Die Zeit von Jonas Boldt als Sportvorstand des Fußball-Zweitligisten Hamburger SV ist abgelaufen. Am Dienstag gab der Verein bekannt, dass der Aufsichtsrat den bis 2025 laufenden Vertrag mit dem 42-Jährigen vorzeitig kündigt. Offensichtlich war dem seit 2019 amtierenden Boldt nicht mehr zugetraut worden, den Club endlich wieder in die Bundesliga zurückzuführen. Nachfolger wird. Stefan Kuntz.
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"Wir haben unseren sehr detaillierten Analyseprozess abgeschlossen und sind zur Entscheidung gekommen, dass wir nach dem sechsten verpassten Aufstieg in Folge einen neuen sportlichen Impuls brauchen und wollen", sagte Aufsichtsrats-Chef Michael Papenfuß. "Wir wissen um Jonas' Verdienste, entsprechend groß fällt der Dank für seine geleistete Arbeit auch außerhalb des Kernthemas Sport aus. Jonas hat hier vieles aufgebaut."
Boldts prominenter Nachfolger steht schon bereit: Der Ex-Nationalspieler und frühere U21-Nationaltrainer Stefan Kuntz übernimmt den Posten und wird noch in dieser Woche vorgestellt. Er soll die Mannschaft beim insgesamt siebten Versuch seit dem Abstieg 2018 endlich in die Beletage zurück hieven. "Stefan kommt aus dem Fußball, hat Managementerfahrung und wird hier aufgebaute Strukturen und Verantwortlichkeiten finden und soll diese fokussiert weiterentwickeln", sagte Papenfuß.
Aufstieg von Holstein Kiel:Willkommen, Schleswig-Holstein!
Früher waren im nördlichsten Bundesland alle HSV-Fans - jetzt stellt Schleswig-Holstein erstmals einen Fußball-Erstligisten. Der Aufstieg von Holstein Kiel mit Trainer Marcel Rapp ist das Ergebnis seriöser Arbeit, bei der Spieler wie Lewis Holtby endlich wieder aufblühen.
Kuntz hatte zuvor Gespräche mit dem HSV bei ran bestätigt. Der Europameister von 1996 war im vergangenen Dezember bereits ein Kandidat auf den Trainerposten des HSV gewesen. Eine der ersten Entscheidungen von Kuntz wird sein, ob es mit Steffen Baumgart als Trainer in die kommende Saison geht. Zudem muss er schnell zu klären, ob Leistungsträger wie Torjäger Robert Glatzel, der slowakische Mittelfeldspieler Laszlo Benes oder Ludovit Reis gehalten werden können. Aufgaben, die eigentlich Boldt hatte lösen wollen.
"Es war eine herausfordernde und schöne Zeit, in der wir viel bewegt, gekämpft und ich auch sehr viel gelernt habe", sagte er zu seinem Abschied. "Neben der nach wie vor großen Enttäuschung, dass uns der Aufstieg nicht gelungen ist, verbleibt ein positives Gesamtgefühl." Zuletzt hatte er sich noch selbstsicher gegeben, auch künftig das Sagen im Sport bei dem Traditionsverein zu haben. Dabei stand er seit einiger Zeit in der Kritik. In der gerade beendeten Spielzeit hatte der Verein als Tabellenvierter zum sechsten Mal den Aufstieg verpasst. Unter der Regie von Boldt fielen fünf vergebliche Versuche, seit er als Nachfolger von Ralf Becker am 24. Mai 2019 vorgestellt worden war. Mit Felix Magath und Jörg Schmadtke waren schon Gespräche geführt worden. HSV-Ikone Magath konnte die Aufsichtsräte nicht überzeugen, Schmadtke verzichtete.
Boldt war in den vergangenen Jahren die Konstante beim HSV
Boldt hatte in seiner Zeit in Dieter Hecking, Daniel Thioune, Interimscoach Horst Hrubesch, Tim Walter und Steffen Baumgart insgesamt fünf Trainer geholt, um die Mission Wiederaufstieg zu erfüllen. In der gerade abgeschlossenen Saison standen die Hanseaten an 25 von 34 Spieltagen zumindest auf dem Relegationsplatz oder besser da. Am Ende gab es mit 58 Punkten zum vierten Mal in sechs Zweitliga-Jahren nur den vierten Platz.
Zu Beginn seiner Amtszeit führte Boldt gemeinsam mit Finanzvorstand Frank Wettstein und dem Vorstandsvorsitzenden Bernd Hoffmann die Fußball AG. Nach der Freistellung von Hoffmann im März 2020 übernahmen Boldt und Wettstein die Führung. Wettstein verließ den HSV im Januar 2022. Es folgten bis zum 28. September 2022 der umstrittene Thomas Wüstefeld und seit dem 1. Januar 2023 Eric Huwer. Kompetenzstreitigkeiten, die bis vor das Arbeitsgericht führten, gab es auch mit dem früheren Sportdirektor Michael Mutzel. Der HSV und Mutzel einigten sich im September 2022 dann außergerichtlich.
Mit der Trennung von Tim Walter versuchte Boldt, die Saison noch zu retten
Finanziell und beim Fan-Zuspruch ging es beim HSV in den vergangenen Jahren bergauf. Das Geschäftsjahr 2022/23 wurde mit einem Gewinn von 7,8 Millionen Euro abgeschlossen, das Volksparkstadion war in der Spielzeit 2023/24 neunmal ausverkauft. Im Schnitt pilgerten 55 906 Fans zu den Partien - ein Allzeit-Rekord für den Club.
Doch auf dem Rasen lieferte das von Boldt geholte Kicker-Personal oft genug nicht ab. In dieser Saison musste der HSV mitansehen, wie die Nordrivalen FC St. Pauli und Holstein Kiel mit kleineren Stadien und kleineren Etats an ihm vorbeizogen und in die Bundesliga aufstiegen. Kritisierte wurde Boldt auch, weil er zu lange an Tim Walter festgehalten hatte. In der Winterpause hatte er dem Trainer das Vertrauen ausgesprochen. Im Februar gab es die Trennung und die Verpflichtung von Steffen Baumgart. Es war der letzte Versuch, die Saison noch zu retten. Vergeblich.