Horst Eckel wird 80:"Der Windhund des Weltmeisters"

Er ist einer von drei noch lebenden Spielern des WM-Finales von 1954 und neben Fritz Walter der Einzige, der beim sensationellen Titelgewinn alle Spiele absolvierte. An diesem Mittwoch wird Horst Eckel 80 Jahre alt - und blickt auf eine erfüllte Laufbahn zurück. Einige Mitspieler hatten weniger Glück, verfielen dem Alkohol oder übersahen das Kleingedruckte in einem Pachtvertrag.

Kurzporträts der Helden von Bern.

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Horst Eckel wird 80

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Er ist einer von drei noch lebenden Spielern des WM-Finales von 1954 und neben Fritz Walter der Einzige, der beim sensationellen Titelgewinn alle Spiele absolvierte. An diesem Mittwoch wird Horst Eckel 80 Jahre alt. Einige Mitspieler hatten weniger Glück, verfielen dem Alkohol oder übersahen das Kleingedruckte in einem Pachtvertrag. Kurzporträts der Helden von Bern.

"Windhund" nannten sie ihn 1954, denn dünn und laufstark war er, der junge Horst Eckel. Auch lange nach seiner Karriere blieb er schlank und fit. Mit mehr als 70 Jahren konnte der Mittelfeldspieler auf dem Platz noch gestenreich Anweisungen geben. Darüber hinaus hat er sich mehr und mehr zum Gegenwartsgesicht des Berner Wunders entwickelt. "Ich kann hinkommen, wo ich will - in ganz Deutschland oder sogar im Ausland - ich werde immer wieder darauf angesprochen. Und da bin ich auch ein bisschen stolz drauf", sagte Eckel jüngst dem sid. An diesem Mittwoch wird der jüngste Weltmeister von 1954 80 Jahre alt.

Horst Eckel wird 80

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Den Tag wird Eckel mit Ehefrau Hannelore (r.) und seinen beiden Töchtern feiern (im Bild Tochter Dagmar, li., 2007). Zudem werden nach Aussage des Jubilars "viele Leute" zu den Eckels nach Bruchmühlbach-Miesau kommen. Es gibt es eine Feier im Fritz-Walter-Stadion, zu dem 220 Gäste geladen sind. Dort ehrt der DFB, darunter Präsident Theo Zwanziger und sein designierter Nachfolger Wolfgang Niersbach, Eckel mit der Ehrenmedaille der Sepp-Herberger-Stiftung. Ein Feiertag war auch die Rückkehr 1954 in seinen pfälzischen Heimatort Vogelbach, wo der Weltmeister-Bub Eckel mit einem großen Fest empfangen wurde. Aus gegebenem Anlass stiftete ein Pfälzer Zigarettenfabrikant 20.000 Liter Freibier. Nach seiner Karriere arbeitete Eckel als Lehrer für Werken und Sport an einer Realschule. Neben Fußball wurde Tennis zu seiner bevorzugten Sportart.

Ottmar Walter: Der kleine Bruder des Großen Fritz wird 85

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2004, beim 80. Geburtstag von Ottmar Walter, scherzten Eckel und der kleine Bruder von Fritz Walter noch. Inzwischen gehe es dem noch lebenden Walter-Bruder nicht ganz so gut, sagt Eckel. "Da fahre ich alle vier, fünf Wochen mal hin. Man kann leider nicht mehr so mit ihm sprechen, wie ich es gewohnt bin. Wir haben uns immer sehr gut verstanden. Aber wenn ich jetzt sehe, dass er mich manchmal gar nicht erkennt, dann tut mir das schon sehr weh." Doch auch er selbst merkt sich nur die wichtigen Dinge: "Wenn meine Frau sagt, ich soll in den Keller gehen, um etwas zu holen, dann habe ich das im Keller oft schon wieder vergessen. Aber wenn ich über die WM rede oder über meine Fußballzeit sprechen muss oder soll, da weiß ich alles noch."

Horst Eckel wird 80

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Horst Eckel (3. v. .l.) bestritt als einziger Spieler neben Fritz Walter alle sechs Spiele der Schweizer WM. Und das, obwohl er mit 22 Jahren bei weitem der Jüngste war. Bundestrainer Sepp Herberger hatte Eckel 1952 in Kaiserlautern entdeckt und vom Stürmer zum Mittelfeldspieler umgeschult.

60 Jahre Bundesrepublik - Das 'Wunder von Bern'

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Auf der rechten Seite trug er maßgeblich zum Erfolg bei und sorgte im Endspiel für Ideen in der Offensive. Vor 56.000 Zuschauern im Berner Wankdorf-Stadion sicherte sich das DFB-Team um Kapitän Fritz Walter und Eckel (r.) erstmals den Weltmeistertitel. Für Das Wunder von Bern, den erfolgreichen Kinofilm Sönke Wortmanns, fungierte Eckel 2003 folgerichtig als Berater. Eckel ist einer von drei noch lebenden Finalspielern und inzwischen der einzige WM-Held, der sich auch öffentlich regelmäßig erinnert.

Hier sehen Sie noch einmal alle Protagonisten des Triumphs, von Fritz Walter bis Richard Herrmann:

60 Jahre Bundesrepublik - Das 'Wunder von Bern'

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Bei der Wahl zum Weltfußballer des Jahrhunderts kam Fritz Walter auf Rang 14. Allein das sagt aus, wie wichtig der Kapitän 1954 für die deutsche Mannschaft war. Wie Morlock blieb auch Fritz Walter, geboren 1920, seinem Heimatklub immer treu. Bereits mit 17 debütierte er beim 1. FC Kaiserslautern - dank einer Sondergenehmigung. Mit 20 war er Nationalspieler und setzte diese Karriere bis 1959 auf dem Betzenberg fort. Heute trägt das dortige Stadion seinen Namen. Nach der Rückkehr aus der Schweiz sollte Walter in einem Kinofilm mitspielen, in dem ihn hübsche Mädchen nach Südamerika entführen. Der Verband stellte sich quer, die Stimmung wurde schlechter. Dennoch wurde er folgerichtig erster Ehrenspielführer der Deutschen Nationalmannschaft. Er gilt als einziger Weltmeister, der seinen Ruhm zu Geld machen konnte. Fritz Walter starb 2002.

Fritz Walter, Sepp Herberger und Helmut Rahn an Herbergers 75. Geburtstag, 1972

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Drei Protagonisten des Triumphs: Walter (v. l.), Sepp Herberger und Helmut Rahn beim 75. Geburtstag des WM-Trainers 1972. Ab 1936 - zunächst als "Reichstrainer des Fachamtes Fußball" - war er für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft verantwortlich gewesen. Nach dem Krieg baute er das neue DFB-Team auf und war bis 1964 Bundestrainer. Zu Herbergers 80. Geburtstag 1977 gab die Bundespost einen Sonderstempel heraus - eine Ehre, die sonst nur den Kanzlern Konrad Adenauer und Willy Brandt zuteilwurde. Vier Wochen nach seinem 80. Geburtstag starb Herberger.

FUßBALL-WM '58: TORJÄGER HELMUT RAHN

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Mit 24 Jahren war Helmut Rahn (l.) im Sommer 1954 einer der jüngsten, dennoch nannten sie ihn den "Boss". Seine Tore im Finale machten ihn schon zu Lebzeiten zur Legende. Unfehlbar war er freilich nicht. Drei Jahre nach dem WM-Erfolg musste er wegen Trunkenheit am Steuer zwei Wochen ins Gefängnis, die Freunde zogen sich zurück. Doch es folgte das Comeback: 1958 erzielte Rahn bei der WM in Schweden sechs Treffer. Nach Karriere-Ende 1964 führte er einen Neu- und Gebrauchtwagenhandel in Altenessen. In der Öffentlichkeit war er nur noch selten zu sehen. Auch als Berater für den Kinofilm "Das Wunder von Bern" war er nicht zu gewinnen. 2003 starb er dort, wo er auch geboren war: in Essen.

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Torwart Toni Turek war einer der Hauptdarsteller im Endspiel, noch heute zu hören in der berühmten Radio-Reportage von Herbert Zimmermann: "Turek, du bist ein Teufelskerl! Turek, du bist ein Fußballgott!" Turek stammte aus Duisburg und spielte nach dem Krieg für Eintracht Frankfurt, den SSV Ulm und Fortuna Düsseldorf. Drei Jahre nach dem WM-Titel beendete er seine Karriere bei Borussia Mönchengladbach. Später versuchte er sich als Trainer - mit mäßigem Erfolg. Im August 1973 konnte Turek eines Morgens plötzlich seine Beine nicht mehr bewegen, war von nun an von der Hüfte abwärts gelähmt. Lange Jahre mit Krankenausaufenthalten folgten. 1984 erlag Turek einem Schlaganfall. Bis heute ist er der einzige deutsche WM-Stammtorhüter, der nie ein WM-Spiel verlor (beim 3:8 gegen Ungarn stand er nicht im Tor).

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Als Mittelläufer war Werner Liebrich der zentrale Spieler der Abwehr. Seine Spezialität war das "sliding tackling", das "gleitende Grätschen", das er fast zur Perfektion entwickelte. Beim 3:8 im ersten Spiel gegen Ungarn verursachte er durch sein hartes Einsteigen eine Verletzung des ungarischen Spielmachers Puskas und wurde stark kritisiert. In den folgenden Spielen überzeugte er wieder, auch durch Pässe in den freien Raum. Er schaltete sich auch ins Angriffspiel ein und galt als Vorläufer des späteren Libero. Nach seiner Karriere blieb er beim FCK und trainierte sieben Jahre die Amateure. 1965 sprang er kurzfristig bei der Bundesliga-Mannschaft ein, rettete das Team vor dem Abstieg und wurde zum Ehrenmitglied ernannt. Später eröffnete er eine Toto-Lotto-Annahmestelle in Kaiserslautern. Mit 68 Jahren, 1995, starb Liebrich nach einer Herzoperation.

1954 World Cup Goal

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Max Morlock (r.) war ein unverzichtbarer Spieler und bestritt bis auf das 3:8 gegen Ungarn alle Spiele. Er war der Garant für ein starkes Mittelfeldspiel und steuerte als zweitbester Schütze des Turniers sechs Tore bei. Seinen wichtigsten Treffer erzielte er im Finale, als er den Ball nach zehn Minuten zum 1:2 über die Linie lenkte. In Nürnberg wurde Morlock zum Idol, er gehört bis heute zu den größten Spielern des 1. FCN. In mehr als 900 Spielen für den Club schoss er rund 700 Tore. Auch er war mit einem Lotto-Annahmegeschäft (in Nürnberg) zufrieden - und widerstand verlockenden Angeboten aus Spanien und Italien. 1994 verstarb er dort, wo er immer bleiben wollte, in Nürnberg.

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Karl Mai schaltete im Finale den ungarischen Torjäger Sándor Kocsis (r.) aus - das machte den linken Außenläufer zu einem entscheidenden Spieler des Endspiels. Er galt als fleißiger und akribischer Arbeiter. Nach der WM verschlechterte sich sein Verhältnis zu Bundestrainer Herberger jedoch. Mai war für seine Ehrlichkeit bekannt und hielt sich auch bei unangenehmen Themen nicht zurück. Nach seiner Karriere, die unter anderem über den FC Bayern und die Young Fellows Zürich führte, eröffnete er ein Schreibwarengeschäft in München und trainierte verschiedene Amateurvereine, ehe er in seine Heimat Fürth zurückkehrte und dort als Sportlehrer arbeitete und direkt neben dem Ronhof-Stadion wohnte. Zu Beginn der neunziger Jahre wurde dem Raucher der rechte Lungenflügel entfernt. 1993 erlag Karl "Charlie" Mai einer Leukämie-Erkrankung.

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Jupp Posipal, 1927 geboren, kam mit 16 nach Deutschland. Aufgewachsen im rumänischen Teil des Banats, spielte er im WM-Finale auf der rechten Abwehrseite gegen einen Bekannten aus Kindertagen. Mit Zoltán Czibor unterhielt er sich auf Ungarisch, beide waren in Lugoj auf dieselbe Schule gegangen. Mit 22 wechselte er zum Hamburger SV. Schon ein Jahr später stand sein Name im Notizbuch des Bundestrainers. 1953 war er der einzige Deutsche in der Weltauswahl. Bei der Weltmeisterschaft brachte er jedoch erst die gewohnte Leistung, als ihn Herberger vom Stopper zum Verteidiger umfunktionierte. Auf dieser Position trug Posipal im Halbfinale und im Endspiel entscheidend zum Erfolg der deutschen Mannschaft bei.

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Ottmar Walter (r.), jüngerer Bruder des Kapitäns, zeichnete sich vor allem dank seiner vier Tore während des Turniers aus. Auch er war schon als Teenager für den 1. FC Kaiserslautern aktiv. "Irgendwann will ich besser werden als Fritz", sagte er damals. Zumindest als Torjäger übertraf er später seinen Bruder, mit dem er nach seiner Rückkehr nach Kaiserslautern glänzend zusammenspielte. Ottmar Walter erzielte dort 336 Tore in 321 Spielen. Als er 1954 eine Tankstelle in seiner Heimatstadt übernahm, übersah er das Kleingedruckte im Vertrag. Nach 15 Jahren ging sein ganzer Besitz auf den Eigentümer des Grundstücks über. Ottmar Walter war am Boden zerstört, überlebte einen Suizidversuch jedoch. Heute ist er der noch älteste lebende Spieler des WM-Finales von 1954.

FUSSBALL: WM 1954 in der Schweiz

Quelle: Bongarts/Getty Images

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Verteidiger Werner Kohlmeyer (r.) war einer von fünf Spielern des 1. FC Kaiserslautern im Finale. Rettungstaten auf der Linie, wie im Viertelfinale gegen Jugoslawien, machten ihn berühmt. Kohlmeyer, 1924 geboren, war mit 16 zum FCK gekommen, wurde 1948 Deutscher Meister und blieb dem Klub bis 1957 treu. Nach der Karriere, in der er als besonders fairer Spieler gegolten hatte, verfiel er der Alkoholsucht und hatte in der Folge mit einigen persönlichen Problemen zu kämpfen. Er lebte mit seiner Mutter in einer Sozialwohnung. Im Alter von  49 Jahren starb er an Herzversagen.

Hans Schäfer im Trainingsanzug der deutschen Fußball-Nationalmannschaft

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Hans Schäfer ist der dritte noch lebende deutsche Endspielteilnehmer von 1954. Als im Februar 1948 aus dem Kölner Ballspiel-Club und der SpVgg Sülz 07 der 1. FC Köln entstand, war er schon dabei. 17 Jahre trug er das Trikot seines Vereins. Als er im Alter von 26 Jahren als Weltmeister zurück nach Köln kam, hatte ihm ein Fan einen neuen VW Käfer vor die Tür gestellt. Auch 1958 und 1962 war er WM-Teilnehmer, 16 Mal lief Schäfer als DFB-Kapitän auf. 1963 war er Deutschlands Fußballer des Jahres, später Inhaber einer Großtankstelle in Köln.

Unsere Weltmeister: Richard Herrmann

Quelle: ddp

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Richard Herrmann starb als Erster der Helden von Bern. Der Frankfurter steht für die Schattenseite des Triumphs. Nacheinander erkrankten die Nationalspieler Rahn, Fritz und Ottmar Walter, Eckel, Schäfer und Morlock wenige Monate nach der WM an Gelbsucht. Der vermutliche Grund: DFB-Mannschaftsarzt Franz Loogen hatte den Spielern Infusionen gelegt. Man sei "auf den Dreh gekommen, den Spielern Vitamin C zu geben", gab Loogen 49 Jahre später zu. Damals gab es noch keine Einwegspritzen und so erhielten viele Spieler des deutschen Kaders die gleiche unsterile Spritze. Helmut Rahn soll die Krankheit von einer Südamerika-Reise wenige Wochen vor der WM angeschleppt haben. Auch Herrmann infizierte sich vermutlich mit der Gelbsucht, in deren Folge er sich ein chronisches Leberleiden zuzog. 1962 starb der damals 39-Jährige an einer Leberzirrhose.

© Süddeutsche.de/fred
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