Jatta beim Hamburger SV:"Wir stehen voll hinter Bakery"

Training Hamburger SV

Bakery Jatta trainiert weiterhin mit seinen Mannschaftskollegen vom Hamburger SV.

(Foto: dpa)
  • Der Hamburger SV geht im Fall von Bakery Jatta in die Offensive.
  • Dem Spieler, der als Flüchtling nach Deutschland kam, wird vorgeworfen, unter falscher Identität zu spielen.
  • Es gibt die in Migrationsfragen übliche Hetze, aber auch enormen Beistand.

Von Peter Burghardt, Hamburg

Der Donnerstagnachmittag war veränderlich bewölkt und windig im schönen Hamburg, außerdem hat der HSV trainiert, öffentlich neben dem Volksparkstadion. Mit Bakery Jatta, der auf einmal gar nicht mehr Bakery Jatta sein soll, wenn die Vorwürfe stimmen, die so unangenehm laut geworden sind. Er ging in erster Reihe die Stufen zum Rasen hinab, er schüttelte Hände, die Fans klatschten. "Wir stehen voll hinter Bakery und werden ihn weiterhin vollumfänglich im Trainings- und Spielbetrieb einplanen", ließ Sportvorstand Jonas Boldt mitteilen. Jatta sei "ein wertvoller Spieler und voll integrierter, geschätzter Teamkollege".

Ob der Linksaußen aus Gambia am Sonntag auch beim DFB-Pokalspiel in Chemnitz mitmacht, wird sich zeigen. Es soll sich überhaupt möglichst bald klären, was es mit dieser derzeit etwas verworrenen Personalie auf sich hat und was das für diesen jungen Mann bedeuten könnte. Bisher war Bakery Jatta, der laut Pass und Spielgenehmigung 21 Jahre alt ist, ein beliebter Profi, der es auf erstaunlichem Wege in die erste Elf dieses wundersamen Klubs geschafft hat. Die Leute mögen ihn, auch wegen einer Geschichte, die so ging: aufgewachsen ohne Eltern, in Afrika nie im Verein gespielt, Flucht aus seiner armen, damals von einem Diktator beherrschten Heimat durch die Sahara und über das Mittelmeer, Ankunft in Deutschland mit Tasche und Tüte, Probetraining und Vertrag beim HSV, Aufstieg zum Stammspieler. Selbst den Abstieg des HSV überstand er.

Und nun das. Die Zeitschrift Sport-Bild hatte am Mittwoch den Verdacht in die Welt gesetzt, dass Bakery Jatta in Wirklichkeit Bakary Daffeh heiße, bereits 23 Jahre alt sei und bei mehreren Vereinen gespielt habe, außer in Gambia auch in Senegal und Nigeria. Zwei frühere Trainer glauben ihn auf einem Foto erkannt zu haben, auf Bildern sehen sich Bakery Jatta und der seit 2015 nicht mehr sichtbar in Erscheinung getretene Bakary Daffeh sehr ähnlich. Ganz neu sind die Zweifel nicht, vor allem die Frage nach seinem Alter hatte ihn schon bei seiner Landung 2015 in Bremen und 2016 in Hamburg begleitet. Aber jetzt, nachdem er sich geradezu märchenhaft in Deutschland und seiner Lieblingssportart etabliert hat, ist Jatta plötzlich Gegenstand von Protest und Ermittlungen.

Der Kontrollausschuss des DFB unter Leitung des früheren 1860-Stürmers und heutigen Deggendorfer Gerichtspräsidenten Anton Nachreiner untersucht die Sache. Das Bezirksamt Hamburg-Mitte, die für Jatta zuständig Behörde, will "den Fall intensiv prüfen" und "im Rahmen einer Anhörung" den Hinweisen nachgehen. "Sollte sich im weiteren Verlauf der Verdacht auf Falschangaben bestätigen, ist über ein Rücknahmeverfahren zu entscheiden." Eine Einreise mit gefälschtem Pass wäre ein Vergehen, doch bislang ist eine Fälschung durch nichts belegt. Auch sind Warnungen vor Haft und Abschiebung vorläufig nur wilde Theorie.

Obendrein hat der 1. FC Nürnberg angesichts der Meldungen Einspruch gegen die 0:4-Niederlage vom Montag gegen den HSV eingelegt. HSV-Manager Boldt wundert sich über den Nürnberger Club und fordert DFB und DFL auf, sich zu positionieren, "was die Spielberechtigung von Bakery Jatta betrifft, damit ein rechtssicherer Ablauf des Pokal- und Punktspielwettbewerbs gewahrt bleibt". Schließlich habe "unser Spieler seit drei Jahren einen gültigen Pass und eine Spielerlaubnis." Es sei "nicht akzeptabel, dass diese Spielberechtigung aufgrund von Vermutungen angefochten" werde. "Da es bisher keinen Beweis für eine falsche Identität des Spielers gibt, behält die Spielberechtigung von Bakery Jatta, geboren am 6. Juni 1998, aktuell ihre Gültigkeit", twitterte die DFL. Boldt ist erschüttert, dass sich Jatta "teilweise einem gesellschaftlichen Spießrutenlauf ausgesetzt sieht". Denn: "Baka hat uns gegenüber die Korrektheit seiner Passangaben noch mal bestätigt."

Tatsächlich ist da die in Migrationsfragen übliche Hetze, aber auch enormer Beistand. Zahlreiche Unterstützer sind der Meinung, dass sich dieser hochtalentierte Zuwanderer seinen Platz so oder so verdient habe. Bakery Jatta hatte wie viele Migranten einen Traum, seiner war der deutsche Berufsfußball. Wie er ihn sich erfüllt hat, das müssen DFB und Hamburgs Bezirksamt beurteilen.

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