie Trainer Bruno Labaddia zusammenfasste, "ein Freudentag für den HSV". Und das, obwohl alles mit einer doppelten Schweigeminute für die Opfer von Paris sowie den kürzlich verstorbenen Hanseaten Helmut Schmidt begonnen hatte. Man kennt das ja von Beerdigungen, bei denen nach der Trauer der Frohsinn wieder hochkommt. Was die Hamburger nach düsteren Stunden in Partylaune versetzte, wird den Rest der Bundesliga nicht unbedingt jubeln lassen. Die kleine Hoffnung, dass mit der Borussia doch noch ein echter Rivale für den übermächtigen FC Bayern heranwachsen könnte, wurde am Freitagabend zunächst einmal zerstört.

Tuchel hofft: "Vielleicht ist das heilsam."

BVB-Coach Thomas Tuchel, der im Sommer fast beim HSV gelandet wäre, ehe das Angebot aus Dortmund kam, war entsetzt über die Vorstellung seines Teams. Schon am Spielfeldrand hatte man seine Verzweiflung sehen können. Immer wieder ruderte er mit seinen Armen, bevor er sich resignativ auf die Bank setzte. Später sagte er: "Wir waren von der ersten Sekunde an nicht bereit, das Spiel zu spielen." Man sei 45 Minuten lang hinter den eigenen Ansprüchen zurückgeblieben. Die kleine Leistungssteigerung nach der Pause habe nichts mehr genützt, weil der HSV längst zu viel Rückenwind hatte und nicht nur Leidenschaft zeigte, sondern mit seinen drei Sechsern Gojko Kacar, Gideon Jung und Lewis Holtby auch meistens eine gute Ordnung hatte, bis Kacar und Holtby mit Krämpfen ausgewechselt wurden.

"Vielleicht", sagte der ernüchterte Tuchel, "ist das gut und heilsam." Vielleicht sei es lehrreich, "es sofort zu spüren". Nämlich, was passiere, wenn man nicht alles abrufe. Torwart Roman Bürki hatte etwa "Freude und Mut" vermisst in seinem Team. Und das zog sich vom rechten Verteidiger Matthias Ginter über Kapitän Mats Hummels hin bis zu Shinji Kagawa und den ebenfalls restlos enttäuschenden Marco Reus.

Superman trifft früh, Batman zu spät

Am besten präsentierte sich am Freitagabend Hamburgs Stürmer Pierre-Michel Lasogga. Er hatte unter seinem Trikot ein Hemd, das ihn als Superman abbildete. Er zeigte es nach dem 1:0 in der 19. Minute, als er mit nur einem Anlauf-Schritt den Elfmeter unhaltbar zum 1:0 verwandelte, den Bürki mit einer ungeschickten Aktion gegen Ivo Ilicevic provoziert hatte. Es war eine Reaktion auf Pierre-Emerick Aubameyang, der sich schon mit Batman-Maske für ein Tor gefeiert hatte. "Ein kleiner Spaß. Ein bisschen Ablenkung tut den Leuten gut", meinte Lasogga. Vorangegangen war ein Fehlpass von Sokratis auf Passgeber Lewis Holtby. Der einstige Tuchel-Schüler in Mainz, der das HSV-Spiel mit klugen Pässen und "Bälle klauen" (Labaddia) vorantrieb, war auch der Nutznießer des anderen Tuchel-Schülers beim HSV, Nicolai Müller. Der wartete in der 41. Minute so lange, bis Holtby in Position gelaufen war und er ihm die Kugel in den Lauf spielen konnte. Während vier Dortmunder dem Treiben quasi teilnahmslos zuschauten, vollstreckte Holtby "in der Manier eines Torjägers", wie der frühere Torjäger Labaddia lobte.

HSV-Sieg gegen BVB: Am Boden: Pierre-Emerick Aubameyang

Am Boden: Pierre-Emerick Aubameyang

(Foto: AP)

Adler hält, als wäre es ein Champions-League-Spiel

Den Gipfel aller Missgeschicke vollbrachte dann Nationalspieler Hummels, der stark an seine missratene Saison 2014/2015 erinnerte. Nach einem Eckball von Holtby traf er unhaltbar für den eigenen Torhüter zum 3:0 ins eigene Netz. Und auch, wenn sich die Dortmunder mit den Eingewechselten Lukasz Piszczek (nur noch ein Schatten früherer Meistertage), Gonzalo Castro (für Kagawa) und Adnan Januzaj (für Reus) bemühten, ihre spielerische Überlegenheit endlich auszuspielen, blieb das 15. Bundesliga-Tor von Aubameyang in der 86. Minute die einzige Ausbeute.

Den Rest vereitelte HSV-Keeper René Adler, der mehrmals großartig rettete. Besonders in der 63. Minute, als Aubameyang direkt vor ihm auftauchte und in der 76. Minute, als er einen Freistoß von Ilkay Gündogan um den Pfosten drehte. Gegen Dortmund, sagte Adler, bringe es ihm immer Spaß. Denn die Hamburger sind so etwas wie der Angstgegner der Borussia. Fünf der vergangenen sieben Spiele haben sie gewonnen und nun sogar eine Dortmunder Serie gebrochen. Der BVB hatte die letzten 19 Freitagsspiele nicht mehr verloren. Adlers Kniff: "Ich versuche bei Freitagsspielen gegen starke Gegner meinen Geist auszutricksen", verriet er. Dann stelle er sich immer vor, das sei ein Champions-League-Spiel. Seine Leistung war entsprechend.

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