HSV in der 2. Liga:Hamburger Seifenoper mit Lasogga

Hamburger SV v 1. FC Koeln - Second Bundesliga

Pierre-Michel Lasogga (Mitte) und seine Kollegen konnten sich gegen Köln freuen.

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Der HSV ist nach einigen Problemen zum Saisonstart plötzlich wieder Tabellenerster in der 2. Liga.
  • Gegen Köln zeigt sich erneut Pierre-Michel Lasogga in großer Form - er startet zudem eine Karriere als TV-Persönlichkeit.
  • Hier geht es zur Tabelle der zweiten Liga.

Von Jörg Marwedel, Hamburg

Dieser "sehr schöne Abend", den der neue HSV-Trainer Hannes Wolf nach dem 1:0-Sieg im Spitzenspiel der zweiten Liga gegen den 1. FC Köln bilanzierte, hatte aus Hamburger Sicht tatsächlich einiges zu bieten. Uwe Seeler konnte seinen 82. Geburtstag versöhnlich ausklingen lassen (am Tag seines 80. Wiegenfests gab es ja mal ein deprimierendes 2:5 gegen Borussia Dortmund) - und der HSV erklomm die Tabellenspitze und steht jetzt wieder vor dem im Volkspark wenig beliebten Stadtrivalen FC St. Pauli.

Hamburg ist damit aktuell die Hauptstadt der zweiten Bundesliga. Und auch Trainer Wolf war Historisches gelungen: Erstmals ist ein HSV-Trainer mit drei gegentorlosen Siegen gestartet - wobei einordnend natürlich zu sagen ist, dass alle Vorgänger von Wolf ihren Start in Liga eins erlebt hatten.

"Ich darf ihn nicht zu sehr loben", sagte Wolf über Santos

Zwei Profis hat es der HSV besonders zu verdanken, dass er jetzt offenbar wieder den Rückweg in Richtung erste Liga eingeschlagen hat. Einerseits dem Torschützen und neuen Bild-Soap-Star Pierre-Michel Lasogga, der mit seinem Treffer in der 86. Minute das Stadion zum Toben brachte und alle Spieler der Ersatzbank nebst Wolf jubelnd auf den Rasen katapultierte. Es war Lasoggas sechstes Zweitliga-Tor in diesem Herbst und der erste HSV-Treffer daheim nach 363 Minuten. Längst ist der unermüdliche Lasogga kein Ersatz mehr wie unter Wolfs Vorgänger Christian Titz, sondern womöglich ein Aufstiegs-Garant.

Der zweite Profi, dem der HSV eine kleine sportliche Wiedergeburt verdankt, ist Douglas Santos. Der brasilianische Olympiasieger von 2016, der im Sommer fast schon mit Schalke 04 handelseinig war, ist jener "Unterschiedspieler" (Torwart Julian Pollersbeck), den man braucht, um große Ziele zu erreichen. Santos verteidige nicht nur "sehr diszipliniert", wie Wolf analysierte, er ist auch jemand, der dem Offensivspiel des HSV viele Impulse verleiht. Vor dem Siegtreffer düpierte der Außenverteidiger gleich mehrere Kölner und schoss so scharf, dass FC-Keeper Timo Horn den Ball nur nach vorne abklatschen konnte. Dort ließ Lasogga sein Torjäger-Näschen wirken und staubte im Fallen ab.

"Ich darf ihn nicht zu sehr loben", sagte Wolf über Santos - um genau das zu tun. Der Coach hatte exakt das von seinen Profis gefordert, was Santos vorlebte. Der Brasilianer selbst beschrieb es so: "Das Tor war eine echte Willensleistung." Er habe bei seinem Schuss ein wenig Pech gehabt, doch "zum Glück haben wir einen Stürmer wie Pierre, der immer zur Stelle ist". Und auch der in Dortmund und beim VfB Stuttgart von Wolf ausgebildete Orel Mangala entpuppt sich zunehmend als Glücksfall für den HSV. Der 20-jährige Belgier ordnet als Mann vor der Abwehr das Spiel mit vielen schnellen Pässen, weshalb die langsameren Alternativen Matti Steinmann und Christoph Moritz vorerst keine große Rolle mehr spielen.

"Schärfe" ist das neue Lieblingswort

Das Spitzenspiel der beiden Bundesliga-Absteiger fühlte sich freilich nur aus Hamburger Sicht wie ein Spiel der ersten Liga an. Den Kölnern war schon "mit der ersten HSV-Chance der Mut abhanden gekommen", wie Abwehrspieler Rafael Czichos feststellte. Die Courage kam auch nicht zurück, als Marco Höger in der 59. Minute nach Vorarbeit von Marcel Risse fast das 0:1 erzielt hätte, was dadurch verhindert wurde, dass Khaled Narey den Ball von der Linie schlug. Die Rheinländer ließen sich ansonsten von der wachsenden "Schärfe" der Hamburger aus dem Rhythmus bringen. "Schärfe" ist das neue Lieblingswort von Hannes Wolf, und genau diese Eigenschaft fehlte dem Team unter dessen Vorgänger Titz allzu häufig.

Die Kölner machen sich nun vermehrt Sorgen nach dem vierten sieglosen Zweitligaspiel in Serie, das sie auf Rang drei abrutschen ließ. Nicht nur Trainer Markus Anfang sehnt sich nach den "bitteren letzten Wochen" (so Offensivspieler Louis Schaub) nach einem Neuanfang. Den hatte er eigentlich im durch Elfmeterschießen verlorenen Pokalduell mit Schalke 04 gesehen. Doch das war offenbar ein Irrtum. Geschäftsführer Armin Veh hat den Ton nun so verschärft wie die 4000 mitgereisten Fans, die nach der Klubführung ("Vorstand raus") auch die Spieler beschimpften.

"Wenn wir aufsteigen wollen, muss sich etwas ändern", sagte Veh deutlich: "Nix" habe ihm bei diesem "grottenschlechten" Auftritt gefallen, die Mannschaft habe "nicht unbedingt gewollt", fand Veh.

Es wird spannend zu sehen sein, ob die Kölner mit ihrem neuen Coach Anfang mehr Geduld haben als die Hamburger mit Christian Titz. Den hatte die panische HSV-Führung vor zwei Wochen beurlaubt, weil die Elf in vier von sechs Heimspielen torlos geblieben und auf Rang vier gesackt war. Wenn man die bisherigen Ergebnisse unter Hannes Wolf sieht, dürften sich HSV-Chef Bernd Hofmann und Sportvorstand Ralf Becker bestätigt fühlen. Etwa ein Vorbild für den FC?

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