HSV: Labbadias Entlassung:Lohn für eine Verschwörung

Derart groteske Szenen einer Sabotage, wie sie die Spieler des HSV in Hoffenheim geboten haben, gab es in bald 47 Jahren Bundesligageschichte noch nicht.

Philipp Selldorf

Bruno Labbadia ist am Montag vom Hamburger SV entlassen worden, aber es war trotzdem ein guter Tag für ihn, man muss ihm gratulieren. Die Kündigung erlöst ihn von der grausamen Diskriminierung durch seine Spieler, und selbst der extrem ehrgeizige und restlos von sich überzeugte Labbadia wird eines Tages hoffentlich erkennen, dass ihm der HSV-Vorstand einen Gefallen getan hat.

Bruno Labbadia

Erst gefeiert. nun entlassen: Bruno Labbadia.

(Foto: Foto: dpa)

Andererseits hätte man gern gesehen, was die Hamburger Fußballer als nächstes unternommen hätten, um ihren Trainer loszuwerden. Solche grotesken Szenen einer Sabotage, wie sie die Hamburger Profis beim 1:5 in Hoffenheim geboten haben, gab es ja in bald 47 Jahren Bundesligageschichte noch nicht: Wie Mathijsen vor dem 0:1 angeblich den Ball nicht unter Kontrolle bekam und dann dem weglaufenden Ibisevic energisch hinterher trabte. Oder wie sich Boateng angestrengt duckte, bevor Ibisevic den Kopfball zum 0:2 setzte - dem Zuschauer war es unmöglich, nicht an Bestechung zu denken.

Aber es war wohl nur eine Verschwörung gegen den offenbar sehr, sehr ungeliebten Cheftrainer, und die zeugte zumindest von funktionierendem Mannschaftsgeist: Alle haben mitgemacht. Welche Formen des passiven Widerstands hätten sich die Spieler für ihr Europacupspiel beim FC Fulham ausgedacht, falls Labbadia im Amt geblieben wäre? Der HSV-Vorstand hat es lieber nicht wissen wollen. Aber er wusste: Mit Labbadia als Trainer hätte die Mannschaft garantiert verloren. Also musste er gehen, das Spiel ist zu wichtig.

Aus moralischer Sicht ist es traurig, dass die Spieler für ihr Verhalten belohnt werden. Aber es ist nur Profifußball. Das Team erhält jetzt gegen den FC Fulham seine Chance, Labbadia nimmt seine Abfindung. Bis zum nächsten Engagement sollte er jedoch darüber nachdenken, warum es für ihn in Hamburg genauso schief lief wie zuvor in Leverkusen. Diese beiden Abschnitte seiner Karriere gleichen sich wie Kopien. Auch bei Bayer 04 erreichte das Verhältnis zwischen Trainer und Team Zustände wie in einem Ehedrama von Ingmar Bergmann. Der Klub versäumte es, das Schauspiel rechtzeitig zu beenden und verlor das Pokalfinale.

Trotzdem war man Labbadia nicht böse, was nicht nur daran lag, dass der HSV für den Wechsel eine Million bezahlte. Zum Abschied haben die Leverkusener Chefs dem Trainer den Tipp mitgegeben, seine Prinzipien etwas weniger stur gegen den Willen der Spieler durchzusetzen. Wie gut er zugehört hat, ließ sich nun bestaunen.

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