HSV-Pleite gegen Paderborn:Das Grauen geht weiter

Hamburger SV v SC Paderborn 07 - Bundesliga

Geht das schon wieder los: HSV-Coach Mirko Slomka.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

80 Minuten gegen den SC Paderborn genügen, um die Aufbruchsstimmung beim Hamburger SV verfliegen zu lassen. Trainer Mirko Slomka erkennt beim 0:3 gegen den Aufsteiger alte Muster. Weitere neue Spieler sollen helfen.

Von Carsten Eberts

In 80 Minuten war die ganze Euphorie eines Sommers verflogen. Die Hamburger Fans verließen die Arena, an den Aufgängen bildeten sich Schlangen, rund um das Stadion kleine Staus. Drei Monate hatten die Anhänger des Hamburger SV Zeit gehabt, sich eine bessere Zukunft auszumalen - was sie auch nach Kräften taten.

Und dann kam der SC Paderborn.

Die Enttäuschung am Samstagnachmittag war greifbar, als sei etwas eingetreten, womit niemand gerechnet hatte. 0:3 (0:1) gegen den SC Paderborn, gegen den finanziell minderbemittelten Aufsteiger, der für viele bereits als erster Absteiger feststeht. "Wir wurden ausgepfiffen, berechtigt", sagte Trainer Mirko Slomka: "Wir haben unsere Fans brutal enttäuscht, obwohl wir ein neues Gesicht zeigen wollten."

Ein neues Gesicht konnte dem HSV kaum attestiert werden. Auch Dietmar Beiersdorfer, der neue Vorstandsboss, reagierte geschockt. "Ein 3:0 kann man keinem erklären. Ich habe es mir so nicht ausgemalt, es wäre mühsam, gute Perioden im Spiel zu suchen", sagte Beiersdorfer: "Wir müssen selbstkritisch sein und sagen: Das war einfach schlecht." Seit er im Juli zum HSV zurückgekehrt war, hatte sich in der Hansestadt eine Aufbruchsstimmung verbreitet. Eine Saison wie die vergangene, als erst in der Relegation mit allem Glück dieser Fußballwelt der Klassenerhalt gelang, sollte sich nicht wiederholen.

Doch diese Stimmung scheint am zweiten Spieltag - nach nur einem Punktgewinn gegen die Aufsteiger aus Köln und Paderborn - abermals dahin. "HSV schon wieder am Boden", schreibt das Hamburger Abendblatt am Sonntagmorgen. Bei der Mopo heißt es: "Neustart? Das Grauen geht weiter."

Es scheint wirklich kaum etwas besser geworden zu sein über den langen Sommer, obwohl beim HSV so viel verändert wurde. Die Initiative "HSV Plus" wurde verwirklicht, die Profimannschaft in eine Fußball-AG ausgegliedert. Beiersdorfer hatte den Sportchef Oliver Kreutzer gefeuert, in Bernhard Peters einen Nachwuchschef geholt, zahlreiche neue Spieler verpflichtet, von Nicolai Müller über Valon Behrami bis Matthias Ostrzolek fast alle Wunschspieler bekommen (ein paar weitere sollen noch folgen).

"Wenn wir unsere Fehler von heute sehen, muss ich feststellen, dass ich die auch in der letzten Saison oft gesehen habe", zog Slomka sein ernüchterndes Fazit. Etwa das zweite Gegentor, das sich der HSV mit einem Ballverlust in der Vorwärtsbewegung selbst auflegte, erinnerte fatal ans Frühjahr 2014.

Kommen Green und Holtby?

Die Paderborner gingen sogar noch gnädig mit dem HSV um. Erst die dritte Großchance nutzte Elias Kachunga zur Führung (29.). Zu Beginn der zweiten Halbzeit erspielten sich die Hamburger eigene Chancen, die Paderborn jedoch abwehren konnte. Dann der Katastrophen-Passversuch von Artjoms Rudnevs zu Pierre-Michel Lasogga, den Mario Vrancic abfangen konnte und zum 2:0 verwertete (68.).

Kurz vor Schluss auch noch das 0:3 durch Moritz Stoppenkamp (87.), das zahlreiche Hamburger Fans gar nicht mehr im Stadion miterlebten. Seine Mannschaft hätte auch höher gewinnen können, folgerte Paderborns Coach André Breitenreiter, womit er zweifellos recht hatte.

So ist die HSV-Bilanz weiterhin schlimm. Aus den letzten sieben Ligaspielen hat der HSV lediglich einen Punkt geholt, seine letzten drei Heimspiele verlor der Klub saisonübergreifend mit insgesamt zehn Gegentoren (exklusive Relegation). Auch die Spieler haben sich diesen Saisonstart nicht vorstellen können. "Wir müssen jetzt Männer sein", sagte Innenverteidiger Johan Djourou: "Wir müssen viel mehr arbeiten, viel mehr kämpfen."

Hinzu kommt, dass in Rafael van der Vaart ein zwar in die Jahre gekommener, jedoch immer noch wichtiger Fixpunkt im HSV-Spiel ausfallen wird. Er zog sich gegen Ende der ersten Halbzeit eine Oberschenkelverletzung zu, eine mehrwöchige Pause droht.

Zwangsläufig werden die Rufe nach weiteren Zugängen laut. Gut für Beiersdorfer, dass er diesbezüglich weit zu sein scheint. Zwar kommentierte er am Samstag keine Namen, doch der Klub soll sich mit dem FC Bayern über eine Ausleihe von Julian Green weitgehend einig sein. Greens Vater Jerry bestätigte den Wechsel schon einmal dem US-Fernsehsender ESPN, am Sonntag soll der Medizincheck erfolgen, Ebenfalls in Gesprächen ist Beiersdorfer mit dem englischen Klub Tottenham Hotspurs bezüglich der Personalie Lewis Holtby. Beiersdorfer sagte zum Stand der Verhandlungen nichts, aber auch ein Dementi sparte er sich.

Früher als erhofft musste sich Beiersdorfer auch zum Trainer äußern. Nein, Mirko Slomka stünde nicht zur Debatte, erklärte der Vorstandschef. "Das war eine schlechte Leistung, aber ich diskutiere nicht über den Trainer", sagte Beiersdorfer. Die Rufe nach Thomas Tuchel dürften in der Hansestadt in den kommenden Tagen trotzdem kaum leiser werden.

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