HSV:Wieder nichts

VfL Osnabrück - Hamburger SV

Hamburgs Simon Terodde zeigt sich enttäuscht bei Spielende.

(Foto: dpa)

Am 33. Spieltag verspielt der Hamburger SV erneut den Aufstieg in die Bundesliga und geht in sein viertes Zweitligajahr. Kiel und Bochum zeigen Nerven, Fürth ist der klare Gewinner vor dem Aufstiegsfinale.

Von Thomas Hürner, Hamburg

Im Fußball geht es immer ums Gewinnen und gegen das Verlieren. Auf die Spitze getrieben wird diese natürliche Arithmetik nur noch durch den Saisonendspurt, wo aus Gewinnern auf einmal Verlierer werden können - und sich die Verlierer dann unverhofft als die großen Gewinner fühlen.

Das war auch die Ausgangslage vor dem 33. Spieltag in der zweiten Liga. Bochum, Kiel, Fürth und der Hamburger SV: Diese vier Mannschaften nahmen teil am erbarmungslosen Verdrängungswettbewerb namens Aufstiegskampf, der am Ende nur zwei Teilnehmer glücklich macht, einen Klub in die noch erbarmungslosere Relegation entsendet - und den vierten im Bunde schließlich im Tal der Tränen zurücklässt.

Beim einst glorreichen Hamburger SV kennt man sich mittlerweile gut aus mit schmerzhaften Nackenschlägen, in den vergangenen beiden Spielzeiten kam der Traditionsklub jeweils als der bestplatzierte Verlierer ins Ziel. In dieser Spielzeit war erneut alles auf Rang vier und damit auf die nächste Enttäuschung hinausgelaufen, doch kürzlich übernahm in Horst Hrubesch interimsweise ein erfahrener Gewinner den Trainerjob, der neben der Mannschaft auch die gesamte Hansestadt vitalisiert zu haben schien.

Unablässig für den Traum von der Relegation war für den HSV am Samstag ein Sieg in Osnabrück - und danach ein Blick nach Paderborn, wo die SpVgg Greuther Fürth ihren dritten Platz zu verteidigen gedachte. Die Franken hofften parallel auf einen Ausrutscher von Holstein Kiel in Karlsruhe, weil dadurch der direkte Aufstieg wieder in Reichweite gewesen wäre. Und die Kieler schielten wiederum zurück ins Frankenland, wo der 1. FC Nürnberg mit einem Punktgewinn gegen den Gesamtführenden, den VfL Bochum, sogar den Platz an der Tabellenspitze hätte frei räumen können.

VfL Osnabrück - Hamburger SV

Hrubesch verzweifelt auf der Bank.

(Foto: Friso Gentsch/dpa)

Das war also die Ausgangslage vor diesem 33. Spieltag, dem das Potenzial innewohnte, einige Vorentscheidungen und genauso viele vollendete Tatsachen herzustellen. Am Ende wurde es eine Mischung aus den möglichen Showdown-Varianten, die einen klaren Sieger des Tages hervorbrachte: Fürth gewann seine Partie in Paderborn 4:2 und profitierte davon, dass kein Konkurrent gewann. Kiel verlor mit 2:3, die Bochumer kamen über ein 1:1-Unentschieden nicht hinaus.

Und der HSV? Sogar Altmeister Hrubesch konnte nicht verhindern, was sich schon in den vergangenen beiden Zweitliga-Saisons so ähnlich vollzogen hatte: 2:3 verloren in Osnabrück, aus der Traum. Das einstige Bundesliga-Urgestein wird ein viertes Jahr in der Zweitklassigkeit verharren müssen. "Glückwunsch nach Osnabrück. Sie haben uns gezeigt, wie man so ein Spiel angehen muss", sagte Hrubesch später. "Natürlich tut es weh. Aber eins müssen wir ganz klar sagen: Wir hatten es auch nicht verdient", meinte der Coach, der nach der Saison wieder aufhören wird.

Kiel war zwischenzeitlich aufgestiegen

Reichlich Spannung war vorprogrammiert an diesem Nachmittag, und die Programmdirektoren in Paderborn hatten es offenbar selbst kaum erwarten können: Rund 20 Sekunden vor der offiziellen Anstoßzeit um 15.30 Uhr wurde das erste Spiel im Aufstiegsrennen freigegeben, und die Fürther brauchten dann auch nicht sonderlich lange, um als erste Mannschaft ins Hintertreffen zu geraten. Nach zwei Minuten hatte der Paderborner Dennis Srbeny eine Hereingabe noch knapp verpasst. Und nach einer weiteren Hereingabe war es schließlich der Fürther Verteidiger Paul Jaeckel, der mit einem Eigentor die Führung für die Heimelf herstellte und die Tür für den HSV ein Stück weit öffnete (22.). Doch nach einem Fürther Konter wurde die Tür zumindest wieder halb zu getreten: Angreifer Havard Nielsen traf zum 1:1 (28.).

Auf den anderen Plätzen passierte in der ersten halben Stunde wenig von Belang, doch dann ging es Schlag auf Schlag: Den Anfang machten die Osnabrücker durch den Führungstreffer von Christian Santos (34.), der den HSV bereits ordentlich ins Wanken brachte, vom Jungstürmer Robin Meißner aber postwendend mit dem Treffer zum 1:1-Ausgleich beantwortet wurde (37.). Kurz darauf trafen Nürnbergs Georg Margreitter (38.) gegen Bochum und Kiels Janni Serra (41.), was zum Pausenpfiff einen neuen Spitzenreiter in der Live-Tabelle gebar: Kiel schob sich durch die Ereignisse vorläufig an die Spitze des Klassements, während es bei den Frühstartern in Paderborn noch in eine Nachspielzeit ging, in der die Heimelf durch Chris Führich das 2:2 erzielen konnte (45+3). Fürth hielt den HSV so zwar weiter mit drei Punkten auf Distanz, aber der direkte Aufstieg wäre in dieser Gemengelage nicht mehr möglich gewesen.

Fürth darf nochmal auf den direkten Aufstieg hoffen

Aber was sollte das schon heißen? Die Franken zählen zu den Comeback-Königen der zweiten Liga, sie agieren in der Regel nach dem Motto: Rückschläge sind da, um danach wieder aufzustehen - und nur eine Minute nach dem Wiederanpfiff standen die Fürther wieder kerzengerade und selbstbewusst imPaderborner Stadion: Angreifer Paul Seguin verpasste diesem inzwischen irren Fußballspiel die nächste Wendung und traf von der Sechzehnerlinie zur 3:2-Führung für die Gästemannschaft (47.).

So ein in eine Sonntagskonferenz gepackter Aufstiegskampf dient nicht nur dem Wettbewerb auf dem Rasen, er ist auch ein dramaturgischer Trumpf für alle Fernsehgeldvermarkter: Was sich zur Halbzeitpause noch abgezeichnet hatte, wird wenige Minuten später zur Makulatur, wenn sich in mehreren Stadien die Ereignisse überschlagen. Der HSV scheiterte mal wieder an sich selbst und gab einen zwischenzeitlichen Ausgleichstreffer wieder aus den Händen; die Kieler kassierten in der zweiten Hälfte noch drei Gegentore, womit sich erstmals richtig bemerkbar machte, dass die Mannschaft eine Corona-bedingte Doppelquarantäne hinter sich hat. Und die Bochumer kamen zwar noch zum 1:1-Ausgleich und bleiben Tabellenführer, aber das war den Fürthern gewiss piepegal: Sie wurden zum lachenden Dritten des Spieltags und dürfen wieder vom direkten Aufstieg träumen.

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