Süddeutsche Zeitung

Homosexueller Fußballer:"Ich wollte mir den Rummel nicht antun"

Robbie Rogers hat gewagt, was sich viele nicht trauen: Der Fußballer outete sich als homosexuell und beendete gleichzeitig seine Profikarriere. Im ersten Interview nach seinem Outing mit dem "Guardian" erklärt er seine Entscheidung für den Rücktritt - und was die Reaktionen in ihm ausgelöst haben.

Von außen betrachtet führte Robbie Rogers lange ein recht unauffälliges Leben - so unauffällig, wie man als Fußball-Profi eben leben kann. In der US-Auswahl absolvierte er 18 Länderspiele, zuletzt war er beim britischen Zweitligisten Leeds United unter Vertrag, Chicago Fire hatte sich dann die Rechte am Mittelfeldspieler gesichert. Doch Rogers entschied sich gegen eine weitere Karriere als Fußballer - im Februar bekannte sich der 25-Jährige mit einem Blogeintrag offen zu seiner Homosexualität und verkündete gleichzeitig sein Ende als Profifußballer.

"Wir sind großartige Schauspieler, weil wir Angst haben, dass irgendwer herausfindet, wer wir wirklich sind", sagt Rogers nun im ersten Interview nach seinem Outing dem englischen Guardian. Die Reaktionen auf sein Outing seien insgesamt sehr positiv gewesen. Noch vor einem Monat habe er nicht der Sprecher für alle schwulen Fußballer sein wollen, erzählt Rogers, "aber nach den tausenden E-Mails frage ich mich: Wie kann ich den anderen helfen?". Rogers Ziel heute: "Barrieren abbauen und Stereotype vernichten."

Sein Leben war bisher geprägt von einem Widerspruch, der der Fußballwelt inne ist. "Dass ich schwul bin, habe ich mit 14 oder 15 Jahren gemerkt. Dann habe ich mir gedacht: Ich will Fußball spielen - aber es gibt keine schwulen Fußballer. Was soll ich jetzt tun?", sagt Rogers.

Rogers ist in einer konservativen katholischen Familie in Los Angeles mit vier Geschwistern aufgewachsen. Seine Kindheit beschreibt er als sehr glücklich, die Highschool als brutal. Doch das Sportlerimage sei zur Tarning perfekt gewesen, er sei auch mit Mädchen ausgegangen. "Ich habe versucht, mich zu ändern", sagt Rogers.

Vor seinem Outing habe er die Reaktionen seiner Mannschaftskameraden gefürchtet: "Würden sie anders mit mir umgehen, im Bus oder in der Umkleide?" Umkleideräume und Fußballfelder sind Orte, an denen Schwulenwitze gerne erzählt werden. Für Rogers oft ein seltsames Gefühl - einerseits war da die Wut, andererseits lachte er auch mit. "Sie meinen oft nicht, was sie sagen, sie versuchen nur Lacher zu kassieren", so Rogers.

Dass er zeitgleich mit seinem Outing seinen Rücktritt verkündete, hatte auch Bedauern ausgelöst. Torwart Kasey Keller etwa twitterte: "Ich hoffe, dass er weiß, dass er nicht zurücktreten muss." Im Gespräch mit dem Guardian sagt Rogers, er habe sich den Rummel rund um die Spiele nicht antun wollen. Überlegungen, die durch seinen Kopf kreisten: "Kommen die Zuschauer nur, weil sie einen schwulen Fußballer sehen wollen? Wenn du gut spielst, wird geschrieben: "Der schwule Fußballer spielt gut." Und wenn du ein schlechtes Spiel hast, wird geschrieben: "Der schwule Kerl kriegt es nicht hin, weil er homosexuell ist." Damit wollte Rogers nicht konfrontiert werden.

Insgesamt präsentiert sich Rogers gelöst und glücklich - wirklich mit Fußball abgeschlossen hat er aber anscheinend noch nicht. "Fußball war mein Leben und vielleicht komme ich zurück... vielleicht auch nur als Fan", so Rogers, "aber es ist ein Geschäft mit vielen Problemen - angefangen von oberflächlichen Agenten bis hin zu einer schwulenfeindlichen Atmosphäre." Ob sich das irgendwann ändern wird? "Ich weiß, dass sich die Dinge ändern werden, es wird schwule Fußballer geben", sagt Rogers, "ich weiß nur noch nicht wann."

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